Nach dem starken Rückgang der Notierungen haben sich die Aktienmärkte vergangene Woche stabilisiert. Damit liegt der DAX aktuell mit rund 12.400 Punkten noch rund vier Prozent unter seinem Anfang des Jahres erreichten Niveau. Analysten sehen in wachsenden Inflationsängsten und einem daraus abgeleiteten Zinsanstieg den wichtigsten Grund für den Rückgang der Börsenkurse. Wie so oft in der Vergangenheit zeigt sich hierbei, dass sich die europäischen Aktienmärkte von der Entwicklung an der Wall Street nicht abkoppeln können.

In den USA hat ein zuletzt stärker als erwartet ausgefallener Anstieg der Löhne die Kapitalmarktzinsen angeschoben. So ist die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen auf 2,8 Prozent gestiegen, was die Aktienmärkte in Amerika und in Europa belastet hat. Käme es wirklich zu beschleunigt steigenden Löhnen in den Vereinigten Staaten, würde das Aktien von zwei Seiten beeinträchtigen. Erstens über einen wahrscheinlich damit einhergehenden Preis- und Zinsanstieg, zweitens durch zunehmenden Druck auf die Gewinne von US-Unternehmen.

Überbewertung von US-Aktien teilweise abgebaut

Der kräftige Dämpfer an den Börsen hat aber sicherlich noch andere Ursachen. Insbesondere in den USA waren die Aktienkurse in den letzten Monaten überaus stark gestiegen, weshalb ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) erreicht wurde, das beim S&P 500 im Januar auf Basis erwarteter Zwölf-Monats-Gewinne auf 18,5 in die Höhe geschnellt war. Demgegenüber liegt der langjährige Durchschnitt lediglich bei 14,5. Klar ist, dass ein solch hohes KGV viele Anleger zu Gewinnmitnahmen geradezu einlädt – vor allem, wenn sie einen Anlass sehen, dass die Hausse bald vorbei sein könnte. Dank der nun erfolgten Kursrückgänge sind die hohen Bewertungen spürbar gesunken, am amerikanischen Aktienmarkt jedoch immer noch relativ hoch.

Viele Investoren sind sich darüber hinaus bewusst, dass der Konjunkturzyklus weit fortgeschritten ist. Die meisten Frühindikatoren dürften von ihren bereits sehr hohen Niveaus aus kaum noch steigen, sondern auf mittlere Sicht eher korrigieren. Das spricht dafür, dass der Rückenwind für Aktien schwächer und die Schwankungsbreite der Notierungen größer wird.

US-Einzelhandel leidet unter Winterwetter

Bei den harten Konjunkturdaten enttäuschte im Januar der wichtige US-Einzelhandel mit einem Minus von 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat. Ein Hauptfaktor hierfür waren die rückläufigen Automobilverkäufe, die um 1,3 Prozent zum Vormonat zurückgingen. Ohne diese Komponente hätten die Einzelhandelsumsätze zumindest stagniert. Auch in anderen Einzelhandelssparten wurden teils deutliche Umsatzrückgänge verbucht, obwohl die Verbraucherpreise im Januar deutlich zugelegt und die nominalen Umsätze gestützt haben.

Enttäuschend fielen die Umsatzrückgänge bei Baumärkten (-2,4 Prozent), im Gesundheitssektor (-1,2 Prozent) sowie bei Sport- und Hobby-Artikeln (-0,8 Prozent) aus. Diese Rückgänge wurden allerdings von einem Umsatzplus u.a. bei Tankstellen (+1,6 Prozent), die von höheren Spritpreisen profitierten, sowie bei Gemischtwarenländen (Superstores, +1,6 Prozent) kompensiert.

