In den deutschen Metropolen koppeln sich die Preise für Wohneigentum zunehmend von der Entwicklung der verfügbaren Einkommen ab. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie des Bundesverbands der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). In den sechs größten deutschen Städten seien die Preise seit 2007 im Schnitt um mehr als 50 Prozent gestiegen – 45 Prozent stärker als das verfügbare Einkommen der Bewohner, berichtet BVR-Vorstand Dr. Andreas Martin. Diese Entwicklung deute auf Preisübertreibungen in einzelnen Stadtvierteln der Metropolen hin, der scharfe Anstieg von Preisen und Mieten ziehe sozioökonomische Strukturveränderungen nach sich, die über das vertretbare Maß im Sinne einer ausgewogenen Stadtstruktur hinausgingen, heißt es weiter in der Studie.

Diese Entwicklung führt der BVR unter anderem auf den Re-Urbanisierungstrend und die niedrigen Zinsen zurück. Zudem lebt rund ein Viertel aller seit 2012 zugewanderten Menschen in den sechs großen Städten, in denen lediglich elf Prozent der Gesamtbevölkerung wohnen, heißt es in der Studie. Damit habe sich das Verhältnis von Wohnungen und Einwohnern zum Nachteil der Mieter und Kaufinteressenten verschlechtert. Trotz des erheblichen Preisanstiegs besteht dem BVR zufolge jedoch mittelfristig keine Gefahr für eine deutliche Preiskorrektur, da der Nachfrageüberhang sehr ausgeprägt ist.

Bundesweit keine Abkopplung der Kaufpreise vom Einkommen erkennbar

Bundesweit zeichnet sich laut BVR hingegen ein anderes Bild ab: So habe sich das Preiswachstum 2016 gegenüber dem Vorjahr zwar weiter beschleunigt, doch Übertreibungen in der Breite oder sogar eine Immobilienpreisblase sei auf Bundesebene nicht zu erkennen. Zudem hätten sich die Preise sowohl in den städtischen als auch in den ländlichen Regionen seit 2007 weitestgehend im Einklang mit den Mieten und den verfügbaren Einkommen entwickelt, betont der Verband. Gegenüber dem Wachstum der verfügbaren Einkommen der Privathaushalte seit 2007 betrug die Differenz zur Kaufpreisentwicklung in den dichter besiedelten Regionen laut Studie fünf Prozent, in den ländlichen Regionen liege die Kaufpreisentwicklung sogar deutlich hinter der Einkommensentwicklung zurück.

Ein Ende des Aufschwungs ist nach Einschätzung der BVR-Volkswirte vorerst nicht in Sicht, auch wenn der Preisanstieg sich zum sechsten Mal in Folge fortsetzte und zuletzt bei 4,8 Prozent lag. 2015 verteuerten sich Wohnimmobilien hingegen um vergleichsweise moderate 3,1 Prozent. Dabei fiel der Anstieg in den städtisch geprägten Regionen mit zuletzt 5,5 beziehungsweise 3,6 Prozent in 2015 höher aus als auf dem Land, wo der Preisanstieg 2016 bei vier Prozent gegenüber 2,5 Prozent im Vorjahr lag. Insgesamt legten die Kaufpreise in den dichter besiedelten Regionen seit 2007 um 22 Prozent, in den ländlichen Gebieten um elf Prozent zu.

Verband sieht für Metropolen politischen Handlungsbedarf

Auch wenn es nach Einschätzung des Verbands weder eine konkrete Gefahr für den Wohnimmobilienmarkt in den Metropolen noch eine Kreditblase gibt, sieht er politischen Handlungsbedarf. Damit soll beispielsweise verhindert werden, dass Wohnimmobilien an diesen Standorten vermehrt als Spekulationsobjekte erworben werden. Der Verband schlägt daher drei Leitlinien vor: So sollte in den deutschen Metropolen mehr Bauland bereitgestellt werden – etwa durch Nachverdichtung oder die Erschließung neuer Stadtviertel in Randgebieten. Zweitens sollte eine Verschärfung der Mietpreisbremse oder ein anderer Eingriff in den Vermietungsmarkt vermieden werden, um den Mietneubau nicht negativ zu beeinflussen. Drittens empfiehlt der BVR, dass die Kaufpreise nicht noch zusätzlich durch zu strenge Bauauflagen in die Höhe getrieben werden.