Der deutsche Leitindex DAX hat vergangene Woche einen Spurt hingelegt und ein Wochenplus von fast zwei Prozent verzeichnet. Es war der vierte Wochenzuwachs in Folge, was die längste Gewinnserie seit einem guten halben Jahr bedeutet. Der EuroStoxx gewann knapp ein Prozent, beide Indizes verbuchten den besten September seit vier Jahren.
Ausschlaggebend dafür, dass sich an den europäischen Aktienmärkten zuletzt eine freundliche Tendenz durchgesetzt hat, war zu einem Gutteil der schwächere Euro. Ausgelöst wurde dessen Rückgang gegenüber dem Dollar durch eine Rede von Janet Yellen, der Chefin der amerikanischen Notenbank Fed. Obwohl sie eine hohe Unsicherheit in Bezug auf die Inflationsentwicklung einräumte, kam sie zu dem Schluss, dass es unvorsichtig wäre, die Geldpolitik erst dann weiter zu straffen, wenn die Inflation wieder bei zwei Prozent läge. Vielmehr müssten ihrer Ansicht nach die Leitzinsen trotz der Unsicherheit weiter angehoben werden, um nicht später wegen einer konjunkturellen Überhitzung durch forsche Zinserhöhungen eine Rezession zu riskieren. Die aus den Fed Fund Futures abgeleitete erwartete Wahrscheinlichkeit für eine weitere Fed-Zinsanhebung im Dezember stieg daraufhin um zehn Prozentpunkte auf 73 Prozent.

Trump stellt Steuerreformpläne vor

Der US-Aktienmarkt erhielt vergangene Woche durch die Vorstellung der Eckpunkte einer Steuerreform durch US-Präsident Donald Trump positive Impulse. Die Steuerreformpläne sehen eine Senkung der Unternehmensteuer von 35 auf 20 Prozent vor, eine Vereinfachung des Steuersystems und eine Senkung des Spitzensatzes bei der Einkommensteuer von 39,6 auf 35 Prozent. In den vergangenen Monaten waren die Erwartungen an die wirtschaftliche Reformagenda Trumps deutlich gesunken, was zu einer Abkehr institutioneller Investoren von amerikanischen Aktien führte.
Unter Aktienanalysten gehen die Meinungen auseinander, ob die Umsetzung der Pläne den Börsen zusätzlichen Schwung verleihen wird. Während einige Experten durchaus positives Überraschungspotenzial sehen, rechnen andere mit keinen positiven Impulsen. So betonen die Analysten der Rabobank: “Es scheint unwahrscheinlich, dass sie das Wachstum dauerhaft beschleunigen. Außerdem sind die Erleichterungen für die Unternehmen weniger großzügig als bei vorangegangenen Trump-Vorschlägen.”

Wer folgt auf Yellen?

Für Aufmerksamkeit an den Märkten sorgte US-Präsident Donald Trump aber nicht nur mit seinen Steuerplänen, sondern auch mit seiner Suche nach einem Kandidaten für das Amt des Notenbankchefs. Nach eigenen Angaben will er in den kommenden zwei bis drei Wochen über die Nominierung entscheiden. Vor Journalisten erklärte Trump, dass er bereits mit vier Kandidaten gesprochen habe. Einem Insider zufolge war darunter auch der Ökonom Kevin Warsh – ein Trump-Vertrauter, der zum Lager derjenigen gehört, die im Fachjargon “Falken” genannt werden und die eine straffere Geldpolitik befürworten. Yellens Mandat läuft im Februar 2018 ab. Ob es verlängert wird, ist unklar.

Warsh war bereits von 2006 bis 2011 Mitglied im Fed-Direktorium und trat dann wegen Meinungsverschiedenheiten über das Wertpapierkaufprogramm zurück, das die Zentralbank im Kampf gegen die Finanzkrise aufgelegt hatte. Yellen hat inzwischen mit ersten Zinserhöhungen einen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik eingeleitet und angekündigt, ab Oktober die durch das Kaufprogramm aufgeblähte Fed-Bilanz abzubauen. Spekulationen auf eine Nominierung Warshs trieben an der Börse Finanzwerte nach oben.

Lange Zeit galt Trumps oberster Wirtschaftsberater Gary Cohn als ein Favorit für den Fed-Führungsposten. Offenbar fiel er aber mit kritischen Äußerungen zu Reaktionen des Präsidenten auf rechtsextreme Ausschreitungen in Virginia beim Präsidenten in Ungnade. Auch der Stanford-Ökonom John Taylor wird als ein möglicher Kandidat für den Chefsessel der Notenbank gehandelt. Daneben sollen der Ex-Chef der Bank BB&T, John Allison, und der ehemalige Fed-Direktor Lawrence Lindsey im Rennen sein.

Lange Koalitionsverhandlungen zu befürchten

Hier zu Lande werden die Anleger von den Nachwehen der Bundestagswahl in Atem gehalten. Da die Positionen der potenziellen Koalitionäre CDU/CSU, FDP und Grüne weit auseinander liegen, ist wohl mit langwierigen Verhandlungen zu rechnen. Allen Beteiligten ist wichtig, zwecks Profilschärfung möglichst viele ihrer Anliegen durchzusetzen, weshalb die Kompromissbereitschaft zunächst gering sein dürfte. Lange Verhandlungen bedeuten jedoch Unsicherheit – und Unsicherheit ist etwas, was an Börsen nicht gut ankommt.