Grund für diese Entwicklung sowohl bei den Umsatzrückgängen als auch bei den Sparten mit den Umsatzsteigerungen war wohl die Witterung. Im Dezember und Januar litt die gesamte amerikanische Ostküste unter extremer Kälte und Schnee. Zweistellige Minustemperaturen in New York verdarben den Konsumenten die Shopping-Laune, hohe Schneeberge in vielen größeren Städten der Ostküste hielten die Bürger von größeren Anschaffungen gerade im Bereich des Heimwerkens ab. Stattdessen haben sich wohl viele Amerikaner mit größeren Einkäufen im Supermarkt eingedeckt, um möglichst im Haus bleiben zu können.

Die Januar-Einzelhandelszahlen zeigen das mittlerweile typische Bild des Jahreswechsels in den USA. Bereits in den letzten Jahren hatten größere Schneestürme die Ostküste des Landes in den Wintermonaten im Griff. Dabei bremsten sie den Einzelhandel und den Privaten Konsum. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die US-Wirtschaft infolge schwächerer
Konsumzahlen nur verhalten ins Jahr 2018 startet. Im Frühjahr dürften die ausgefallenen Einkäufe aber großenteils nachgeholt werden, sodass dann wieder stärkere Quartalszahlen wahrscheinlich sind.

Inflations- und Zinsängste weiter im Fokus

Auf kurze Sicht dürften die Börsianer primär auf die Entwicklung der Renditen bei Staatsanleihen und die Inflationsängste (vor allem in den USA) achten. Hierbei scheint allmählich ein gewisser Gewöhnungseffekt an das höhere Zinsniveau eingetreten zu sein. Solange die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen nicht deutlich über die Drei-Prozent-Marke steigt, sollten Aktien ihren vorsichtigen Erholungskurs fortsetzen können.

Allerdings bleibt der Zinsanstieg eine Belastung. Unsicherheit über das Ausmaß der Leitzinsanhebungen der US-Notenbank Fed kann immer wieder zu erhöhter Volatilität an den Aktienmärkten führen. Vergangene Woche haben sich Fed-Repräsentanten weiter bemüht, die aktuellen Kursschwankungen als eine normale Entwicklung darzustellen. Die Volatilität würde das Konjunkturbild der Fed bisher nicht ändern und damit auch nicht von weiteren Zinsanhebungen abhalten. Dies war nicht nur der Tenor bei der Einführungszeremonie für den neuen Fed-Chef Jerome Powell, sondern auch bei einer Rede von Cleveland Fed-Präsidentin Loretta Mester.

Powell betonte, dass man die Kursentwicklungen an den Finanzmärkten genauestens beobachten werde. Mester wiederum wies darauf hin, dass das Aufwärtsrisiko für die Prognosen der Fed mit der Verabschiedung der Steuerreform deutlich gestiegen sei. Man müsse aber abwarten, wie Unternehmen und Private Haushalte hierauf reagieren. Ein gradueller Zinspfad ähnlich dem von 2017 wäre dabei weiterhin angebracht. Viele „Fed-Watcher“ erwarten eher eine schnellere Gangart. Mit Blick auf die starken Inflationsdaten vom Januar sind am Markt mittlerweile leicht mehr als drei Zinsschritte eingepreist. Viele Aktienmarkt-Strategen gehen davon aus, dass die Aktienmärkte vier Leitzinsanhebungen der Fed im laufenden Jahr gut verkraften können. Denn erfahrungsgemäß geraten Haussen am Aktienmarkt erst im fortgeschrittenen Stadium einer geldpolitischen Straffung in Gefahr – nämlich denn, wenn sich spürbare konjunkturelle Bremsspuren abzeichnen bzw. die Zinsen schon ein hohes Niveau erreicht haben.

EZB diskutiert Bitcoin & Co.

Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde vergangene Woche die Diskussion um die Besetzung des Postens des Vize-Präsidenten fortgesetzt. Hierzu mussten sich die beiden Kandidaten (der Ire Philip Lane und der Spanier Luis de Guindos) einer informellen Anhörung vor EU-Parlamentariern stellen. Wer dabei die bessere Figur machte, ist unklar. Beide Kandidaten stehen hinter der momentanen Politik der EZB. Erwartet wird, dass der ECOFIN seine Empfehlung am 20. Februar dem Europäischen Rat übergibt, der beim EU-Gipfel im März eine Entscheidung fällen wird.

