Die Verabschiedung der US-Steuerreform in Senat und Repräsentantenhaus, die vor allem amerikanischen Unternehmen massive Steuersenkungen beschert, ließ die Börsen erstaunlich kalt. Insbesondere die europäischen Aktienmärkte tendierten sogar etwas leichter. So rutschte der DAX auf rund 13.000 Punkte ab, nachdem er vor der Abstimmung im US-Senat auf über 13.300 Punkte gestiegen war.

Erklären lässt sich die Reaktion der Anleger mit dem „buy the rumor, sell the fact“-Effekt. Er besagt, dass Kursanstiege beim Eintreten eines erwarteten, positiven Ereignisses zunächst ein Ende finden. So hat der US-Aktienmarkt günstige Einflüsse der Steuerreform auf die Unternehmensgewinne in erheblichem Maße vorweggenommen. Bei den europäischen Aktienmärkten kommt hinzu, dass sie unter der Währungsentwicklung litten. Ungeachtet der Verabschiedung der US-Steuerreform wertete sich der Euro bis auf 1,19 Dollar auf, während viele Experten eher von einer Abwertung infolge der Reform ausgegangen waren.

Belastend wirkte zuletzt außerdem der überraschende Renditeanstieg an den Anleihemärkten. Befürchtungen einer starken Zunahme der US-Staatsschulden ließen die Rendite zehnjähriger Treasuries um über zehn Basispunkte steigen. In Deutschland wurde der Anstieg der Rendite von Bundesanleihen durch die Ankündigung des Neuemissionsplans für 2018 zusätzlich angeschoben, da dieser einen größeren Anteil an sehr langfristigen Bundesanleihen vorsieht.

Ifo-Geschäftsklima sinkt überraschend

Keine nennenswerten Impulse auf die Aktienmärkte gingen von den jüngsten volkswirtschaftlichen Daten aus. Obwohl die Frühindikatoren insgesamt weiter auf eine starke Konjunktur hinweisen, gab es doch einige Überraschungen. Stieg der Composite-PMI für Eurozone erneut stärker als erwartet auf ein 85-Monats-Hoch von 58,0 Punkten, blieb der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland hinter den Prognosen der Volkswirte zurück. Speziell die an den Aktienmärkten stark beachtete Komponente der Geschäftserwartungen fiel auf sehr hohem Niveau von 111,0 auf 109,5 Zähler.
Die meisten Aktienanalysten gehen inzwischen davon aus, dass im neuen Jahr von den Konjunkturindikatoren weniger Unterstützung für die Aktienmärkte kommt als 2017. Was sich beim ifo-Geschäftsklimaindex diesen Monat angedeutet hat, dürfte sich 2018 bei den Einkaufsmanagerindizes (PMI) fortsetzen, insbesondere im Euroraum. Die werden wohl in den kommenden Monaten nicht mehr weiter steigen bzw. sogar etwas nach unten gehen. Demzufolge müssen Anleger damit rechnen, dass es vor diesem Hintergrund zu stärkeren Schwankungen der Aktiennotierungen kommen wird.

Fondsmanager optimistisch, aber nicht euphorisch

In diesem Zusammenhang ist interessant, welche Erwartungen Anlageprofis haben und wie sie sich positioniert haben. Schwächere Konjunkturdaten hätten bei euphorischer Investorenstimmung potenziell negativere Folgen als bei einer überwiegend skeptischen Haltung. Hinweise auf Stimmung und Positionierung mittelfristig orientierter professioneller Investoren liefert die monatliche internationale Fondsmanager-Umfrage der Bank of America Merrill Lynch. Die jüngste Umfrage zeigt eine anhaltend offensive Positionierung, aber keine ausgeprägte Euphorie. Gegenüber November ist der Optimismus trotz neuer Rekordstände am US-Aktienmarkt sogar leicht zurückgegangen.

