Damit hatte zwar kaum jemand gerechnet: Die Sondierungen von CDU, CSU, FDP und Grünen zur Bildung einer Jamaika-Koalition sind gescheitert. Anleger reagierten dennoch nur kurz verschnupft, der DAX drehte nach anfänglichen leichten Verlusten schon bald wieder nach oben.
Belastend wirkten vergangene Woche die Unsicherheit über die US-Steuerreform und der Rückgang des Ölpreises. Das führte dazu, dass Rohstoff- und Ölaktien überdurchschnittliche Kurseinbußen hinnehmen mussten. Rohstofftitel litten zudem unter schwächer als erwartet ausfallenden Konjunkturdaten aus China. Dort blieben die Industrieproduktion und der Einzelhandelsumsatz von Oktober unter den Erwartungen. Europäische Aktien wurden vom starken Euro belastet, weshalb der DAX auch nicht von den guten Zahlen für das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) profitieren konnte.

Deutsche Wirtschaft unter Dampf

Im dritten Quartal ist die deutsche Wirtschaft gegenüber dem Vorquartal überraschend deutlich um 0,8 Prozent gewachsen. Verglichen mit dem dritten Vierteljahr 2016 beträgt das BIP-Plus damit 2,3 Prozent. Gleichzeitig wurde die Wachstumsrate für das erste Quartal 2017 von 0,7 auf 0,9 Prozent nach oben korrigiert. Die Wachstumsimpulse kamen in erster Linie vom Außenhandel und von den Investitionen. Die Exporte stiegen stärker als die Importe, womit das BIP-Wachstum vom Außenhandel angeschoben wurde. Investitionen erfolgten vor allem im Bereich der Ausrüstungsinvestitionen. Interessanterweise war – trotz des hervorragenden Konsumklimas – bei den Konsumausgaben kaum mehr als Stagnation auf dem Niveau des Vorquartals zu verzeichnen. Allerdings hatte diese Nachfragekomponente in den Vorquartelen jeweils kräftig zugelegt.

Die aktuellen BIP-Zahlen belegen, dass die Konjunktur in Deutschland gut läuft und auf einem breiten Fundament steht. Anziehende Investitionen erlauben einen optimistischen Blick auf die kommenden Quartale, da die Unternehmen offenbar den Aufschwung als nachhaltig betrachten und bei zunehmend ausgelasteten Kapazitäten vermehrt investieren. Der Wachstumsimpuls aus dem Ausland könnte jedoch in den kommenden Quartalen infolge des zuletzt festeren Euros mit etwas Verzögerung kleiner werden.

Wichtig für die Börse hier zu Lande wird nun sein, ob die Stimmung der Anleger stärker durch die positiven Nachrichten von der Konjunkturseite bestimmt wird oder von den negativen Schlagzeilen, die die Politik produziert. Hinweise auf das Investorensentiment und die Positionierung mittelfristig orientierter professioneller Anleger gibt die monatliche internationale Fondsmanagerumfrage von Bank of America Merrill Lynch.

Anlageprofis stark in Aktien investiert

Die jüngste Umfrage zeigt eine gegenüber dem Vormonat erneut offensivere Positionierung der Profianleger. So wurden die Aktiengewichtungen zulasten der Liquidität weiter erhöht. Der Nettoanteil der Fondsmanager (Saldo aus positiven und negativen Antworten), die angaben, in Aktien relativ zu ihrer Benchmark übergewichtet zu sein, nahm von 45 auf 49 Prozent zu. Das ist der höchste Wert seit April 2015, während der Durchschnittswert seit Anfang 2010 33 Prozent beträgt. Parallel dazu ging die durchschnittliche Liquiditätsquote in den Portfolios der Befragten von 4,7 auf 4,4 Prozent zurück. Damit unterschreitet sie den Durchschnitt seit Anfang 2010 von 4,6 Prozent.
Ursache für den erhöhten Risikoappetit der Investoren sind die positiven Erwartungen für die globale Konjunktur in den kommenden zwölf Monaten. 56 Prozent der Befragten (Vormonat: 48 Prozent) halten das Szenario eines über dem langfristigen Trend liegenden Wirtschaftswachstums bei einer unter dem Trend liegenden Inflation für wahrscheinlich. 36 Prozent der Fondsmanager gehen von einer besseren Entwicklung der Weltwirtschaft in den kommenden zwölf Monaten aus, 41 Prozent von besseren Unternehmensgewinnen.
Die offensive Positionierung der Finanzprofis in Verbindung mit den zuversichtlichen Konjunktur- und Gewinnerwartungen ist insofern problematisch, als die Aktienmärkte von vielen Aktienanalysten bereits als überbewertet eingestuft werden. Dies gilt insbesondere für den amerikanischen Aktienmarkt. So stieg der Nettoanteil der Investoren, die Aktien global als überbewertet ansehen, im November auf das Rekordhoch von 48 Prozent. Daraus lässt sich ableiten, dass die Fondsmanager bei Veröffentlichung schlechterer Konjunkturzahlen zu Gewinnmitnahmen neigen dürften, was die Aktienkurse empfindlich drücken könnte.

Die regionale Betrachtung zeigt, dass die Fondsmanager überdurchschnittlich stark in Aktien der Eurozone und von Emerging Markets engagiert sind. Allerdings wurde die Gewichtung im Euroraum gegenüber Oktober etwas zurückgefahren. US-Aktien werden weiterhin unter-gewichtet, die Untergewichtung wurde aber weiter reduziert. Die nach wie vor starke Übergewichtung von Euro-Aktien könnte sich in den nächsten Monaten durchaus als hinderlich für die weitere Kursentwicklung erweisen.
Insgesamt besteht das Risiko, dass das Aktienmarktumfeld in den kommenden Monaten insgesamt rauer wird, ungeachtet des günstigen fundamentalen Umfelds mit einer robusten Weltkonjunktur und global expansiven Notenbanken. Das gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Rückenwind von Seiten der konjunkturellen Frühindikatoren, die sich vielerorts schon auf sehr hohem Niveau befinden, abflauen dürfte.

EZB-Chef Draghi: Eurozone braucht weiter geldpolitische Unterstützung

Obwohl für die europäische Wirtschaft seit geraumer Zeit positive Konjunkturzahlen gemeldet werden, ist diese gemäß EZB-Präsident Mario Draghi noch immer auf erhebliche Hilfe der Europäischen Zentralbank angewiesen. Zwar befinde sich der Währungsraum inmitten einer Phase des soliden Aufschwungs, sagte Draghi in Frankfurt auf dem “European Banking Congress”. Dennoch sei die Inflationsentwicklung weiterhin verhalten. “Wir sind noch nicht an einem Punkt angelangt, an dem die Erholung der Inflation selbsttragend sein kann ohne unsere konjunkturfördernde Geldpolitik”, meinte der Italiener. Die EZB strebt eine Teuerung von knapp zwei Prozent als Idealwert für die Wirtschaft an. Davon ist sie mit einer Rate von 1,4 Prozent im Oktober noch deutlich entfernt.
Ein Schlüsselthema sei in diesem Zusammenhang das Lohnwachstum. Zwar habe es seit Mitte 2016 zugenommen, insgesamt sei der Trend aber weiter verhalten und noch nicht wie gewünscht in der Breite angekommen. Andere Euro-Hüter hatten zuletzt ebenfalls auf das ungewöhnliche Phänomen hingewiesen, dass trotz deutlich gesunkener Arbeitslosenquoten die Löhne nicht stärker zulegen. Daher hatten sich Notenbanker für stärkeres Lohnwachstum ausgesprochen, was vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre.
Die EZB hatte im Oktober angesichts der sich verfestigenden Konjunkturerholung zwar beschlossen, ihre Wertpapierkäufe ab Januar auf 30 Milliarden Euro pro Monat zu halbieren. Die Transaktionen, die für mehr Wachstum und Preisauftrieb sorgen sollen, werden jedoch bis mindestens September 2018 fortgesetzt. Das hat Draghi zufolge auch dafür gesorgt, dass an den Märkten nun mit einem späteren Beginn der Zinswende gerechnet werde. “Die Anleihenkäufe spielen auch eine Rolle für die Signale, die sie für den künftigen Pfad der Zinsen geben”, sagte er. Experten rechnen erst 2019 mit einer Anhebung der Leitzinsen.

