An den Aktienmärkten besserte sich vergangene Woche die Stimmung wieder; die führenden Aktienindizes knüpften an ihren mittelfristigen Aufwärtstrend an. Hierbei ließen sich die europäischen Märkte durch einen festeren Euro kaum bremsen. Der DAX erholte sich auf rund 12.600 Punkte, nachdem er die Woche davor bis auf fast 12.300 Zähler abgerutscht war. Der S&P 500 näherte sich sogar wieder seinem Allzeithoch von 2454 Punkten vom 19. Juni.
Eine wichtige Ursache für die Kurserholung war der von Börsianern positiv aufgenommene Rechenschaftsbericht von Fed-Chefin Janet Yellen vor dem Finanzausschuss des US-Repräsentantenhauses. Sie gab dort eine stärkere Unsicherheit bezüglich der künftigen Inflationsentwicklung zu, während sie die schwache Inflation bislang als rein temporäres Phänomen eingestuft hatte.

Trotz verhaltener Inflation Fed-Zinsanhebungen wahrscheinlich

Die aktuellen US-Inflationszahlen bestätigen die Einschätzung Yellens. Denn die Teuerungsrate sank von 1,9 Prozent im Mai auf 1,6 Prozent im Juni; gleichzeitig legten die von der Fed stärker beachteten Verbraucherpreise ohne Energie und Nahrungsmittel – die sogenannte Kernrate – gegenüber dem Vormonat lediglich um 0,1 Prozent zu. Gegenüber Vorjahr verharrte die Kernrate bei 1,7 Prozent und blieb somit niedriger als von der Fed erhofft.

Dennoch gehen die amerikanischen Notenbanker davon aus, dass die US-Wirtschaft weitere behutsame Zinsanhebungen verkraften werde. Yellen wies allerdings auch darauf hin, dass die Fed den Leitzins rein datenabhängig anheben werde. Weiterhin in Aussicht stellte sie den Beginn des Bilanzabbaus noch in diesem Jahr. Letztlich hielt sich die Fed-Chefin mit ihren Aussagen alle Türen offen. Eine weitere Änderung der Geldpolitik wird frühestens für die September-Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) der Fed erwartet. Bis dahin ist Zeit genug, dass die veröffentlichten Daten das Inflationsbild der amerikanischen Währungshüter noch deutlich prägen.

Nicht nur Yellen, auch einige ihrer Kollegen äußerten sich letzte Woche. Fed-Gouverneurin Lael Brainard und Kansas City Fed-Chefin Esther George drängten darauf, bald mit dem Bilanzabbau zu starten. Brainard sieht die aktuelle Inflationsschwäche zwar nur als vorübergehend an, möchte jedoch mit einem weiteren Zinsschritt abwarten, bis die Inflationsdaten sich verbessert haben. Ähnlich zögerlich zur Zinsanhebungsstrategie meldeten sich Dallas Fed-Chef Robert Kaplan und Minneapolis Fed-Präsident Neel Kashkari zu Wort. Letzterer wies auf den geringen Lohndruck hin und erkennt keine Anzeichen für eine Überhitzung des US-Jobmarkts.

Vergangene Woche wurden zudem mehrere Fed-Personalien öffentlich diskutiert. So nominierte US-Präsident Donald Trump mit Randal Quarles einen ehemaligen Mitarbeiter des Finanzministeriums für die Position des Fed-Vize-Vorsitzenden, der für das Thema Regulierung zuständig ist. Quarles gilt als bankenfreundlich und sollte daher die lockere Regulierungspolitik von Präsident Trump in der Fed vertreten. Zudem deuten Medienberichte darauf hin, dass der aktuelle wirtschaftspolitische Berater Trumps, Garry Cohn, als Nachfolger von Janet Yellen nominiert werden soll. Yellens Amtszeit endet Ende Januar 2018. Cohn arbeitete 27 Jahre bei der Investmentbank Goldman Sachs und gilt als ausgewiesener Kenner der Finanzmärkte. Als Trump-Vertrauter dürfte er einen strafferen geldpolitischen Kurs unterstützen. Beide Personalien müssten vom US-Senat bestätigt werden.