Der Anteil der Fondsmanager, die in den kommenden zwölf Monaten global ein über dem langfristigen Trend liegendes Wachstum bei einer unter dem Trend liegenden Inflation erwarten, blieb mit 54 Prozent nahe dem Rekordwert vom November von 56 Prozent. Allerdings glauben nur noch 31 der Fondsmanager (Saldo aus positiven und negativen Antworten) an eine besseren Entwicklung der Weltwirtschaft in den kommenden zwölf Monaten (November: 36 Prozent). Im Januar 2017 lag der Wert bei satten 62 Prozent.

Wegen der positiven Erwartungen für Konjunktur und Unternehmensgewinne werden Aktien weiterhin übergewichtet. Gleichzeitig wurden die in den Vormonaten nach und nach reduzierten Liquiditätsbestände wieder aufgebaut. Der Nettoanteil der Befragten, die angaben, in Aktien relativ zu ihrer Benchmark übergewichtet zu sein, liegt nun bei 48 Prozent nach 49 Prozent im November. Der Durchschnittswert seit Anfang 2010 beträgt 33 Prozent. Die durchschnittliche Liquiditätsquote in den Portfolios ist nach 4,4 im Vormonat auf 4,7 Prozent gestiegen. Dies liegt in etwa auf dem Durchschnitt seit Anfang 2010 von 4,6 Prozent.

„Munition“ für weiteren Kursanstieg vorhanden

Trotz der hohen Aktiengewichtung ist somit genügend Liquidität vorhanden, um den Aufwärtstrend an den Aktienmärkten aufrecht zu erhalten. Kritisch ist allerdings, dass Aktien von vielen Befragten schon als überbewertet eingestuft werden. Der Anteil der Fondsmanager, die Aktien als überbewertet ansehen, lag im Dezember bei hohen 45 Prozent. Daraus lässt sich schließen, dass eine Verschlechterung des fundamentalen Umfelds zu Gewinnmitnahmen führen dürfte.
Überdurchschnittlich stark bleiben die Fondsmanager in Aktien des Euroraums investiert, obwohl die Gewichtungen gegenüber November erneut reduziert wurden. Weiter untergewichtet werden demgegenüber US-Aktien, allerdings etwas weniger ausgeprägt als zuvor. Die immer noch starke Übergewichtung europäischer Aktien stellt zusammen mit der allmählichen Umschichtung in US-Werte einen Faktor dar, der die zuletzt enttäuschende relative Kursentwicklung der europäischen Aktienindizes teilweise erklärt und noch weiter belasten könnte, vor allem solange der Euro stark bleibt.

Insgesamt deuten die Stimmungsindikatoren darauf hin, dass mittelfristig orientierte Investoren überwiegend zuversichtlich ins neue Jahr gehen. Von überschäumender Euphorie kann keine Rede sein, Liquidität für weitere Aktienkäufe ist nach wie vor vorhanden. Solange das fundamentale Umfeld günstig bleibt, ist ein Einbruch der Aktienmärkte unwahrscheinlich. Bestätigt sich die Erwartung abflachender Konjunktur-Frühindikatoren im Jahresverlauf 2018, werden die Börsen in raueres Fahrwasser geraten. Weiter steigende Unternehmensgewinne sprechen aber dafür, dass sich der Aufwärtstrend vorerst fortsetzen kann. Insbesondere US-Firmen profitieren von der Steuerreform in der größten Volkswirtschaft der Welt. Trotz des kurzfristigen „buy the rumor, sell the fact“-Effekts dürfte die Reform die Aktienmärkte auch im neuen Jahr positiv beeinflussen.

Standort Deutschland unter Zugzwang

Die größte US-Steuerreform seit mehr als 30 Jahren setzt die deutsche Politik unter Handlungsdruck. Zwar zeigte sich die Bundesregierung erleichtert, dass die Reform die befürchtete Importsteuer nicht enthält. Der Standort Deutschland gerät nach Einschätzung von Experten trotzdem unter Zugzwang. “Mit dieser Steuerreform folgen die USA dem internationalen Trend zu sinkenden Steuersätzen”, sagte der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest. “Das verschärft den Wettbewerb um die Ansiedlung von Investitionen und Arbeitsplätzen.” Alarm schlägt auch die Industrie. “Das Gesetzespaket in den USA enthält mit verbesserten Abschreibungsregelungen und Verschärfungen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen erhebliche Anreize, Konzernfunktionen und Investitionen in die USA zu verlagern”, meinte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang.