Über die Personaldebatte hinaus sagte EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny zum Zinsausblick, dass noch einige Zeit bis zur ersten Leitzinserhöhung vergehen werde. Zugleich merkte Nowotny an, dass er gegen eine Verlängerung des Wertpapier-Kaufprogramms in seiner jetzigen Form sei.

Außerdem wurden von EZB-Vertretern Kryptowährungen stärker diskutiert. So äußerte sich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann kritisch dazu, dass Zentralbanken digitale Währungen ausgeben sollten. Als größtes Risiko nannte er hierbei einen potentiellen Bank Run, wenn Bankeinlagen weniger attraktiv erscheinen als das digitale Zentralbankgeld. Bitcoin im speziellen stelle dagegen derzeit keine Gefährdung der Finanzmarktstabilität da. Mögliche Wertverluste alleine rechtfertigen für sich genommen kein Verbot. EZB-Präsident Mario Draghi wies zudem darauf hin, dass die Regulierung von Bitcoin nicht Aufgabe der EZB sei.

Auf längere Sicht bleibt für die Richtung der Aktienmärkte der fundamentale Ausblick für Konjunktur und Unternehmensgewinne maßgeblich. Der ist aktuell weiter positiv. Denn die Konjunktur bleibt global robust und die Unternehmensgewinne aufwärts gerichtet. Letztere erhalten zudem positive Impulse durch die US-Steuerreform, was die Gewinnerwartungen für 2018 – insbesondere für US-Firmen – spürbar steigen ließ. Europäische Unternehmen (DAX, EURO STOXX 50) dürften 2018 einen Gewinnanstieg im oberen einstelligen Prozentbereich erzielen.

Was die neue Woche bringt

Standen vergangene Woche die europäischen BIP-Zahlen (Q4 2017) im Fokus, werden es in der neuen Woche Daten zum künftigen Konjunkturverlauf sein. In diesem Zusammenhang dürften die Frühindikatoren für Februar erste Hinweise liefern. In der Eurozone sollte der Markit Einkaufsmanagerindex (PMI) für das Verarbeitende Gewerbe nach dem Rückgang im Januar im Februar wieder etwas zugelegt haben, während es im Dienstleistungsbereich eine Abwärtskorrektur geben dürfte (Mi.). Zusammengenommen sollte dies den Composite-Indikator leicht drücken. Er würde aber auf seinem weiterhin hohen Niveau für eine unverändert dynamische Konjunkturentwicklung sprechen.

Haupttreiber dieser Entwicklung dürften die deutschen Einkaufsmanagerindizes sein. In Frankreich sollten dagegen die Indizes unverändert ausfallen. Neben den PMIs stehen in Deutschland auch die Frühindikatoren des ZEW (Di.) und des ifo Institutes (Do.) zur Veröffentlichung an. Für beide ist eine unverändert hohe Einschätzung der Komponente zur aktuellen Lage wahrscheinlich. Dennoch kann wohl das hohe Tempo in den kommenden Monaten nicht ganz gehalten werden. Daher sollten die Erwartungskomponenten leicht abnehmen, jedoch unverändert eine dynamische Konjunktur im Frühjahr signalisieren. Bei der zweiten Veröffentlichung der deutschen BIP-Zahlen für das vierte Quartal dürfte die vorab veröffentlichte Quartalswachstumsrate bestätigt werden (Fr.).

Die USA starten mit einem Feiertag (Washingtons Geburtstag) in die neue Woche und auch danach bleibt der Datenkalender relativ leer. Lediglich der Markit PMI für das verarbeitende Gewerbe im Februar kommt als relevanter Datenpunkt heraus (Mi.). Mit Blick auf die gute Entwicklung des Philadelphia-Fed-Index im Februar sollte dieser aber kaum verändert auf seinem hohen Niveau bleiben.

