Eine gute Nachricht gab es zuletzt immerhin: Die SPD-Mitglieder stimmten für den Eintritt der Partei in die große Koalition. Somit bekommt Deutschland nach fast einem halben Jahr endlich wieder eine gewählte Regierung. Doch aus Italien und den USA kamen zuletzt schlechte Nachrichten – und die verderben Börsianern die Laune.
So hat der Ausgang der Parlamentswahl in Italien besonders die dortigen Finanzmärkte in Unruhe versetzt. Anleger befürchten nun eine längere politische Hängepartie. Die Mailänder Börse fiel auf den tiefsten Stand seit mehr als sechs Monaten. Am Rentenmarkt stiegen die Risikoaufschläge für zehnjährige Staatsanleihen. Der drohende politische Stillstand könnte den fragilen Aufschwung Italiens abwürgen und die Verschuldungslage zuspitzen.

Schwierige Regierungsbildung in Rom

Gewonnen haben die Wahl südlich der Alpen die EU-kritische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtsextreme Lega Nord. Weil keiner der drei großen Blöcke die nötige Mehrheit erreichte, dürfte die Regierungsbildung kompliziert werden und sich lange hinziehen. Der Wahlausgang bedeute nach Ansicht von Beobachtern vor allem, dass neue Reformen für mehr Wachstum erst einmal auf die lange Bank geschoben werden. Die nach Deutschland und Frankreich drittgrößte Volkswirtschaft des Euroraums hat sich konjunkturell zwar gefangen – 2017 wuchs sie um 1,4 Prozent und damit so stark wie seit 2010 nicht mehr. Das ist aber wenig, verglichen mit dem kräftigen Aufschwung in der restlichen Eurozone.
Noch größeren Schrecken als das italienische Wahldebakel jagen Börsianern die geplanten Schutzzölle der USA auf Stahl- und Aluminium-Importe und die Androhung weiterer Zölle – etwa auf europäische Autos – durch Präsident Donald Trump ein. Die Äußerungen Trumps sorgten für “große Nachdenklichkeit bei den Anlegern”, erklärte die Investment-Beratungsfirma Sentix zu einer aktuellen Umfrage unter gut 1000 Investoren. Der Sentix-Index für die Eurozone fiel im März um fast acht auf 24 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit April 2017. Die Erwartungen trübten sich in allen Weltregionen ein, konstatierte Sentix-Experte Manfred Hübner.

Dämpfer für deutsche Konjunktur

Dies gelte auch für die deutsche Wirtschaft: “Die deutsche Konjunkturlokomotive beginnt deutlich zu stottern”, sagte Hübner. “Neben dem geringen Charme, welchen die GroKo-Neuauflage auf die Anleger verströmt, kommen nun noch die protektionistischen Reden des US-Präsidenten hinzu.” Die Anleger befürchteten, dass sich alles zusammen zu einer deutlichen Konjunkturbelastung für Deutschland summiere. Deshalb sei hier das Barometer für die Erwartungen auf den niedrigsten Stand seit gut zwei Jahren gesunken.
Das passt zum wichtigsten hiesigen Konjunkturbarometer. Denn der ifo-Geschäftsklimaindex fiel zuletzt schwächer aus als erwartet. Die Geschäftserwartungs-Komponente ging im Februar zum zweiten Mal in Folge spürbar zurück (auf 105,4 Punkte von 109,5 im Dezember). Rückläufige Konjunktur-Frühindikatoren sind in der Regel mit steigenden Risikoprämien am Aktienmarkt – und damit sinkenden Kursen – verbunden.

Die Wirtschaft der Eurozone verlor im Februar gleichfalls an Schwung, wie das Markit-Institut zu seiner monatlichen Umfrage unter 5000 Unternehmen mitteilte. Der Einkaufsmanager-Index (PMI) für die Privatwirtschaft – Industrie und Dienstleister zusammen – fiel um 1,8 auf 56,2 Zähler. Der Index hielt sich jedoch klar über der Marke von 50 Punkten, ab der er Expansion signalisiert. Kälte und Kapazitätsengpässe könnten das Wachstum gebremst haben. Dennoch bleibe der Aufschwung stark und finde auf breiter Basis statt, meinte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson.

US-Konsumenten in Champagnerlaune

Während diesseits des Atlantiks die Stimmung in jüngster Zeit etwas gedämpft ist, ist sie bei den US-Konsumenten so gut wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Im Februar stieg das Barometer für das Verbrauchervertrauen überraschend kräftig um 6,5 auf 130,8 Punkte, wie das Institut Conference Board bekanntgab. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit 126,6 Zählern gerechnet. Die Befragten schätzten sowohl ihre Lage als auch ihre Aussichten positiver ein als zuletzt. “Die Verbraucher bleiben zuversichtlich, dass die Wirtschaft in den kommenden Monaten weiterhin stark wachsen wird”, sagte Lynn Franco vom Conference Board. Mit ihren Ausgaben bilden die Verbraucher das Rückgrat der US-Wirtschaft, da der private Konsum rund 70 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmacht.

Derweil musste die US-Industrie zu Jahresbeginn einen unerwartet starken Auftragsschwund hinnehmen. Die Bestellungen für langlebige Güter – vom Geschirrspüler bis zum Flugzeug – schrumpften im Januar um 3,7 Prozent gegenüber Dezember. Das war der kräftigste Rückgang seit einem halben Jahr. Von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich ein Minus von 2,0 Prozent erwartet, nachdem es im Dezember noch ein Wachstum von 2,6 Prozent gegeben hatte. Die Zahlen schwanken oft stark, da sie sehr stark von Flugzeug-Bestellungen beeinflusst werden. Die Industrie steht für rund zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft.

