Die Deutschen machen in puncto Baufinanzierung gerade einiges richtig: Sie nutzen die niedrigen Zinsen, um ihre Immobilienschulden schneller zu tilgen. So stieg die anfängliche Tilgungshöhe von durchschnittlich 2,29 Prozent in 2010 bis Mitte 2016 auf 2,84 Prozent. Das zeigt eine Auswertung des Baufinanzierungsvermittlers Interhyp. Die Analyse basiert auf Daten zu 200.000 Darlehensabschlüssen sowie 100.000 Anschlussfinanzierungen während des Zeitraums 2010 bis Mitte 2016. Dieses Vorgehen ist unter anderem deshalb sinnvoll, weil die Tilgungsdauer eines Immobiliendarlehens in Zeiten niedriger Zinsen aufgrund des geringen Zinsanteils an den monatlich gleichbleibenden Darlehensraten sehr lang ist.

Vorteil 1: Höherer Tilgungssatz reduziert Laufzeit rasant

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Wird ein Darlehen mit einer Verzinsung von einem Prozent und mit einer Tilgungrate von einem Prozent zurückgezahlt, liegt die Laufzeit bis zur vollständigen Tilgung – gleichbleibende Zinsen vorausgesetzt – bei sage und schreibe 69 Jahren und fünf Monaten. Bei einem Zinssatz von fünf Prozent wäre das Darlehen hingegen in 36 Jahren getilgt. Da die monatliche Belastung beim aktuellen Zinsniveau äußerst niedrig ist, können Immobilienkäufer und Bauherren bei gleicher monatlicher Belastung von insgesamt sechs Prozent der Darlehenssumme die Laufzeit auf 18 Jahre und vier Monate verkürzen.

Naheliegend ist diese Vorgehensweise vor allem auch für Anschlussfinanzierer, die vor zehn Jahren ein Darlehen zum damaligen Zinssatz von um die fünf Prozent abgeschlossen haben. Sie können die Rate einfach beibehalten und die Zinsersparnis in die Tilgung stecken. Wie die Interhyp-Auswertung zeigt, verfahren viele Immobilienbesitzer genau so: Seit 2010 stieg die durchschnittliche Tilgungsrate von 3,03 auf 4,94 Prozent.

Vorteil 2: Zinsersparnis

Eine schnellere Entschuldung verkürzt jedoch nicht nur die Laufzeit erheblich, sie senkt auch die Zinskosten deutlich. So fallen beim Beispiel mit einem Prozent Zins und Tilgung für 200.000 Euro während einer zehnjährigen Zinsbindung insgesamt 18.975 Euro an Zinsen an. Bei einer Tilgungsrate von fünf Prozent sind es hingegen 14.875 Euro, also rund 4.000 Euro weniger.

Vorteil 3: Geringeres Zinsänderungsrisiko

Hinzu kommt: Je höher die Tilgungsrate, desto niedriger die Restschuld am Ende der Zinsbindungsfrist. Dies ist vor dem Hintergrund der Probleme, die viele Immobilienkäufer derzeit wegen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie haben, ein wichtiger Punkt. Denn die Banken achten nun sehr strikt darauf, dass die Immobilie vor Rentenbeginn möglichst schuldenfrei sein muss. Und dies ist umso einfacher zu bewerkstelligen, je höher die Tilgungsraten gewählt werden. Im genannten Beispielfall beträgt die Restschuld nach zehn Jahren 94.875 Euro bei drei Prozent Tilgungssatz. Wer nur mit dem Mindestsatz von einem Prozent tilgt, muss hingegen noch satte 178.975 Euro weiterfinanzieren.

Angenommen, man hat die Finanzierung mit 30 Jahren gestartet, bestehen sehr gute Chancen, dass die Immobilie lange vor Rentenbeginn schuldenfrei ist. Gleichbleibende Zinsen vorausgesetzt, wäre dies vor dem Erreichen des 50. Lebensjahrs der Fall. Wer langsam tilgt, wird es hingegen nicht schaffen und müsste bis zur Rente die Raten erheblich heraufsetzen. Hinzu kommt das Zinsänderungsrisiko, das mit hohen Restschulden erheblich stärker ins Gewicht fällt.

Flexible Alternative: Sondertilgungen

Das Ziel, schneller schuldenfrei zu werden, lässt sich auch über Sondertilgungen erreichen. Wer beispielsweise beim 200.000 Euro-Darlehen mit je einem Prozent Zins und Tilgung nach einem Jahr eine Sondertilgung zahlt, reduziert die Laufzeit bereits um fünf Jahre und einen Monat. Hinzu kommt eine Zinsersparnis von 900 Euro. Eine zweite Sondertilgung in dieser Höhe nach fünf Jahren würde die Laufzeit um weitere rund fünf Jahre reduzieren. Diese Vorgehensweise empfiehlt sich besonders dann, wenn die monatlichen Einnahmen stärker schwanken und eine höhere Tilgungsrate in manchen Monaten eine zu hohe Belastung darstellen würde.