Im Magen liegt Börsianern darüber hinaus nach wie vor der Streit zwischen Nordkorea und den USA. Zwar halten Beobachter eine militärische Eskalation weiterhin für unwahrscheinlich. Problematisch ist allerdings, dass eine Lösung des Konflikts nur mit China möglich ist. Peking scheint aber kein gesteigertes Interesse an einer zügigen Lösung zu haben, sodass die politischen Spannungen anhalten dürften.
Bange Blicke richten Anleger auch gen Spanien, wo die Katalanen die Unabhängigkeit von Madrid anstreben. Die Zentralregierung will dies verhindern, weil sie eine Abspaltung der Region für verfassungswidrig hält. Allerdings gibt es die Hoffnung, dass sich die Lage nach dem Referendum etwas entspannen könnte, da zumindest ein Teil der Regionalregierung bereit scheint, auf eine sofortige Unabhängigkeitserklärung zu verzichten und stattdessen auf das Gesprächsangebot Madrids einzugehen.

Konjunkturdaten erfreuen Börsianer

Während die politischen Risiken also beträchtlich sind, kommen von der Konjunkturseite überwiegend erfreuliche Nachrichten. So hat sich der Economic Surprise Index der Citigroup, der Abweichungen der veröffentlichten Konjunkturdaten von den Prognosen misst, für die G10-Staaten deutlich verbessert und befindet sich wieder klar im positiven Bereich. Dabei hat sich das zwischenzeitlich negative Überraschungsmomentum der US-Daten spürbar erholt; die seit längerem positiven Datenüberraschungen in der Eurozone haben sich weiter verbessert.
In China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, hat die Industrie im September das stärkste Wachstum seit mehr als fünf Jahren hingelegt. Produktion, Auftragseingang und Verkaufspreise legten zu. Der offizielle Einkaufsmanagerindex stieg auf 52,4 Punkte von 51,7 Zählern im Vormonat. Damit liegt er den 14. Monat in Folge über der Schwelle von 50 Punkten, die Wachstum signalisiert. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Analysten hatten dagegen einen leichten Rückgang erwartet.

Die Industrie im Reich der Mitte profitiert von staatlichen Infrastrukturprojekten, einem stabilen Immobilienmarkt, höheren Absatzpreisen und einem anziehenden Export. Die jüngsten Daten kommen kurz vor dem Beginn des Kongresses der Kommunistischen Partei. Bei dem Treffen, das alle fünf Jahre stattfindet, wird unter anderem über die Wirtschaftspolitik beraten, auch wenn Ergebnisse häufig erst viel später bekanntgegeben werden. Chinas Wirtschaftsleistung war in der ersten Jahreshälfte um 6,9 Prozent gewachsen, etwas stärker als erwartet. Das Ziel der Regierung für das Gesamtjahr liegt bei 6,5 Prozent.

Was die neue Woche bringt

Im Euroraum bildet der August-Auftragseingang der Industrie in Deutschland den Höhepunkt einer sonst recht datenarmen Woche. Analysten gehen davon aus, dass die Auftragseingänge im August deutlich zugelegt haben (Fr.). Dies ist aber auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Neubestellungen im Vormonat durch unterdurchschnittliche Großaufträge ausgebremst worden waren. Ein positiver Rückprall dieser schwankungsanfälligen Komponente könnte daher der August-Rate zusätzlichen Auftrieb verliehen haben. Von der endgültigen Veröffentlichung der Markit Einkaufsmanagerindices (PMI) sind keine Überraschungen zu erwarten (Mo. u. Mi.).

In den USA werden die Arbeitsmarktdaten für September veröffentlicht. Diese sollten von den Wirbelstürmen Harvey und Irma belastet worden sein. So dürfte der offizielle Stellenaufbau bei lediglich 75 000 Jobs gelegen haben (Fr.). Diese Zahl wird in einer Unternehmensbefragung erhoben. Wenn eine Person in der Woche um den 12. September nicht zur Arbeit gekommen ist gilt sie, unabhängig von den Gründen hierfür, als nicht beschäftigt. Daher sollte diese Zahl im September sehr gering ausfallen. Die Arbeitslosenrate wird hingegen in einer Haushaltsumfrage erfasst und ist daher weniger volatil. Da sich im Arbeitsmarkt strukturell nichts geändert haben sollte, dürfte die Arbeitslosenquote bei 4,4 Prozent verharrt haben.

Die US-Frühindikatoren dürften für September insgesamt weiterhin positiv ausfallen. Zwar ist für den ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe mit einem Hurrikan-bedingten Rückgang zu rechnen (Mo.). Immerhin hatte die Region am Golf von Mexiko auch im September mit starken Überflutungen vieler Industrieanlagen zu kämpfen. Dennoch würde der Index auch bei diesem Rückgang noch auf einem relativ hohen Niveau verbleiben. Der ISM-Indikator für den Dienstleistungssektor sollte dank der insgesamt guten Einkommensentwicklung der vergangenen Monate im September leicht zugelegt haben (Mi.). Der Auftragseingang in der Industrie dürfte im August mit Blick auf die bereits vorab veröffentlichten Daten der Auftragseingänge langlebiger Güter spürbar angezogen haben (Do.).

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

Finanzmarktbericht – DAX nähert sich seinem Allzeithoch