An den US-Börsen ging es vergangene Woche dank guter Arbeitsmarktzahlen, der Erwartung einer bevorstehenden Steuerreform und der vorläufigen Abwendung eines potenziellen Government Shutdown aufwärts mit den Notierungen. Dagegen tendierten die europäischen Aktienmärkte überwiegend seitwärts, obwohl die viel beachteten Einkaufsmanagerindizes (PMI) besser ausfielen als erwartet. Auch die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) konnte europäischen Aktien keine nennenswerten Impulse verleihen.

Wie erwartet ließ die EZB die Geldpolitik unverändert. Änderungen im Zinsausblick (Forward Guidance) blieben ebenso aus wie genauere Informationen zur künftigen Zusammensetzung der Wertpapier-Käufe ab Januar. Gleichzeitig revidierten die Notenbanker ihre Wachstumsprojektionen deutlich aufwärts, was sich aber nicht in spürbar höheren Inflationsprojektionen niederschlug. Selbst im Jahr 2020 wird mit 1,7 Prozent das Inflationsziel weiterhin verfehlt. Aktuell schätzen die Euro-Währungshüter den Zusammenhang zwischen Konjunktur und Inflation als recht lose ein. 2018 dürften vor dem Hintergrund des nahenden Endes der Anleihenkäufe die Diskussionen über die Zukunft des Wertpapier-Kaufprogramms sowie zu möglichen Änderungen der Forward Guidance rasch zurück auf die Tagesordnung kommen.

Die Bank of England (BoE) beriet letzte Woche ebenfalls über den weiteren geldpolitischen Kurs. Trotz kräftig steigender Preise in Großbritannien beließ sie ihren Leitzins bei 0,5 Prozent. Die BoE hatte ihren Schlüsselzinssatz Anfang November von dem historisch niedrigen Wert von 0,25 Prozent auf das jetzt gültige Niveau gehievt, was den ersten Schritt nach oben seit zehn Jahren bedeutete. Sie reagierte damit auf die anziehende Inflation: Seit dem EU-Austrittsvotum vom Juni 2016 hat das Pfund deutlich abgewertet, was Importe verteuert und so die Preise nach oben treibt. Mittlerweile ist die Teuerungsrate mit 3,1 Prozent weit über die Zielmarke der BoE von zwei Prozent hinausgeschossen.

Fed-Chefin Janet Yellen verabschiedet sich mit Zinserhöhung

Auf der anderen Seite des Atlantiks tagte der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank Fed. Es war die letzte Sitzung unter Leitung der Fed-Chefin Janet Yellen. Dabei erhöhte die Fed ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf die Spanne von 1,25 bis 1,50 Prozent, was der Erwartung der großen Mehrheit der Marktteilnehmer entsprach. Im Mittelpunkt standen freilich die Fed-Projektionen. Die Projektionen zum Wirtschaftswachstum 2017 und vor allem 2018 wurden nach oben genommen (für 2018 von 2,1 auf 2,5 Prozent). Für nächstes Jahr kalkuliert die Fed einen Konjunkturimpuls aus der erwarteten Steuerreform ein. Demgegenüber blieben die Inflationsprojektionen so gut wie unverändert. Dies spricht im Zusammenhang mit den Aufwärtsrevisionen der Konjunkturprognosen dafür, dass die amerikanischen Zentralbanker eine schwächere Auswirkung der starken Konjunkturdaten auf die Inflation unterstellen als bislang. Dies ist aus Sicht der Aktienmärkte eindeutig positiv zu beurteilen.

Gleichfalls nahezu unverändert sind die Projektionen zum Zinspfad der US-Notenbank geblieben. Den drei Zinsschritten 2017 sollen 2018 wieder drei Zinsschritte folgen. Für 2019 liegt die Erwartung der FOMC-Mitglieder bei zwei bis drei weiteren Zinsschritten. 2020 soll das Leitzinsniveau mit 3,0 bis 3,25 Prozent etwas höher liegen als bislang vorausgesagt. Obwohl die erwartete Wachstumsrate des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach oben revidiert wurde, sagen allerdings nun sechs statt vorher vier Fed-Mitglieder weniger als drei Zinsschritte für 2018 voraus. Dies ist aus Börsensicht ebenfalls positiv zu werten.

Geldpolitik noch keine Gefahr für die Börsen

Ohnehin zeigt die Betrachtung vergangener Aktienmarktzyklen, dass das Anziehen der geldpolitischen Schrauben erst in einem fortgeschrittenen Stadium für Aktien gefährlich wird – nämlich dann, wenn sich negative Konjunktureffekte der restriktiveren Geldpolitik abzeichnen oder das Zinsniveau am Kapitalmarkt schon deutlich gestiegen ist. Vorerst ist die Geldpolitik der Fed jedoch immer noch expansiv, wenngleich der Expansionsgrad nach und nach abnimmt. Gleichzeitig bleibt die Geldpolitik der anderen großen Notenbanken, allen voran der EZB und der Bank von Japan, noch extrem locker und damit günstig für Aktien.