Ende 2017 ist die amerikanische Wirtschaft übrigens etwas schwächer gewachsen als bislang angenommen: Im vierten Quartal stieg das BIP mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 2,5 Prozent. Eine frühere Schätzung hatte noch 2,6 Prozent ergeben. Zwar legten die Konsumausgaben so stark zu wie seit drei Jahren nicht mehr, doch bremste der kräftigste Zuwachs der Importe seit mehr als sieben Jahren. Zu Jahresbeginn könnte die Wirtschaft weiter an Schwung verloren haben: Einzelhandelsumsatz, Produktion und Hausverkäufe schrumpften im Januar, ebenso die Exporte.

Fed wird wohl Leitzins im März anheben

Dennoch dürfte die US-Notenbank Fed ihre Zinsen weiter anheben. Schon im März dürfte der nächste Schritt folgen, mindestens noch zwei im weiteren Verlauf des Jahres. Allerdings hat der neue Fed-Chef Jerome Powell eine Fortführung der Politik behutsamer Zinsanhebungen in Aussicht gestellt. Man werde weiterhin einen Mittelweg finden zwischen der Vermeidung einer überhitzten Wirtschaft und dem nachhaltigen Erreichen einer Inflationsrate von zwei Prozent, sagte er in einer Rede vor dem US-Repräsentantenhaus. Aktuell liegt der US-Leitzins zwischen 1,25 und 1,50 Prozent.
Demgegenüber liegt er in der Eurozone nach wie vor bei Null – und daran wird sich wohl auf absehbare Zeit nichts ändern. Denn trotz guter Konjunktur und massiver Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) ist die Inflation im gemeinsamen Währungsraum im Februar auf den niedrigsten Wert seit mehr als einem Jahr gesunken. Die Teuerungsrate fiel auf 1,2 von 1,3 Prozent im Januar, wie das Statistikamt Eurostat in einer ersten Schätzung mitteilte. Mit dem dritten Rückgang in Folge entfernte sie sich weiter vom Ziel der EZB, die als optimalen Wert für die Wirtschaft knapp zwei Prozent anstrebt. Dafür sorgte der geringere Anstieg der Energie- und Nahrungsmittelpreise.

Erste EZB-Zinserhöhung erst für Mitte 2019 erwartet

Vor diesem Hintergrund kann Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gut damit leben, dass an den Finanzmärkten die erste EZB-Leitzinserhöhung erst für Mitte 2019 für wahrscheinlich gehalten wird. Diese Erwartung sei “nicht komplett unrealistisch”, sagte Weidmann in Frankfurt bei der Vorlage des Geschäftsberichts 2017.
Der Bundesbank-Chef äußerte sich zudem zum geldpolitischen Ausblick der EZB. Dieser enthält nach wie vor den Passus, dass die Währungshüter ihre billionenschweren Anleihenkäufe (falls erforderlich) noch einmal aufzustocken könnte. “Das ist sicherlich ein Punkt, den wir auf den nächsten Sitzungen diskutieren werden”, sagte Weidmann. Manche EZB-Ratsmitglieder plädieren für eine Änderung dieser Aussage. Am den Finanzmärkten wird eine Erhöhung der Käufe bereits ausgeschlossen.

Was die neue Woche bringt

Im Euroraum steht sicherlich die EZB-März-Sitzung im Fokus des Anlegerinteresses. Sie sollte, abgesehen von einer möglichen leichten Änderung des Ausblicks (Forward Guidance) keine großen Neuigkeiten bringen (Do.).
Bei den harten Konjunkturzahlen für Deutschland deutet sich zu Jahresbeginn eine recht volatile Entwicklung an, die aber vor dem Hintergrund der Dezember-Daten einzuordnen ist. So waren die Neuaufträge der Industrie im Dezember kräftig nach oben gegangen, auch begünstigt durch überdurchschnittlich starke Großaufträge. Alleine durch die Normalisierung dieser Komponente ist im Januar keine positive Zahl für die Gesamtrate des Auftragseingangs zu erwarten (Do.). Ungeachtet dessen bleibt die Auftragslage der Industrie hervorragend und schafft gute Voraussetzungen für eine höhere Industrieproduktion (Fr.). Mit Blick auf die gute konjunkturelle Entwicklung sollte die Importnachfrage in Deutschland im Januar weiter zugelegt haben. Die Exporte dürften im Januar ebenfalls ein kleines Plus ausgewiesen haben (Fr.).
In den USA wartet man vor allem mit Spannung auf den Arbeitsmarktbericht für Februar (Fr.). Hier sollte angesichts der guten konjunkturellen Lage der vergangenen Monate erneut ein robuster Stellenaufbau von 195 000 Jobs verzeichnet worden sein. In Kombination mit den insgesamt guten Vormonatsdaten hat dies wahrscheinlich ausgereicht, um die Arbeitslosenrate im Februar auf 4,0 Prozent zu drücken. Die Lohndynamik dürfte mit einem Plus von 0,2 Prozent zum Vormonat die Vormonatsdynamik nicht gehalten haben.

Bei den weiteren Datenveröffentlichungen sollten die Auftragseingänge in der Industrie im Januar vor dem Hintergrund der sehr schwachen Aufträge für langlebiger Güter ebenfalls deutlich zurückgegangen sein (Di.). Einen begrenzten Rückgang sollte auch der ISM-Frühindikator für den Dienstleistungssektor im Februar aufweisen. Dieser zeigte sich zuletzt recht schwankungsanfällig und dürfte seinen sehr starken Anstieg aus dem Vormonat zumindest etwas korrigieren (Mo.).

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

Drohender Handelskrieg und Italienwahl belasten