Rückenwind für die Börsen von der Konjunktur

Die US-Konjunkturdaten fielen vergangene Woche wieder einmal gemischt, aber insgesamt nicht unfreundlich aus. Beispielsweise sind die nominalen Einzelhandelsumsätze von Mai bis Juni gesunken, nachdem sie im Vormonat ebenfalls bereits ein Minus verzeichnet hatten. Der Blick in die Details zeigt, dass der Rückgang der Einzelhandelsumsätze von verschiedenen Faktoren getrieben war. Interessanterweise gehören die Automobilverkäufe nicht dazu, obwohl dies die gesunkenen Preise für Autos hätten vermuten lassen. Tatsächlich fiel der Umsatzrückgang bei Kaufhäusern und Superstores mit einem Minus von 3,1 Prozent zum Vormonat am größten aus. Doch auch Restaurants, Sport- und Hobbyläden sowie Tankstellen mussten Einbußen bei ihren Verkaufserlösen hinnehmen. Zusammengenommen lagen die Einzelhandelsumsätze im zweiten Quartal damit nur 0,2 Prozent über Vorquartal nach einem Plus von 1,0 Prozent im Jahresanfangsquartal.

Die mit Verspätung veröffentlichten Daten zu den realen Umsätzen lassen aber darauf schließen, dass dieses Plus preisbereinigt deutlich höher ausgefallen sein dürfte.
Deutlich besser als bei den Einzelhandelsumsätzen sieht es bei der US-Industrieproduktion aus. Diese stieg im Juni den fünften Monat in Folge. Hier war einer der Hauptantriebskräfte der Bergbau, der durch die Unterstützung der Fracking-Industrie seinen Output um 1,6 Prozent zum Vormonat ausweitete. Hier deutet sich an, dass sich die Fracking-Industrie an die niedrigeren Ölpreise angepasst hat und es sich auch bei einem solch ermäßigten Preisniveau noch lohnt, die Förderung nach oben zu fahren. Eine robuste Produktionsentwicklung meldete zudem das Verarbeitende Gewerbe, während sie bei den Energieerzeugern stagnierte.

Stärker als erwartet fiel auch in der Eurozone die Industrieproduktion aus. Sie stieg von April bis Mai um 1,3 Prozent, während Analysten mit 1,0 Prozent kalkuliert hatten. Sogar wesentlich stärker als von Volkswirten prognostiziert zogen im Mai die deutschen Exporte an, nämlich um 1,4 zum Vormonat (Konsens-Prognose +0,3 Prozent). Das bedeutet, dass sich mittlerweile „harte“ Konjunkturdaten aus dem Euroraum stärker verbessern, nachdem in den vergangenen Monaten primär die Frühindikatoren positiv überrascht hatten. In China übertrafen die Exportzahlen von Juni die Prognosen gleichfalls spürbar.
Nachdem zuletzt auch die US-Konjunkturdaten wieder besser ausgefallen sind als erwartet – insbesondere die wichtigen ISM-Indizes –, hat der Economic Surprise Index der Citigroup, der Abweichungen der veröffentlichten Konjunkturdaten von den Konsens-Prognosen misst, für den G10-Raum nach oben gedreht. Somit geht von den globalen Konjunkturdaten tendenziell wieder eine positive Wirkung auf die Aktienmärkte aus.

