Wie der Bundesverband Lohnsteuervereine e.V. (BVL) berichtet, hat der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil den Weg für einen höheren Abzug von Krankheitskosten und andere außergewöhnliche Belastungen freigemacht. Nach der am 29. März 2017 veröffentlichten Entscheidung ist die bisherige Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung fehlerhaft und deshalb für viele Steuerpflichtige zu hoch.

Bei Krankheitskosten und anderen außergewöhnlichen Belastungen gilt: Sie sind steuermindernd abziehbar, soweit sie eine individuelle zumutbare Eigenbelastung übersteigen. Diese Eigenbelastung berechnet sich aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte unter Berücksichtigung des Familienstandes (Grund- oder Splittingtarif) und der Anzahl der Kinder, für die Kindergeld oder Kinderfreibeträge gewährt werden. Der zumutbare Eigenanteil beträgt hiernach zwischen 1 und 7 Prozent der Einkünfte.
Alle Verfahren, welche die Verfassungsmäßigkeit dieser zumutbaren Eigenbelastung in Frage stellten, sind bisher gescheitert (BStBl II 2016, 151). Nunmehr hat der Bundesfinanzhof jedoch die Art der Berechnung neu festgelegt.

So beträgt die zumutbare Eigenbelastung für unverheiratete Steuerpflichtige mit Einkünften bis 15.340 Euro 5 Prozent dieser Einkünfte. Bei Einkünften in Höhe dieses Grenzwertes beträgt die zumutbare Eigenbelastung folglich 767 Euro.

Ab 15.341 Euro Einkünfte erhöht sich die zumutbare Eigenbelastung auf 6 Prozent der Einkünfte. Bisher errechnete die Finanzverwaltung bei Einkünften von 15.341 Euro eine zumutbare Eigenbelastung von 920 Euro. Wegen einem Euro höherer Einkünfte sind folglich 153 Euro weniger als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Dieser Berechnungsmethode hat der Bundesfinanzhof nunmehr eine Absage erteilt. Nach der Entscheidung VI R 75/14 ist der höhere Prozentsatz nur auf den übersteigenden Betrag anzuwenden, im Beispielfall also auf den einen Euro, der über der Grenze von 15.340 Euro liegt. Folglich verbleibt die zumutbare Eigenbelastung im Beispielfall insgesamt bei rund 5 Prozent. Das Einkommen vermindert sich im Vergleich zur bisherigen Praxis um 153 Euro.

Der Bundesverband Lohnsteuervereine e.V. (BVL) begrüßt diese Entscheidung, die zu mehr Steuergerechtigkeit führt. Von der Rechtsprechung können diejenigen profitieren, deren Einkünfte mehr als 15.341 Euro betragen und die in ihren Steuererklärungen außergewöhnliche Belastungen geltend machen.
Die Finanzämter müssen das Urteil anwenden, sobald es im Bundessteuerblatt amtlich veröffentlicht ist. Bis zu diesem Zeitpunkt empfiehlt der BVL betroffenen Steuerpflichtigen, Einspruch gegen den Steuerbescheid unter Hinweis auf die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs einzulegen. Grundsätzlich gilt das Urteil auch für zurückliegende Jahre, wenn die Einkommensteuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind.