Führende Wirtschaftswissenschaftler aus Deutschland und Frankreich haben sich mit gemeinsamen Vorschlägen über eine Reform der Eurozone zu Wort gemeldet. Die 14 Ökonomen um DIW-Präsident Marcel Fratzscher und ifo-Chef Clemens Fuest fordern in einem kürzlich vorgelegten Papier eine bessere Überwachung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten der Währungsunion: Dazu solle eine unabhängige Institution geschaffen werden. Der Aufsichtsposten könne innerhalb der Brüsseler EU-Kommission einem speziellen Kommissar übertragen werden, dessen Unabhängigkeit über einen Sonderstatus abgesichert würde.

Denkbar sei aber auch, die Aufgabe einer Institution außerhalb der Kommission zu übertragen. Dies würde allerdings eine Vertragsänderung erfordern, räumen die Wissenschaftler ein, zu denen auch die Ökonomen Henrik Enderlein und Jean Pisani-Ferry von der Hertie School of Governance gehören. Die beiden Professoren hatten Ende 2014 im Auftrag der deutschen und der französischen Regierung Vorschläge zur Stärkung des Wirtschafswachstums erarbeitet.

Nun präsentieren sie neue Reformkonzepte, während in Berlin nach monatelanger Hängepartie die Weichen für eine künftige Bundesregierung gestellt werden. Dabei haben Union und SPD bereits den europapolitischen Kurs abgesteckt: Demnach soll unter anderem der Europäische Rettungsschirm ESM in einen Europäischen Währungsfonds umgebaut werden – und Teil des EU-Vertrags werden.

In ihrem Reformpapier verlangen die Volkswirte angemessene Kontrollstrukturen” bei der Vergabe von Hilfskrediten an Krisenstaaten in einem reformierten ESM. Hinzu kommen solle auch ein Element politischer Rechenschaftspflicht: “Beispielsweise, indem der ESM-Direktor gegenüber einem Ausschuss des Europäischen Parlaments die Hilfsprogramme erläutern und rechtfertigen muss.” Die finanzielle Kontrolle sollte demnach in den Händen der ESM-Anteilseigner verbleiben.

Zudem schlagen die Ökonomen die Einführung eines gemeinsamen Krisen-Fonds vor, der sich aus Beiträgen der Mitgliedstaaten speist und nicht durch Kreditaufnahme finanziert wird. Er soll teilnehmenden Staaten dabei helfen, große wirtschaftliche Krisen aufzufangen. Sowohl Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatten jüngst Vorschläge zur Weiterentwicklung der Euro-Zone vorgelegt. Gegen Macrons Vorschlag eines großen neuen Euro-Zonen-Budgets formiert sich aber Widerstand.