Unternehmens-Quartalssaison mit Impulsen für die Märkte

Mit Beginn der Unternehmens-Berichtssaison, die am Freitag mit den Quartalsberichten großer US-Banken (JPMorgan Chase, Wells Fargo, Citigroup) richtig startete, rücken auch die Unternehmensgewinne stärker in den Vordergrund. Die positiven Konsens-Gewinnerwartungen, die für 2017 von Gewinnanstiegen auf Basis der großen Indizes in Europa bzw. den USA zwischen zehn und 13 Prozent ausgehen, wurden im Verlauf des zweiten Quartals angehoben, insbesondere beim DAX. Für 2018 werden weitere Gewinnanstiege zwischen acht Prozent (DAX) und zwölf Prozent (S&P 500) erwartet.

Damit wirken die Unternehmensgewinne derzeit positiv auf die Aktienkurse. Bleiben die Gewinnerwartungen stabil, können die Aktienindizes auch bei unveränderten Bewertungen im Zeitablauf zulegen. Dies war vor allem beim DAX in den vergangenen Monaten schon zu beobachten. So liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis erwarteter Zwölfmonatsgewinne seit Jahresbeginn kaum verändert bei etwa 13,4 – obwohl der DAX in dieser Zeit um zehn Prozent nach oben gegangen ist. Dabei haben die Dividenden knapp drei Prozentpunkte zum Anstieg des Performanceindex beigetragen.

Was die neue Woche bringt

Diese Woche steht die Juli-Sitzung des EZB-Rats im Fokus. Dabei dürften die EZB-Oberen erstmals intensiv diskutieren, wie die Geldpolitik im kommenden Jahr fortgesetzt wird. Entscheidungen sind kaum zu erwarten, lediglich auf die Option einer nochmaligen Anhebung des monatlichen Volumens der Anleihenkäufe werden die Währungshüter wohl verzichten.

In letzter Zeit haben Falken und Tauben im Rat ihre Positionen erkennbar angenähert. Den Anfang machte EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeure Mitte Mai. Er warnte, eine zu vorsichtige Anpassung der Geldpolitik berge das Risiko, dass die Schritte später umso heftiger ausfallen müssten. Und EZB-Präsident Draghi erklärte erst vor kurzem, die Notenbank könne durch die temporär niedrigere Inflation hindurchschauen. Auf der anderen Seite warben die Falken Sabine Lautenschläger und Jens Weidmann zwar für einen Ausstieg, erkannten aber auch an, dass die Anzeichen für eine nachhaltige Trendwende bei der Inflation bisher verhalten ausfallen.

Grundsätzlich rückt eine graduelle Normalisierung der Geldpolitik also offenbar in den Fokus des EZB-Rates. Mit schnellen Entscheidungen ist dennoch kaum zu rechnen, da die Ansichten der Ratsmitglieder im Detail wohl noch deutlich auseinandergehen. So steht der Konjunkturoptimismus im Kontrast zu der aus EZB-Sicht unbefriedigenden Entwicklung bei den längerfristigen Inflationsperspektiven. Die neuesten Konsens-Prognosen aus dem Survey of Professional Forecasters, die dem Rat auf seiner Sitzung vorliegen dürften, werden dieses Dilemma wohl bestätigen.

Außerdem steht die EZB unter Druck, weil der Rat nach eigenen Aussagen spätestens auf der Oktober-Sitzung über die Geldpolitik 2018 entschieden haben will und weil die Obergrenzen beim Anleihen-Kaufprogramm ohne Reduzierung der Käufe im kommenden Jahr erreicht werden. Andererseits scheuen einige Ratsmitglieder weitere Hinweise auf einen Ausstieg, weil die bisherigen Signale– aus EZB-Sicht – zu überzogenen Marktreaktionen geführt haben.