Meinungsverschiedenheiten bei Fed-Währungshütern

Bei der US-Notenbank Fed halten derweil die Zinsdiskussionen an. Patrick Harker von der Philadelphia Fed deutete an, für eine Zinsanhebung zu stimmen. Des Weiteren erwarte er drei Leitzinserhöhungen im kommenden Jahr. Ähnlich äußerten sich seine Kollegen Raphael Bostic, John Williams, Eric Rosengren (alle nicht stimmberechtigt) und Robert Kaplan (stimmberechtigt). Rosengren und Kaplan gehen zudem davon aus, dass der neutrale Zins aktuell niedrig sei und deshalb selbst bei hohen Wachstumsraten nur wenige Zinsschritte notwendig wären. Anders äußerte sich der nicht stimmberechtigte St. Louis Fed-Präsident James Bullard. Er sieht den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Inflation nicht mehr als gegeben an. Ein Zinsschritt im Dezember würde daher das falsche Signal senden.

Was die neue Woche bringt

Diese Woche stehen in der Europäischen Währungsunion November-Stimmungsindikatoren auf der Agenda. Die Einkaufsmanagerindizes (PMIs) der Eurozone dürften weitgehend unverändert auf hohem Niveau liegen. Einer leichten Eintrübung im Verarbeitenden Gewerbe sollte eine geringfügige Verbesserung im Dienstleistungssektor gegenüberstehen (Do.). In den größeren europäischen Ländern ist eine divergierende Entwicklung in den beiden Sektoren wahrscheinlich. So dürfte in Frankreich die Stimmung im Dienstleistungssektor leicht nachgegeben haben, wohingegen in Deutschland eine leichte Eintrübung des PMI in der Industrie wegen der sehr starken Entwicklung der Vormonate plausibel ist.
Für das ifo Geschäftsklima in Deutschland liegen die Hürden für einen nochmaligen Anstieg nach der unerwartet starken Entwicklung im Oktober hoch. Vor dem Hintergrund der sich auf breiter Basis stark entwickelnden Konjunktur ist dennoch eine weitere leichte Verbesserung der Stimmung möglich (Fr.). Die Vorzeichen für eine Fortsetzung des Aufschwungs mit der aktuellen Stärke auch am Jahresende stehen damit gut.
In den USA steht diese Woche die Industrie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Auftragseingänge langlebiger Güter werden wohl im Oktober erneut stark ausgefallen sein (Di.). Für diese Prognose sprechen die bereits veröffentlichten, sehr guten Zahlen zur Industrieproduktion im Oktober im Verarbeitenden Gewerbe. Erfreuliche Frühindikatoren deuten gleichfalls auf eine anhaltend gute Auftragslage hin.
Auch die Aussichten für das Verarbeitende Gewerbe der USA sollten rosig bleiben. So dürfte der Markit Einkaufsmanagerindex für diesen Bereich im November einen weiteren Anstieg verzeichnen (Fr.). Hierfür spricht das allgemein gute politische und konjunkturelle Umfeld für die Industrie, wo unter anderem die erwartete Senkung der Unternehmenssteuern im kommenden Jahr die Stimmung in der US-Industrie hebt.

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 20.11.2017
Erzeugerpreise Deutschland (% zum Vorjahr)Oktober2.93.1
Dienstag, 21.11.2017
keine wichtigen Daten
Mittwoch, 22.11.2017
Auftragseing. langl. Güter USA (% zum Vormon.)Oktober1.12
Uni Michigan Konsumentenvertrauen USA (Punkte)November97.897.7
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)November-1-1
Donnerstag, 23.11.2017
BIP Deutschland (2. Veröffentl.) (% zum Vorqu.)Q30.80.8
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte)November60.560.6
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte)November5554.7
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte)November58.658.5
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte)November54.955
Freitag, 24.11.2017
Ifo Geschäftsklima Deutschland (Punkte)November116.8116.7
Ifo Aktuelle Geschäftslage Deutschl. (Punkte)November125124.8
Ifo Geschäftserwartungen Deutschl. (Punkte)November109109.1
PMI Verarb. Gewerbe USA (Punkte)November109109.1
PMI Dienstleistungen USA (Punkte)November5554.6