Darüber hinaus wird diese Woche das Protokoll zur Fed-Sitzung von Ende Januar veröffentlicht (Mi.). Hier dürfte der Fokus auf der Diskussion zum künftigen Zinspfad der Fed liegen. Dabei wird interessant sein, wie die FOMC-Mitglieder auf die kurz vor Weihnachten beschlossene Steuerreform reagiert haben und welche Zinsentwicklungen sie in Folge dessen nun erwarten. So war aus den letzten Projektionen von Dezember hervorgegangen, dass viele FOMC-Mitglieder bisher die Reform wenig bis gar nicht in ihren Prognosen berücksichtigt hatten.

Vor diesem Hintergrund fiebern Börsianer dem ersten großen Auftritt des neuen US-Notenbankchefs Jerome Powell am Freitag entgegen. Sie erhoffen sich von dem turnusgemäßen Auftritt vor dem US-Kongress nähere Hinweise auf die weitere Geldpolitik der Fed. Besonders interessiert die Frage, wie Powell eine mögliche Überhitzung der weltgrößten Volkswirtschaft verhindern will.
Deutsche Investoren werden in der neuen Woche zahlreiche Firmenbilanzen genau unter die Lupe nehmen. Allein etwa ein halbes Dutzend Dax-Konzerne legt Zahlen vor. Hierzu gehören die Deutsche Telekom, ProSiebenSat.1 und Henkel, die ihre Bücher allesamt am Donnerstag öffnen. Aus dem Ausland kommen Geschäftszahlen des US-Einzelhändlers Wal-Mart (Di.), der britischen Lloyds Bank (Mi.) und Berkshire Hathaway (Fr.), der Investment-Gesellschaft des Börsengurus Warren Buffett.

Spannend wird es auch beim Thema Cyber-Devisen. Am Dienstag beginnt der Vorverkauf für die erste staatliche Kryptowährung, den venezolanischen Petro. Sie soll mit Ölreserven des südamerikanischen Landes besichert werden und Venezuela aus seiner Wirtschaftskrise helfen. Staatspräsident Nicolas Maduro will den Petro zum Preis eines Fasses US-Rohöl – also etwa 60 Dollar – verkaufen. Regierungsberater plädieren jedoch für einen Abschlag von 60 Prozent.

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 19.2.2018
keine wichtigen Daten
Dienstag, 20.2.2018
Erzeugerpreise Deutschland (% zum Vorjahr)Januar1.22.3
ZEW Konjunkturerwart. Deutschl. (Punkte)Februar16.420.4
ZEW Aktuelle Lage Deutschl. (Punkte)Februar9595.2
ZEW Konjunkturerwart. Euroland (Punkte)Februar29.431.8
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)Februar1.11.3
Mittwoch, 21.2.2018
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte)Februar61.461.1
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte)Februar56.857.3
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte)Februar59.859.6
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte)Februar57.658
PMI Composite Euroland (Punkte)Februar58.658.8
PMI Verarb. Gewerbe USA (Punkte)Februar55.355.5
PMI Dienstleistungen USA (Punkte)Februar53.253.3
Donnerstag, 22.2.2018
Ifo Geschäftsklima Deutschland (Punkte)Februar117.4117.6
Ifo Aktuelle Geschäftslage Deutschl. (Punkte)Februar127.7127.7
Ifo Geschäftserwartungen Deutschl. (Punkte)Februar107.8108.4
Freitag, 23.2.2018
Verbraucherpreise Japan (% zum Vorjahr)Januar1.31
BIP Deutschland (% zum Vorquartal)Q40.60.6
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr)Januar1.31.4
Verbraucherpr. Kernrate Euroland (% zum Vorjahr)Januar11