Gesetze haben mitunter sehr sperrige Namen. Das gilt auch für das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, das im April dieses Jahres in Kraft trat. Was verbirgt sich konkret hinter diesem neuen Gesetz, mit dem eine EU-Richtlinie über alternative Lösungen zur Streitschlichtung umgesetzt wurde?

Vereinfacht gesagt soll es dazu beitragen, dass Verbraucher Streitigkeiten mit Unternehmen künftig einfacher beilegen können. Ziel des Gesetzes ist es also, die Schlichtung als Alternative zu Gerichtsverfahren zu stärken. Verbraucher, die beispielsweise eine mangelhafte Warenlieferung erhalten oder Streit mit ihrem Telekommunikationsanbieter haben, können sich künftig einfacher über eine Schlichtung mit dem Anbieter einigen. Bislang ist dies nur mit bestimmten Branchen möglich, die rund 30 staatliche anerkannte Schlichtungsstellen unterhalten und im Jahr 2013 rund 60.000 Fälle bearbeitet haben.

Dazu gehören bislang unter anderem die Bereiche Banken, Versicherungen, Energie und der öffentliche Personennahverkehr. Künftig soll es hingegen mehr und branchenübergreifende Schlichtungsstellen geben, bislang existiert jedoch nur die Allgemeine Schlichtungsstelle „Zentrum für Schlichtung e.V.“ in Kehl. Sie listet auch die branchenspezifischen Schlichtungsstellen auf. An diese können sich Verbraucher gezielt wenden, wenn sie an einer Dienstleistung oder einem Produkt Qualitätsmängel feststellen. Einen Zwang zur Streitbeilegung über die Schlichtung gibt es allerdings nicht. Wer den Klageweg gehen will, kann dies auch weiterhin tun. Für die Verbraucher ist das Angebot der Schlichtungsstellen in der Regel kostenfrei, Unternehmen müssen je nach Streitwert eine Gebühr entrichten.

Klage ist dennoch möglich
Wichtig für Verbraucher: Wer sich an eine Schlichtungsstelle wendet, unterbricht damit die üblichen Verjährungsfristen. Damit steht der Weg zum Anwalt beziehungsweise Gericht immer noch offen, falls der Verbraucher mit der Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht einverstanden ist, erläutert die Verbraucherzentrale Hessen. Umgekehrt sei der Weg zur Schlichtungsstelle jedoch versperrt, wenn der Verbraucher bereits den Klageweg beschritten hat. Das beteiligte Unternehmen ist übrigens nur an den Schlichtungsvorschlag gebunden, wenn es sich diesem vorab unterworfen hat.

Daher müssen sie in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und/oder auf ihrer Website deutlich erwähnen, ob sie sich an Streitschlichtungsverfahren beteiligen oder nicht – und falls ja, welche Schlichtungsstelle zuständig ist. Diese muss mit Anschrift und Webseite genannt werden. Diese Vorschrift muss allerdings erst zum 1. April 2017 umgesetzt werden – und das auch nur, wenn das Unternehmen mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt. Auch wenn das Unternehmen nicht am Schlichtungsverfahren teilnimmt, kann der Gang zur Schlichtungsstelle laut Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) sinnvoll sein, um auszuloten, ob ein Rechtsstreit lohnen könnte oder nicht.

Weniger Grundsatzurteile zugunsten der Verbraucher?
Die hessischen Verbraucherschützer äußern jedoch Skepsis gegenüber dem neuen Gesetz. So sei eine außergerichtliche Schlichtung für den einzelnen Verbraucher möglicherweise zwar vorteilhaft. Doch es könne ungünstig sein, dass Anbieter aufgrund dieser Möglichkeit Vertragskonditionen zu ihren Gunsten gestalten.

Der Weg zur Verbraucherzentrale oder übers Gericht wäre hingegen für den einzelnen Kunden möglicherweise aufwändiger, doch für die Verbraucher insgesamt wäre dies in manchen Fällen vorteilhafter. Denn dann müssten erstrittene Grundsatzurteile für alle Kunden gelten. Damit wäre der Druck auf die entsprechenden Unternehmen größer, von vornherein kundenfreundlichere Vertragsbedingungen anzubieten.