Endlich mal gute Nachrichten: Seit 1. Juli erhalten Rentner mehr Geld. Die gesetzliche Rente steigt im Westen um 4,25 Prozent und im Osten um 5,95 Prozent. Das ist die größte Rentenerhöhung seit 23 Jahren. Doch was sich nett und harmlos anhört, kann zu deutlich mehr Aufwand führen. Denn immer mehr Senioren rutschen dadurch in die Steuerpflicht. Folge: Eine Einkommensteuererklärung wird fällig. verbraucherblick zeigt, was auf Rentner zukommt und wie viel Staatsabgaben sie tatsächlich zahlen müssen.

Nach Schätzungen des Bundesfinanzministeriums müssen durch die Steuererhöhung rund 160.000 Rentner erstmals eine Steuererklärung abgeben. Grund: Übersteigen die Einkünfte aus der Rente im Jahr 2016 den Grundfreibetrag – also das steuerfrei zu stellende Existenzminimum – wird im kommenden Jahr eine Steuererklärung fällig. Für das Jahr 2016 beträgt der Grundfreibetrag 8.652 Euro im Jahr. Allerdings kann die Rente deutlich über diesem Betrag liegen, denn ein gewisser Anteil der Rente bleibt steuerfrei.
Seit 2005 gilt für gesetzliche Renten die sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Aber auch Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, landwirtschaftlichen Alterskassen sowie Renten aus privaten kapitalgedeckten Leibrentenversicherungen fallen darunter.

Rentenfreibeträge
Durch die neue Regelung werden die Altersbezüge Schritt für Schritt der Einkommensteuer unterworfen. Alle, die bis Ende 2005 in den Ruhestand gegangen sind, müssen 50 Prozent ihrer Rente versteuern. Wer später in Rente ging, muss mehr versteuern – und zwar zwei Prozentpunkte pro Jahrgang. Ab 2020 geht es in Ein-Prozent-Schritten weiter. Pech hat, wer erst ab 2040 in Rente geht. Denn dann muss die komplette Rente versteuert werden.

Prozentsätze zur Berechnung des Rentenfreibetrags
Jahr des RentenbeginnsBesteuerungsanteil in ProzentProzentsatz für Rentenfreibetrag
Bis 20055050
20065248
20075446
20085644
20095842
20106040
20116238
20126436
20136634
20146832
20157030
20167228
20177426
20187624
20197822
20208020
20218119
20228218
20238317
20248416
20258515
20268614
20278713
20288812
20298911
20309010
2031919
2032928
2033937
2034946
2035955
2036964
2037973
2038982
2039991
ab 20401000

Die wohl wichtigste Rolle dabei spielt der Rentenfreibetrag. Er ist der Teil der Rente, der nicht zu versteuern ist. Grundlage für die Berechnung ist die Jahresbruttorente – die Summe aller Renteneinkünfte aus privater, gesetzlicher und betrieblicher Rente. Bei diesem persönlichen Rentenfreibetrag handelt es sich um einen in Euro dauerhaft festgeschriebenen Betrag, der zeitlebens derselbe bleibt. Das gilt auch dann, wenn die Rente durch reguläre Rentenanpassungen weiter steigt.

Beispiel für Rentenfreibeitrag
Wolfgang ist seit 2004 in Rente. 2005 erhielt er eine Jahresbruttorente von 12.000 Euro. Davon muss er 50 Prozent versteuern – das sind 6.000 Euro. Sein steuerfreier Rentenanteil beträgt somit 6.000 Euro. Dies ist gleichzeitig sein persönlicher Steuerfreibetrag.
Im Jahr 2014 beträgt seine Jahresrente aufgrund der Rentenerhöhungen 13.541 Euro. Der Rentenfreibetrag bleibt trotzdem unverändert bei 6.000 Euro. Sein zu versteuerndes Renteneinkommen steigt von 6.000 Euro auf 7.541 Euro.
Da er außer seiner Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hat, muss er aufgrund des steuerlichen Grundfreibetrages (der 8.354 Euro im Jahr 2014 betrug) trotzdem keine Steuern auf seinen Renteneinkünfte zahlen.

Noch bleiben drei Viertel aller Rentnerhaushalte steuerfrei. Rentner, die ihr ganzes Arbeitsleben lang durchschnittliche Beiträge gezahlt und keine großartigen Nebeneinkünfte haben, werden erst in den kommenden Jahren erstmals Steuern zahlen müssen. Denn auch wenn die Rente zu Rentenbeginn noch steuerfrei war, kann sich dies im Laufe des weiteren Rentenbezuges ändern.

Bezüge für Beamte
Beamtenpensionen hingegen werden in voller Höhe als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit versteuert. Damit fällt weiterhin für Ruhestandsbeamte Lohnsteuer an. Dies gilt auch für bestimmte Betriebsrenten wie Werks- oder Betriebspensionen.
Abgemildert wird die volle Besteuerung durch den Versorgungsfreibetrag und einen Zuschlag. Der Versorgungsfreibetrag wird vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2040 stufenweise abgeschmolzen. Das heißt, dass er sich jedes Jahr für jeden neuen Pensionär verringert. Neupensionäre ab 2040 erhalten diesen nicht mehr. Wichtig: Wie auch beim Rentenfreibetrag bleibt der Versorgungsfreibetrag ab dem Pensionsbeginn ein Leben lang derselbe. Zusätzlich dazu gibt es noch einen Zuschlag. Da 2005 der steuermindernde Arbeitnehmer-Pauschalbetrag für Versorgungsbezüge verboten wurde, wurde der Zuschlag zum Ausgleich eingeführt. Auch dieser wird stufenweise bis zum Jahr 2040 abgeschmolzen.

Jahr des VersorgungsbeginnsVersorgungsfreibetragZuschlag zum Versorgungsfreibetrag jährlich
ProzentsatzHöchstbetrag jährlich
bis 20050.43000€900€
20060.3842880€864€
20070.3682760€828€
20080.3522640€792€
20090.3362520€756€
20100.322400€720€
20110.3042280€684€
20120.2882160€648€
20130.2722040€612€
20140.2561920€576€
20150.241800€540€
20160.2241680€504€
20170.2081560€468€
20180.1921440€432€
20190.1761320€396€
20200.161200€360€
20210.1521140€342€
20220.1441080€324€
20230.1361020€306€
20240.128960€288€
20250.12900€270€
20260.112840€252€
20270.104780€234€
20280.096720€216€
20290.088660€198€
20300.08600€180€
20310.072540€162€
20320.064480€144€
20330.056420€126€
20340.048360€108€
20350.04300€90€
20360.032240€72€
20370.024180€54€
20380.016120€36€
20390.00860€18€
204000€0€

Private Renten
Doch nicht für jede Rente gilt die nachgelagerte Besteuerung. Bei Renten aus privaten Rentenversicherungen und kapitalgedeckten Betriebsrenten gilt nach wie vor die Ertragsanteilsbesteuerung. Der steuerpflichtige Anteil der Rente ist dabei vom Ertragsanteil abhängig.

Die Höhe des Ertragsanteils richtet sich nach dem persönlichen Alter zum Auszahlungsbeginn der privaten Rente. Beginnt beispielsweise die Auszahlungsphase der privaten Rentenversicherung mit dem 60. Lebensjahr, beträgt der Ertragsanteil 22 Prozent. Somit müssen auf 22 Prozent der privaten Rente Steuern in Höhe des individuellen Steuersatzes gezahlt werden.

Beispiel für Privatrente
Renate hat an ihrem 65. Geburtstag im Jahr 2010 ihre freiberufliche Tätigkeit beendet. Seitdem erhält sie eine Rente aus ihrer privaten Rentenversicherung von monatlich 1.250 Euro. Der steuerpflichtige Ertragsanteil der Rente beträgt 18 Prozent. Damit sind nur 2.700 Euro ihrer Jahresrente von 15.000 Euro zu versteuern.

Bei Beginn der Rente
vollendetes Lebensjahr
des Rentenberechtigten
Ertragsanteil in %
55 bis 5626%
5725%
5824%
5923%
60 bis 6122%
6221%
6320%
6419%
65 bis 6618%
6717%
6816%
69 bis 7015%
7114%
72 bis 7313%
7412%
7511%
76 bis 7710%
78 bis 79 9%
80 8%
81 bis 82 7%
83 bis 84 6%
85 bis 87 5%
88 bis 91 4%
92 bis 93 3%
94 bis 96 2%
ab 97 1%

Entlastung vor und während der Rente
Die sogenannte nachgelagerte Besteuerung hat auch eine gute Seite: So wird man bereits während der Erwerbstätigkeit entlastet. Denn die monatlich gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung kann man als Sonderausgabe bei der Steuererklärung absetzen. Und auch während des Rentenbezugs ist das möglich. So können Rentner ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie andere Vorsorgebeiträge – zum Beispiel Haftpflicht- oder Unfallversicherung – steuerlich geltend machen.

Wer Ausgaben im Zusammenhang mit seiner Rente hatte, zum Beispiel für Literatur, Porto, Telefon oder Gewerkschaft, kann diese absetzen. Aber auch die Kosten für Renten- und Steuerberater oder eine Steuersoftware helfen beim Steuern sparen. Für Renteneinkünfte gibt es einen Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von 102 Euro jährlich. Übersteigen die tatsächlichen Werbungskosten den Pauschbetrag, mindern diese die steuerpflichtige Rente.

Gnadensplitting
Die meisten Ehepaare geben zu Lebzeiten eine gemeinsame Steuererklärung ab, sprich: Sie lassen sich zusammen veranlagen. Nur so können Sie vom günstigen Splittingtarif profitieren. Vor allem bei unterschiedlich hohen Gehältern spart das oftmals Steuern.
Doch was, wenn ein Ehepartner stirbt? Dafür hat der Fiskus eine Erleichterung parat: das Gnadensplitting. Dabei wird der verwitwete Ehepartner weiterhin mit dem niedrigeren Steuertarif besteuert. Dies gilt für die Steuererklärung des Todesjahres sowie für das folgende Jahr. Das Gnadensplitting muss allerdings beim Finanzamt beantragt werden. Dafür muss im Mantelbogen des Steuerformulars das Todesdatum des Partners eingegeben werden, und zwar unter „Allgemeine Angaben“ im Feld „verwitwet seit dem“.

Quelle: verbraucherblick Ausgabe 08/2016