03Anlegern, die Werterhalt oder eine sichere Kapitalanlage wünschen, wird trotz dieser Angaben vielfach ein Investment auf dem Grauen Kapitalmarkt verkauft. Das ist eines der zentralen Ergebnisse einer Analyse des Marktwächterteams Finanzen der Verbraucherzentrale Hessen, für die 358 Rechtsberatungen der Verbraucherzentralen zu Schadensfällen in diesem Anlagesegment ausgewertet wurden. Demnach liegt die Quote der sicherheitsorientierten Anleger, denen ein solches Investment verkauft wurde, bei 60 Prozent. Wie die Analyse weiter ergab, konnte jeder dritte Verbraucher aufgrund von Verjährung keine Schadensersatzansprüche mehr geltend machen.

Investments passen vielfach nicht zum Anlageprofil

Das Marktwächter-Team wertet dieses Ergebnis sehr kritisch, denn Investments auf dem Grauen Kapitalmarkt sind keineswegs risikoarm, sondern können auch zum Totalverlust führen. Banken und Finanzberater, die solche Produkte Anlegern verkaufen, die Sicherheit als Anlagemotiv angeben, seien daher äußerst kritisch zu bewerten, erläutert Wolf Brandes, Teamleiter Marktwächter Finanzen bei der Verbraucherzentrale Hessen. Für die Anleger ist diese Falschberatung auch deshalb fatal, weil es im Schnitt um 23.000 Euro geht, die in solche Produkte investiert wurden. Lässt sich eine Falschberatung nachweisen, können die Verbraucher gegenüber dem Anbieter oder Vermittler Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies war laut Analyse auf 300 der 358 Fälle zutreffend. Das Tückische: Die Investments haben lange Laufzeiten, die Probleme werden von den Anlegern oft nicht rechtzeitig erkannt. Daher seien die Fristen für das Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen oft schon verstrichen, erläutert Brandes. Dies ist üblicherweise drei Jahre ab Kenntnis, spätestens exakt zehn Jahre nach Vertragsabschluss der Fall, heißt es in der Analyse.

Viele Vermittler nutzen Vertrauen aus

Ein weiteres Ergebnis der Auswertung: In sieben von zehn Fällen standen die Anleger in einer mehr oder weniger engen Beziehung zum Vermittler dieser Kapitalanlagen. So erfolgte die Vermittlung in jedem vierten Fall durch Familienangehörige, Freunde oder Bekannte, 45 Prozent der Kapitalanlagen wurden über einen Vermittler erworben, zu dem eine langjährige Geschäftsbeziehung besteht. Es sei offensichtlich, dass einige Berater und Vermittler das Vertrauen ausnutzen, kritisiert Brandes. Einen weiteren Kritikpunkt sieht er darin, dass die Produkte nicht von den Anlegern nachgefragt, sondern aktiv angeboten wurden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband setzt sich dafür ein, dass die Regelungen für den Grauen Kapitalmarkt in der kommenden Legislaturperiode deutlich verschärft werden und Beschränkungen für den aktiven Vertrieb eingeführt werden.

Vielfach ahnen Anleger nichts von Problemen mit dem Investment

Zum Hintergrund der Analyse: Basis der Auswertung waren 358 Beratungsgespräche, die im Rahmen einer Stichprobe und nicht repräsentativ erfolgten. Bei 277 beziehungsweise 77 Prozent der analysierten Produkte handelte es sich um Geschlossene Fonds und sonstige Beteiligungen von 143 Anbietern, zu den übrigen Investments zählten unter anderem Genussrechte und partiarische Darlehen. Häufigster Anlass der Beratungsgespräche in den Verbraucherzentralen waren Anschreiben von Anlegeranwälten oder Anlegerschutzvereinen, sprich: Viele Anleger wurden erst auf diesem Wege auf Probleme mit ihrer Kapitalanlage aufmerksam gemacht, die sie selber offenbar noch gar nicht bemerkt hatten. In 100 der 358 Beratungsgespräche ging es darum, dass die Insolvenz drohte und/oder die Anleger entweder einen Sanierungsbeitrag leisten oder bereits erhaltene Ausschüttungen zurückzahlen sollten.

Falschberatung in der Mehrzahl der Fälle

Neben Sicherheit und Werterhalt zählte die Altersvorsorge als Anlagemotiv zu den am häufigsten genannten Gründen für das Investment. Nur rund jeder vierte Anleger gab an, eine höhere Rendite erzielen zu wollen. Ob eine Falschberatung vorlag, gegen die Anleger gerichtlich vorgehen könnten, wurde im Rahmen der Beratungsgespräche der Verbraucherzentrale mit untersucht. Ob die hohen Risiken, die mit einem Investment am Grauen Kapitalmarkt üblicherweise einhergehen, zum Risikoprofil und der Risikotragfähigkeit der Anleger passen, ist der wesentliche Aspekt hierfür. Darüber hinaus muss in der Beratung auch klar über die Eigenschaften der Produkte informiert werden. In 64 Prozent der Fälle hatten die Berater der Verbraucherzentralen jedoch den Eindruck, dass die Anleger die wesentlichen Eigenschaften und Risiken der Produkte nicht verstanden hatten. Dies wurde unter anderem anhand der Frage geprüft, ob die Anleger wissen, ab welchem Zeitpunkt sie wieder über ihr Kapital verfügen können.