Der US-Körperschaftsteuersatz soll von 35 auf 21 Prozent sinken und liegt damit deutlich unter den etwa 25 Prozent, die Unternehmen in den OECD-Industriestaaten durchschnittlich auf ihre Gewinne zahlen. Nicht eingerechnet sind weitere Abgaben, so dass Experten zufolge die Steuerlast für Unternehmen in den USA bei 25 Prozent liegt. In Deutschland sind 15 Prozent Körperschaftsteuer fällig, wozu rund 14 Prozent Gewerbesteuer und der Solidaritätszuschlag kommen. Die Reform könnte den US-Schuldenberg von aktuell 20 Billionen Dollar binnen zehn Jahren um weitere 1,5 Billionen steigen lassen.

US-Notenbanker gespalten in Sachen Zinserhöhung

Nachdem die US-Notenbank Fed auf ihrer Dezember-Sitzung den Leitzins anhob, meldeten sich die regionalen Fed-Präsidenten Neel Kashkari und Charles Evans mehrfach zu Wort, um ihre Gegenstimmen zur Zinsanhebung zu erläutern. Beide sind der Ansicht, dass die aktuell niedrige Inflation kein vorübergehendes Problem sei. Besonders die Inflationserwartungen lägen zu niedrig. In diesem Umfeld sei eine Zinserhöhung nicht zielführend. Kashkari gab zudem die insgesamt flache Zinsstrukturkurve zu bedenken. Das längere Ende werde durch die niedrigen Inflationsraten niedrig gehalten. Die Flache Zinskurve würde das Risiko einer Rezession erhöhen.

Dieser Ansicht widersprach San Francisco Fed-Präsident John Williams. Die flache Zinsstrukturkurve bereite ihm keine Sorgen. Das längere Ende würde durch die Käufe länger laufender Wertpapiere in der Vergangenheit niedrig gehalten. Er schätzt die aktuelle konjunkturelle Lage als gut genug für den beschlossenen Zinsschritt ein und rechnet für 2018 mit drei Zinsschritten sowie zwei bis drei Anhebungen 2019.

Was die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) betrifft, sorgte jüngst die Aussage von EZB-Ratsmitglied Josef Makúch für Aufsehen, wonach sich die Diskussion von den Parametern des Wertpapier-Kaufprogramms hin zu einem künftigen Einsatz von Zinsen zur Regulierung der Wirtschaft verschoben habe. Des Weiteren äußerte Bundesbankpräsident Jens Weidmann, dass aus seiner Sicht sowohl eine zügigere Reduktion der monatlichen Nettokäufe, als auch die klare Kommunikation eines Enddatums des Kaufprogramms angemessen wären.
Neben der Geldpolitik zeigte er sich offen gegenüber den aktuellen EU-Reformvorschlägen, erteilte allerdings einer Aufweichung der Stabilitätskriterien eine klare Absage. Bei allen künftigen Maßnahmen müssten Handeln und Haften wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Auf die Frage nach seinen Ambitionen, ab Ende 2019 EZB-Präsident zu werden, wiegelte er erneut ab. Es sei deutlich zu früh diese Diskussion zu führen.

Was die neue Woche bringt

In der letzten Woche des Jahres werden kaum neue Konjunkturdaten veröffentlicht. In der Eurozone stehen die Inflationsdaten für Dezember im Fokus. Zwar sollte in allen großen Ländern der Währungsunion ein Preisanstieg gegenüber November zu Buche stehen, für einen Anstieg der Jahresrate reicht dies jedoch nicht aus. Grund hierfür ist auch ein negativer Basiseffekt bei den Energiepreisen. Daher ist für Deutschland (29.12.) ein leichter Rückgang der Inflationsrate zu erwarten.
In den USA stehen der Richmond Fed-Index (26.12.) und das Conference Board Verbrauchervertrauen (27.12.) auf der Agenda. Ansonsten herrscht zwischen den Jahren ungewohnte Ruhe.