Die oft jahrzehntealte Software vieler Banken kommt angesichts der fortschreitenden Digitalisierung an ihre Grenzen. Experten warnen, dass die Geldhäuser durch agilere Anbieter verdrängt werden, wenn sie es nicht schaffen, sich von der veralteten Informatik zu lösen. Viel Zeit bleibe nicht mehr, sagt ein Berater: “Die Banken haben noch drei bis fünf Jahre zum Handeln.”
Analysten zufolge ist die Informatik mit einem Anteil von 15 bis 25 Prozent der zweitgrößte Kostenblock der meisten Institute. Bei Großbanken geht das in die Milliarden. Bis zu 80 Prozent der Informatik-Kosten geben die Institute aber für den Unterhalt der bestehenden Technologie aus, schätzt Ben Robinson von der Bankensoftwarefirma Temenos. Damit bleibt oft zu wenig Geld für neue Angebote. Die IT-Budgets dürften in Zukunft deshalb eher noch aufgestockt werden. Temenos geht davon aus, dass viele Institute sich das Geld zurückholen, etwa indem sie noch mehr Filialen schließen und Mitarbeiter abbauen. Überall laufen Sparprogramme.

Viele Häuser sind für die Umwälzungen schlecht gerüstet. “Große Finanzinstitute sind wie Museen der Technologie”, sagte einst der frühere Barclays-Boss Antony Jenkins. Das Rückgrat der Informatik, das Kernbankensystem, das Konten verwaltet und Transaktionen abwickelt, stammt in vielen Fällen ursprünglich aus der Vor-Internet-Zeit, als Bankgeschäfte noch in Filialen gemacht wurden. Diese Software wurde im Laufe der Jahre nachgerüstet und mit immer mehr Anwendungen verkoppelt. Ältere Systeme haben inzwischen Hunderte von Verbindungen zwischen den einzelnen Komponenten. Ein solcher Aufbau der Informatik werde längerfristig nicht überleben, sind sich Experten sicher.

Denn die Systeme müssen immer mehr leisten. Einer Schätzung der Analysefirma IDC zufolge dürfte sich die Zahl der elektronischen Interaktionen zwischen einem Kunden und seiner Bank von 1,8 mal pro Monat im Jahr 2004 auf über 50 mal in 2020 vervielfachen. Mit Smartphones als ständige Begleiter handeln die Kunden inzwischen unterwegs an der Börse oder bezahlen in Geschäften. Gleichzeitig erwarten sie eine Echtzeitverarbeitung. Das können viele Systeme nicht leisten, weil wichtige Schritte in dem Prozess hinter der elektronischen Fassade immer noch von Hand gemacht werden.

Viele Bankmanager sind sich bewusst, dass sie kurzfristig massiv investieren müssen, um die Geschwindigkeit und die Leistungsfähigkeit der IT zu erhöhen. Am zügigsten haben Banken aus Skandinavien, den angelsächsischen Ländern, Südostasien und Australien reagiert. “Die deutschen Institute liegen eher im Mittelfeld oder noch weiter zurück”, erklärt Klaus-Georg Meyer vom Technologie-Berater Capgemini.

Schaffen die Banken keine grundlegende Modernisierung, könnten ihnen die Kunden davonlaufen, warnt McKinsey. Gefahr drohe laut den Unternehmensberatern weniger von Fintech-Firmen als von Internetgiganten wie Amazon, die immer neue Märkte aufrollen. In diese Kategorie gehören auch chinesische Konzerne, die bereits ins Finanzgeschäft vorgestoßen sind. “Technologie-Riesen wie Alibaba und Tencent könnten sich in gewisser Weise als Banken der Zukunft positionieren”, sagt UBS-Manager Dirk Klee. “Gemessen an der Reichweite ihrer Plattformen sind sie größer als alle Banken zusammen.”