Hinzu kommt, dass in den USA die Weichen für die größte Steuerentlastung seit über drei Jahrzehnten gestellt sind. Im US-Kongress einigten sich die Republikaner auf einen Gesetzentwurf, über den noch vor Weihnachten abgestimmt werden soll. Nach fast einem Jahr im Amt wäre die Reform der erste große gesetzgeberische Erfolg für US-Präsident Donald Trump. Mit einer geringeren Belastung von Unternehmensgewinnen würden die USA zu anderen Industrieländern aufschließen. In Deutschland dürfte der Druck steigen, Unternehmen ebenfalls zu entlasten. Die hiesigen Exporteure fürchten, dass sich ihre Waren in den USA verteuern.

Gründlich überholt wurde das US-Steuersystem zuletzt 1986 unter dem damaligen Präsidenten Ronald Reagan. Die Folge war seinerzeit ein anhaltender Wirtschaftsboom. Mit der Trump-Reform soll die auf Bundesebene erhobene Steuer auf Firmenprofite von 35 auf 21 Prozent fallen. Inklusive weiterer Steuern auf Länderebene würde die Gesamtbelastung damit bei etwa 28 Prozent liegen – und damit unter der international wichtigen Marke von 30 Prozent. In Deutschland liegt die Gewinnbelastung knapp unter diesem Wert.

US-Steuerreform könnte schon im Februar 2018 in Kraft treten

Gleichzeitig sollen Amerikas Bürger von einer Senkung des Spitzensteuersatzes von 39,6 auf 37 Prozent profitieren. Der Freibetrag bei der Erbschaftsteuer des Bundes wird wie vom Senat gefordert auf elf Millionen Dollar in etwa verdoppelt. Über den endgültigen Gesetzentwurf soll bald in beiden Kammern abgestimmt werden. Ob vor allem im Senat die Mehrheit von Trumps Republikanern steht, ist freilich noch unklar. Im Senat stellen die Republikaner 52 der 100 Abgeordneten. Der an einem Gehirntumor erkrankte John McCain wird derzeit allerdings in einer Klinik behandelt. Mindestens drei andere Republikaner waren zuletzt noch unentschieden. Nach der verlorenen Nachwahl in Alabama stehen die Republikaner unter Zeitdruck: Spätestens ab Januar schrumpft ihre Mehrheit im Senat auf einen Sitz. Trump will die Reform noch vor Jahresende unterzeichnen. Damit könnte sie im Februar 2018 in Kraft treten.

Experten zufolge dürfte die Reform den Schuldenberg der amerikanischen Regierung von bereits 20 Billionen Dollar innerhalb von zehn Jahren um weitere 1,5 Billionen Dollar vergrößern. Reform-Befürworter gehen jedoch davon aus, dass das stärkere Wirtschaftswachstum die Einnahmeausfälle kompensiert. Einige Analysten warnen zudem, die Reform werde zu höheren Zinsen führen, was ihre positiven Wachstumseffekte auffressen werde.

Konjunkturprognosen immer optimistischer

Derweil scheinen die Volkswirte in Deutschland immer optimistischer zu werden. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute sehen die größte Volkswirtschaft der Eurozone auf dem Weg in die Hochkonjunktur. Zumindest bis zum Ende des Jahrzehnts sagen sie einen anhaltenden Boom voraus, weisen aber zugleich auf steigende Risiken und Nebenwirkungen hin.

Das Münchner ifo-Institut hob die Prognose für das BIP-Wachstum 2018 von 2,0 auf 2,6 Prozent an. Das wäre nicht nur mehr als im zu Ende gehenden Jahr mit erwarteten 2,3 Prozent, sondern bereits das neunte Wachstumsjahr in Folge. 2019 soll es zu 2,1 Prozent reichen. “Derzeit ist noch keine Überhitzung da, wir sind aber möglicherweise auf dem Weg dahin”, sagte ifo-Chef Clemens Fuest.

Ähnlich fällt die Einschätzung des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) aus: Die Kieler Forscher hoben ihre Prognose für 2018 von 2,2 auf 2,5 Prozent an. “Die deutsche Wirtschaft steht unter Volldampf”, erklärten sie. “Bei bereits deutlich über normal ausgelasteten Kapazitäten nähert sie sich damit in großen Schritten der Hochkonjunktur.” Kennzeichnend für eine Hochkonjunktur sind neben einem starken Wachstum kräftig steigende Löhne und Preise. Letzteres droht, wenn Unternehmen ihre Produktion etwa wegen Fachkräftemangels nicht mehr ausweiten können, sondern ihren Umsatz stattdessen durch höhere Verkaufspreise steigern. Noch ist das den Instituten zufolge nicht der Fall, doch nimmt die Wahrscheinlichkeit für ein solches Szenario zu.

