Nachdem US-Präsident Donald Trump im Kongress mit seinem Vorhaben, Obamacare abzuschaffen, kläglich gescheitert war, kamen an den Finanzmärkten Sorgen auf, es könnte auch bei den groß angekündigten staatlichen Steuer- und Ausgabenplänen zu Problemen kommen. Diese wurden aber von den Anlegern offenbar rasch beiseite gewischt, da sich die Aktienmärkte sowohl in den USA als auch in Europa zügig erholten. Dabei legten die Börsen diesseits des Atlantiks sogar stärker zu als in Amerika, obwohl der festere Euro Exportwerte tendenziell bremste. Gleichzeitig ließ der offizielle Antrag des Vereinigten Königreichs zum Austritt aus der Europäischen Union nach Artikel 50 die Märkte kalt.

Aktienstrategen führen die zuletzt überdurchschnittliche Kursentwicklung europäischer Aktien zum Teil auf gesunkene politische Risiken zurück. Weil der Rechtspopulist Geert Wilders bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden schlechter abschnitt als erwartet, werden nun der Front National-Kandidatin Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich deutlich geringere Gewinnchancen eingeräumt als dem liberalen Kandidaten Emmanuel Macron.

Ifo-Geschäftsklima übertrifft Erwartungen

In erster Linie sind die gestiegenen Aktiennotierungen jedoch eine Folge der anhaltend starken Konjunkturdaten. Diese deuten darauf hin, dass die globale Konjunktur Fahrt aufnimmt, was die Bewertungen an den Aktienmärkten nach oben treibt. Die Daten der vergangenen Woche haben dies einmal mehr unterstrichen. So ist der Economic Surprise Index der Citigroup, der Abweichungen der veröffentlichten Konjunkturzahlen von den Konsens-Prognosen misst, für die G10-Länder auf hohem Niveau erneut gestiegen. Dabei sind derzeit sowohl die Teilindizes für die USA, als auch für Eurozone und die Schwellenländer weit im positiven Bereich.

In Deutschland überraschte vor allem der ifo-Geschäftsklimaindex positiv und verbesserte sich von 111,1 auf 112,3 Punkte. Hierbei stieg die für am Aktienmarkt besonders stark beachtete Komponente für die Geschäftserwartungen deutlich von 104,2 auf 105,7 Zähler. Volkswirte hatten lediglich mit einer Seitwärtsbewegung gerechnet. In den USA freuten sich die Investoren über den kräftigen Anstieg des Konsumklimaindex des Conference Board, der von 116,1 auf 125,6 Punkte nach oben sprang, während Analysten von einem leichten Rückgang ausgegangen war. Offensichtlich gewichten die Anleger derzeit die starken Konjunktur-Frühindikatoren stärker als die Skepsis an der schnellen Umsetzung umfangreicher Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen durch die Regierung Trump in den USA.

Keine eindeutigen Branchentrends

Trotz der starken Konjunkturzahlen waren in Europa zuletzt keine eindeutigen Kurstrends von zyklischen Branchen einerseits und defensiven Sektoren andererseits zu beobachten. Beispielsweise konnten sich im März die defensiven Bereiche Utilities und Telecommunications nach längerer Zeit unterdurchschnittlichen Kursverlaufs besser entwickeln als der Markt. Demgegenüber blieb Healthcare als klassisch defensiver Sektor im relativen Vergleich hinter den Gesamtmarkt zurück. Die zyklischen Branchen konnten im März mehrheitlich leicht outperformen, bei Banken und Versicherungen verlief die Entwicklung ebenfalls überdurchschnittlich.

US-Fiskalpolitik rückt in den Fokus

Der Umstand, dass die politischen Risiken gegenwärtig an Einfluss auf die Märkte verloren haben, könnte sich schon bald wieder ändern. Denn den USA steht die nächste Bewährungsprobe ins Haus. Aktuell sind die Staatsausgaben noch durch eine Übergangsfinanzierung gesichert, die am 28. April endet. Bis dahin muss vom Kongress ein neuer Finanzierungsplan für den Staatshaushalt verabschiedet werden. Gelingt das nicht, kommt es zum „Government Shutdown“, was bedeutet, dass alle nicht-überlebensnotwendigen Bundesbehörden geschlossen werden. Da der Kongress nur in der ersten und der letzten Aprilwoche tagt, ist es unrealistisch, dass ein regulärer Budgetplan verabschiedet wird. Die Verhandlungen über einen solchen dauern nämlich in der Regel mehrere Monate. Also wird wohl eine neuerliche Übergangsfinanzierung notwendig, die auf dem letzten regulär abgestimmten Haushaltsplan basiert.

Am 16. März hat Trump zusammen mit seinem ersten Haushaltsentwurf für das Fiskaljahr 2018 auch eine Übergangsfinanzierung für den Zeitraum vom 29.4. bis zum 30.9. vorgelegt (das neue Fiskaljahr beginnt am 1.10.). Sie enthält einige Ausgabenänderungen im Sinne der „America First“-Politik. So werden 25 Mrd. Dollar mehr an Mitteln für die Grundausstattung des US-Militärs veranschlagt. Weitere fünf Mrd. Dollar an zusätzlichen Mitteln sollen für Auslandseinsätze im Kampf gegen den IS eingesetzt werden. Ausgabenerhöhungen im nicht-militärischen Haushalt gibt es auf Seiten des Grenzschutzes, wo für die stärkere Sicherung der Grenze zu Mexiko, als Vorbereitung für den Bau einer Mauer, mehr Personal eingestellt werden soll.

Einen Großteil der Mehrausgaben will Trump bei den zivilen Budgetposten einsparen. Unter anderem sollen die Mittel der Umweltbehörde verringert, im Außenministerium die Finanzierung der Entwicklungshilfe erheblich gekürzt und Programme zur Kunstförderung nicht mehr finanziert werden. Insgesamt würden die vorgeschlagenen Änderungen das Haushaltsdefizit um 15 Mrd. Dollar steigen lassen. Trumps Plan geht jetzt an die Haushaltsausschüsse der beiden Kongresskammern, wo zusätzliche oder alternative Änderungsvorschläge zur Abstimmung gebracht werden könnten. Trump muss sich bei den Verhandlungen sowohl mit dem erzkonservativen Flügel der Republikaner als auch mit den Demokraten arrangieren. Bei der Gesundheitsreform war er an beiden gescheitert. Drei mögliche Szenarien für Ende April sind denkbar.

Erstes Szenario: Der Kongress akzeptiert Trumps Pläne, so dass die Haushaltfinanzierung bis Ende September gesichert wäre. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist gering. Schließlich verstoßen die höheren Verteidigungsausgaben gegen die automatische Ausgabenbremse, die seit 2013 in Kraft ist. Um diese aufzuheben, benötigt Trump eine Mehrheit von 60 Stimmen im Senat, die er nicht hat.

Zweites Szenario: Es kommt zu keiner Einigung, was infolge des engen Zeitplans nicht ausgeschlossen werden kann. Fallen die Änderungen der Pläne durch den Einfluss einer der Verhandlungsgruppen zu stark aus, dürfte die jeweilig andere Gruppe die Abstimmung verhindern. Dann käme es am 29. April zum Government Shutdown, in dem alle Bundeseinrichtungen, die nicht der Grundversorgung dienen (fast alle Ministerien, Behörden, Nationalparks) geschlossen werden, bis die Finanzierung neu geregelt wird.

Drittes Szenario: Man beschließt eine einfache Übergangsfinanzierung ohne Änderungen in den Ausgabenbereichen. Dies wäre ein bereits häufig genutzter Kompromiss zwischen den Parteien. Die Streithähne einigen sich, da die Übergangsfinanzierung in der unveränderten Form Teil eines bereits abgestimmten Budgetplans ist.
Es ist zu erwarten, dass die Haushaltsabstimmung im Kongress erst in den letzten Tagen oder sogar Stunden vor dem Auslaufen der Finanzierung am 28. April erfolgt.

Wahrscheinlichstes Szenario ist dabei eine einfache Übergangsfinanzierung ohne Ausgabenänderungen. Seit der Verhandlung zur Gesundheitsreform ist das Risiko, dass Konservative und Demokraten auf ihren Forderungen beharren, allerdings gestiegen.

Geldpolitik bleibt Stütze für die Aktienmärkte

Während von der US-Finanzpolitik Ungemach droht, wirkt die expansive Geldpolitik weiter unterstützend für die Aktienmärkte. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat jüngst ein willkommenes Alibi für eine Fortsetzung ihres extrem lockeren Kurses erhalten. Denn die Inflationsrate der Eurozone ist von 2,0 Prozent im Februar auf 1,5 Prozent im März gefallen. Maßgebend hierfür ist der auslaufende Basiseffekt beim Ölpreis. Ökonomen erwarten, dass die Teuerungsrate noch längere Zeit unterhalb des EZB-Ziels von knapp zwei Prozent liegen wird. Darüber hinaus werden die Notenbanken mögliche Finanzrisiken aus der Brexit-Debatte einkalkulieren und in deshalb kein Risiko eingehen. Attraktivere Anlagezinsen sind demzufolge auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, die Dividendenrenditen bleiben wesentlich höher. Geldpolitisch spricht wenig für ein Ende der mittlerweile achtjährigen Aktienhausse.

Was die neue Woche bringt

Im Euro-Raum steht das Protokoll zur März-Sitzung der EZB zur Veröffentlichung an (Do.). Dieses könnte weitere Details zum Stand der Diskussion über eine künftige Exit-Strategie bringen. Die Euro-Finanzminister werden auf dem Treffen der Eurogruppe auch den Stand der Reformen in Griechenland diskutieren (Fr.). Ein Abschluss der zweiten Prüfmission und damit die Freigabe weiterer Kredittranchen sind aber nicht zu erwarten.

Die Einkaufsmanagerindizes (PMI) im Euroraum dürften in der endgültigen Veröffentlichung ihre positive Entwicklung im März bestätigen (Mo./Mi.). Angesichts des unerwartet starken Anstiegs und des erst kürzlich erfolgten offiziellen Brexits könnten allerdings die Indikatoren für das Verarbeitende Gewerbe (Mo.) mit den zuletzt eingetroffenen Bewertungen im Vergleich zur vorläufigen Veröffentlichung, die auf etwa 80 Prozent aller Antworten basierte, leicht abwärts revidiert werden.
Die harten Konjunkturdaten für Deutschland dürften die Konjunktureuphorie der Umfragen weiterhin nicht ganz bestätigen. Nach den enttäuschenden Zahlen im Januar dürfte der Auftragseingang der Industrie im Februar zwar wieder nach oben gezeigt haben. Erneut unterdurchschnittliche Großaufträge dürften jedoch ein kräftiges Plus verhindert haben, womit die Bilanz der ersten beiden Monate 2017 mager ausfällt (Do.).

Angesichts des hohen Auftragsbestands sollte die Industrieproduktion die enormen Schwankungen der Neubestellungen jedoch weiterhin nahezu ausblenden können und im Februar, nach dem soliden Anstieg im Januar, das Vormonatsniveau knapp gehalten haben (Fr.). An der Nachfrage aus dem Ausland scheitert eine Produktionsausweitung derzeit nicht. Trotz erster Bremsspuren durch den Brexit und die damit schwindende Nachfrage aus Großbritannien sollten sich die Warenausfuhren im Februar erneut ausgeweitet haben (Fr.).
In den USA dürfte sich der Aufwärtstrend am Jobmarkt im März fortgesetzt haben (Fr.). Der Stellenaufbau war in den vergangenen Monaten insbesondere im Bau von einer ungewöhnlich milden Witterung gestützt. Durch die Normalisierung der Wetterbedingungen sollte sich die Dynamik des Stellenaufbaus insgesamt auf 174.000 Stellen verlangsamt haben. Die Arbeitslosenquote dürfte im März bei 4,7 Prozent gelegen haben.

Neben dem Arbeitsmarktbericht stehen in dieser Woche die Stimmungsindikatoren im Fokus. Dabei dürfte der ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe dank des etwas niedrigeren Ölpreises, der die ölfördernde Industrie ausbremst, im März etwas schwächer ausgefallen sein (Mo.). Mit seinem neuen Stand von 57 Punkten würde er aber weiterhin für eine deutliche Ausweitung der Industrieaktivitäten sprechen. Im Dienstleistungssektor hat der ISM-Frühindikator sein hohes Niveau wohl gehalten (Mi.). Hier zeigen sich bislang keine bremsenden Effekte durch Zweifel an der von Trump angekündigten Steuerreform.

Politisch ist vor allem der Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Xi bei US-Präsident Trump von Interesses (Do./Fr.). Obwohl Trump sich wiederholt negativ zur chinesischen Handelspolitik geäußert hat, sollte das Treffen ohne negative Überraschungen ablaufen.

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 3.4.2017
Tankan Verarb. Gewerbe Japan (Punkte)Q11410
Tankan Dienstleist. Japan (Punkte)Q11918
PMI Caixin Verarb. Gewerbe China (Punkte)März51.751.7
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte)März58.358.3
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte)März56.256.2
Arbeitslosenrate Euroland (%)Februar9.59.6
ISM-Index Verarb. Gewerbe USA (Punkte)März5757.7
Dienstag, 4.4.2017
Einzelhandelsumsatz Euroland (% zum Vormon.)Februar0.2-0.1
Handelsbilanz USA (Mrd. US-$)Februar-46.5-48.5
Auftragseingang Industrie USA (% zum Vormon.)Februar0.91.2
Mittwoch, 5.4.2017
PMI Dienstleist. Deutschland (Punkte)März55.655.6
PMI Dienstleist. Euroland (Punkte)März56.556.5
ISM-Index Dienstl. USA (Punkte)März5757.6
Donnerstag, 6.4.2017
Auftragseingang Industrie Deutschl. (% zum Vorm.)Februar3.4-7.4
Verbraucherpreise China (% zum Vorjahr)März0.50.6
Freitag, 7.4.2017
Industrieproduktion Deutschland (% zum Vorm.)Februar-0.32.8
Exporte Deutschland (% zum Vormonat)Februar-0.52.6
Importe Deutschland (% zum Vormonat)Februar-0.42.8
Beschäftigung USA (Tsd. zum Vormonat)März174235
Arbeitslosenrate USA (%)März4.74.7