Gut möglich, dass die EZB auf die Option verzichtet, das monatliche Kaufvolumen noch über das aktuelle Niveau von 60 Milliarden Euro anzuheben. Denn dies erscheint angesichts der sehr robusten Konjunktur als sehr unwahrscheinlich. Zudem dürfte auf der Juli-Sitzung ein Abtasten der verschiedenen Positionen im Vordergrund stehen. EZB-Präsident Mario Draghi wird wahrscheinlich betonen, dass der Rat mehr Informationen benötigt – und dabei auf die Projektionen verweisen, die der EZB auf der Sitzung im September vorliegen werden.
Was die Konjunkturdaten betrifft, wird diese Woche in der Eurozone nur wenig gemeldet. Nach den zuletzt spürbar gestiegenen Renditen und den daher etwas schwächeren Vorgaben des Sentix Investorenvertrauens sind auch für die ZEW-Konjunkturindikatoren im Juli leichte Rückgänge zu erwarten (Di.). Zwar spricht das weiterhin hohe Niveau der Indizes für eine starke Konjunkturdynamik. Ein zweiter Rückgang der Frühindikatoren in Folge würde aber signalisieren, dass die Stimmung im Euroraum schon sehr positiv ist und Rückschlagsgefahr besteht. Die zur Veröffentlichung anstehenden Preisdaten dürften weiter nicht auf eine höhere Inflationsdynamik hinweisen. Vielmehr sollten die Erzeugerpreise im Juni infolge der etwas schwächeren Rohstoffpreise das zweite Mal in Folge gegenüber dem Vormonat gesunken sein (Do.)

In den USA steht ebenfalls eine ruhige Woche an. Datenseitig werden die Wohnungsbaubeginne für Juni veröffentlicht (Mi.). Diese sollten im Verhältnis zum Vormonat zwar wieder etwas zugelegt haben. Im Vergleich zur Entwicklung zu Jahresanfang sollte die Dynamik aber verhalten geblieben sein. Weiter optimistisch sollte der Frühindikator der Philadelphia- Fed ausfallen (Do.); er sollte im Juli nur leicht gesunken sein und eine unverändert starke Dynamik des Verarbeitenden Gewerbes an der US-Ostküste andeuten. Ob die „harten“ Konjunkturdaten diesen Aussichten folgen können, bleibt abzuwarten.
Von Seiten der Fed werden keine Neuigkeiten erwartet. Ab Samstag, 15. Juli, gilt für das FOMC eine Kommunikationspause bis zur Sitzung am 26. Juli. Politisch geht der Blick zum US-Senat, wo in dieser Woche ein neuer Gesetzesvorschlag für die Gesundheitsreform zur Abstimmung gebracht werden soll. Bisher verhindern bis zu zehn republikanische Senatoren eine erfolgreiche Abstimmung.
Die japanische Notenbank dürfte auf ihrer Juli-Sitzung keine Änderung der Geldpolitik beschließen (Do.). In China hat sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal wohl auf 1,8 Prozent zum Vorquartal beschleunigt haben (Mo.). Dabei sollte sowohl die heimischen Investitionen wie auch der stärkere Außenhandel die chinesische Konjunktur gestützt haben. Die BIP-Jahresrate dürfte damit unverändert bei etwa 6,8 Prozent gelegen haben. Dies deutet auf eine weitere Stabilisierung der chinesischen Konjunktur hin.

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 17.7.2017
Industrieproduktion China (% zum Vorjahr)Juni6.56.5
BIP China (% zum Vorjahr)Q26.86.9
Empire State-Index USA (Punkte)Juli1519.8
Dienstag, 18.7.2017
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr)Juni1.31.3
Verbraucherpreise Kernrate Euroland (% zum Vorj.)Juni1.11.1
ZEW-Konjunkturerwartungen Deutschl. (Punkte)Juli18.318.6
NAHB Wohnungsmarkt-Index USA (Punkte)Juli6867
Mittwoch, 19.7.2017
Wohnungsbaubeginne USA (Tsd.)Juni11601092
Donnerstag, 20.7.2017
Bank of Japan Zinsentscheid (%)Juli-0.1-0.1
EZB Zinsentscheid (%)Juli00
Philly Fed-Index USA (Punkte)Juli21.527.6
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)Juli-1.1-1.3
Freitag, 21.7.2017
keine wichtigen Daten