Was die neue Woche bringt

Nach den in der Eurozone überraschend erneut gestiegenen Einkaufsmanagerindizes (PMI) für Dezember in der vergangenen Woche sind auch die Vorzeichen für eine weitere leichte Verbesserung des ifo Geschäftsklimas gut (Di.). Gegen einen nochmaligen kräftigen Anstieg spricht, dass schon ein sehr hohes Stimmungsniveau erreicht ist und in den vergangenen beiden Monaten jeweils spürbare Anstiege zu verzeichnen waren. Das Geschäftsklima basiert auf Befragungssalden, für deren Ermittlung die pessimistischen Antworten mit den optimistischen Antworten saldiert werden. Neutrale Einschätzungen spielen für die Berechnung keine Rolle. Im verarbeitenden Gewerbe ist der Anteil der Unternehmen, die pessimistisch in die Zukunft blicken, seit Jahresmitte minimal. Eine weitere Verbesserung des Saldos würde daher voraussetzen, dass noch mehr bisher neutral eingestellte Firmen in die Gruppe der Optimisten wechseln, die bereits sehr groß ist.
Auf Konsumentenseite dürfte das GfK Konsumklima zum Jahreswechsel noch etwas gestiegen sein (Fr.). Infolge der guten Konjunktur und der ausgezeichneten Lage am Arbeitsmarkt dürfte dies die Stimmung der Verbraucher zum Jahresanfang befeuern.

Preisseitig sind keine Überraschungen in der Pipeline. Die endgültigen November-Inflations-daten für die Eurozone dürften die vorläufigen Werte bestätigen (Mo.). Zwar haben die endgültigen Daten in Frankreich eine unerwartete Abwärtsrevision gezeigt. Dies dürfte aber von einer Aufwärtsrevision der Inflationszahlen in Spanien kompensiert werden.

In den USA richten sich alle Blicke Richtung Washington. Nachdem sich Ende vergangener Woche die Republikaner im Kongress auf einen gemeinsamen Reformvorschlag geeinigt haben, sollte dieser in der neuen Woche in den Kongresskammern zur Abstimmung kommen. Besonders im Senat dürfte diese aber äußerst knapp ausfallen. Passiert der Gesetzestext beide Kammern, dürfte Präsident Trump noch vor Weihnachten das Gesetz unterzeichnen.

Davon abgesehen stehen die Inflationsdaten des Privaten Konsums (PCE-Deflator) für November im Fokus der Märkte (Fr.). Hier sollte die monatliche Inflationsrate auf Grund der gestiegenen Energiepreise ein Plus von 0,3 Prozent ausweisen und damit die Jahresrate kurzzeitig um 0,2 Prozentpunkte auf 1,8 Prozent anheben. Die Kerninflation dürfte dagegen im November erneut schwächer ausfallen. Ein Plus von 0,1 Prozent zum Vormonat wird aber wohl ausreichen, um die Jahresrate auf 1,5 Prozent anzuheben.

Konsumseitig dürfte das steigende Einkommen der Verbraucher im November höhere Konsumausgaben zu Thanksgiving ermöglicht haben (Fr.). Auf Seite des Häusermarktes sollten die Wohnungsbaubeginne vom November den hohen Stand vom Oktober nicht gehalten haben (Di.). Mit über 1,2 Mio. Baubeginnen sprechen die Daten aber für eine weiterhin sehr gute Entwicklung des US-Häusermarktes.
Die Auftragseingänge sollten im November merklich zugenommen haben (Di.). Das liegt allerdings vor allem an starken Bestellungen im Flugzeugbau, welche die Wachstumsrate der Aufträge insgesamt nach oben gezogen haben sollten. Doch auch ohne diese Komponente dürften die Aufträge zugelegt haben. Von der dritten BIP-Veröffentlichung für Q3 sind keine größeren Änderungen zu erwarten (Do.).

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 18.12.2017
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr)November1.51.5
Verbraucherpr. Kernrate Euroland (% zum Vorjahr)November0.90.9
Wohnungsmarktindex USA (Punkte)Dezember7070
Dienstag, 19.12.2017
Ifo Geschäftsklima Deutschl. (Punkte)Dezember117.7117.5
Ifo Aktuelle Geschäftsklima Deutschl. (Punkte)Dezember124.8124.4
Ifo Geschäftserwartungen Deutschl. (Punkte)Dezember110.8110
Wohnungsbaubeginne USA (Tsd.)November12501290
Leistungsbilanz USA (Mrd. $)Q3-116.5-123.1
Mittwoch, 20.12.2017
Erzeugerpreise Deutschland (% zum Vorjahr)November2.92.7
Donnerstag, 21.12.2017
Bank of Japan Zinsentscheid (%)Dezember-0.1-0.1
Philly Fed Index USA (Punkte)Dezember23.122.7
BIP USA (% zum Vorquartal, annualisiert)Q33.33.3
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)Dezember0.10.1
Freitag, 22.12.2017
GfK Verbrauchervertrauen Deutschl. (Punkte)Januar10.810.7
Auftragseing. langl. Güter USA (% zum Vormonat)November1.8-0.8
Private Einkommen USA (% zum Vormonat)November0.40.4
Konsumausgaben USA (% zum Vormonat)November0.60.3
PCE-Deflator USA (% zum Vorjahr)November1.81.6
PCE-Deflator Kernrate USA (% zum Vorjahr)November1.51.4
Uni Michigan Konsumentenvertr. (Punkte)Dezember97.296.8
Neubauverkäufe USA (Tsd.)November651685