Der Geruch nach Desinfektionsmitteln, weiße Flure, piepsende Geräte: Die Wenigsten sehnen sich nach einem Krankenhausaufenthalt, dennoch sehen viele Menschen im Laufe ihres Lebens die ein oder andere Klinik von innen. Manchmal muss alles ganz schnell gehen. Manchmal kann man den Aufenthalt dort aber auch planen, bei einer anstehenden Operation beispielsweise. Treten Probleme auf oder kommt es zu Meinungsdifferenzen zwischen Patient und Krankenhauspersonal, sollten Kranke ihre Rechte kennen. Welche das sind, zeigt verbraucherblick.

Mehrere Wochen auf der Intensivstation als Folge einer Behandlungsmethode, die sie mehrfach abgelehnt hatte: So ging es Manuela Stuber. Bevor sie ins Krankenhaus kam, hatte sie schon eine lange Leidensgeschichte hinter sich. Sie erzählt, wie es damals losging: „Ich hatte urplötzlich starke Oberbauchbeschwerden. Schmerzen, die sich bis in den Rücken zogen, über mehrere Wochen. Und niemand konnte mir helfen, nichts wurde besser, nichts half.“ Stuber ging zu verschiedenen Ärzten, es gab aber keine Diagnose.

Wahl des Krankenhauses
Endlich kam dann doch eine Überweisung ins Krankenhaus. Der Verdacht: Eine chronische Bauspeicheldrüsenentzündung. Sie sollte ein paar Tage dort bleiben und untersucht werden. Sie entschied sich für ein Krankenhaus in ihrer Nähe, das ihr empfohlen wurde. Denn in Deutschland hat man das Recht auf freie Krankenhauswahl. Auswahlkriterien können sein: Erreichbarkeit des Krankenhauses mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Flexibilität der Besuchsregelung, Unterbringungsmöglichkeiten für Begleitpersonen oder Barrierefreiheit. Wichtig: Gesetzlich Versicherte müssen in ein öffentliches Krankenhaus gehen, eine Privatklinik zahlt die Kasse nicht.

verbrauchertipp: Für einen Klinikaufenthalt sollten Sie einiges vorbereiten und mitnehmen. Was dazu gehört, führt die WEISSE LISTE auf. Dazu gehören unter anderem Amts- oder Versicherungsnachweise oder ein Diabetikerausweis.

Rund 20 Millionen Menschen werden laut Statistischem Bundesamt jährlich stationär im Krankenhaus behandelt. Im Schnitt bleibt jeder sieben Tage dort. Als Patient haben Sie laut Bundesministerium für Gesundheit die Wahl unter mehr als 2000 Krankenhäusern. Es lohnt sich daher, vorher etwas zu recherchieren. Eine Krankenhaus-Suchmaschine bietet die WEISSE LISTE, auf der nach Krankheit, Behandlung, Krankenhausname und Postleitzahl gesucht werden kann. Tiefergehende Informationen sowie Qualitätsberichte bietet der Gemeinsame Bundesausschuss.

Inklusiv oder Extra
Schnarchen, Streit ums Fernsehprogramm, störende Besucher: In vielen Krankenhäusern gibt es Mehrbettzimmer, oft mit drei oder vier Betten. Als gesetzlich Versicherter hat man keinen Anspruch darauf, in ein Einbett- oder Zweibettzimmer verlegt zu werden, denn es stehen einem nur die allgemeinen Krankenhausleistungen zu – etwa Unterbringung im Mehrbettzimmer oder Behandlung durch den Stationsarzt. Nur mit einer Krankenhauszusatzversicherung hat man ein Anrecht auf ein Einbett- oder Zweibettzimmer oder eine Chefarztbehandlung. Bei Privatpatienten sind derartige Leistungen in der Regel eingeschlossen.

Aufklärungsgespräch
Bei Manuela Stuber war die Unterbringung aber nicht das Problem, das ihr im Gedächtnis geblieben ist und sogar zu einer Klage führen sollte. Im Grunde gab es zur Untersuchung ihrer Bauspeicheldrüse drei Methoden. Vor einer bestimmten Untersuchungsmethode hatte sie ihr Hausarzt vorher gewarnt. Sie erinnert sich „Diese sei sehr gefährlich und risikoreich. Für mich stand von vornherein fest, dass ich das da nicht machen lasse, diese Untersuchungsmethode.“ Beim Aufklärungsgespräch mit dem Stationsarzt habe sie diesen nach eigenen Angaben mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Untersuchungsmethode bei ihr nicht durchgeführt werden solle.

verbrauchertipp: Sie haben ein Recht auf eine zweite Meinung. Im Zweifel sollten Sie die auch einholen – nicht immer muss man beispielsweise gleich operieren.

Abends kam Stuber zufolge dann aber die Schwester mit einem Aufklärungsbogen ins Zimmer und meinte, sie müsse dies ausfüllen. Stuber erzählt: „Ich habe da drauf geguckt und war sehr erschrocken, weil es handelte sich um diese extrem gefährliche Untersuchung. Und ich habe ja in diese Untersuchung nicht eingewilligt und ich habe nichts unterschrieben.“ Sie habe sogar den Chefarzt kurz vor dem Eingriff nochmals auf ihre Ablehnung hingewiesen. Er habe sie aber nur beschwichtigen wollen. Zeugen für diese Vorkommnisse gibt es allerdings nicht.

Checkliste Aufklärungsgespräch

Patienten haben das Recht auf ein Aufklärungsgespräch, bevor eine Behandlung oder ein Eingriff ausgeführt wird. Folgende Anforderungen gelten dafür:
– Sie müssen umfassend und verständlich über Risiken, Behandlungsarten, Heilungschancen und Kosten in einem persönlichen Gespräch aufgeklärt werden.
– Bei einem chirurgischen Eingriff muss zusätzlich der Anästhesist über das Narkoseverfahren auf-klären.
– Das Gespräch muss durch den behandelnden Arzt oder durch eine Person erfolgen, die ebenfalls dazu ausgebildet ist, die Behandlung durchzuführen. Krankenschwestern und Pfleger sind nicht berechtigt.
– Ein einfaches Formular zum Ausfüllen genügt nicht.
– Für Infomaterialien und Dokumente sollten Sie sich genügend Zeit nehmen.
– Falls eine ambulante Behandlung möglich ist, müssen Sie darauf hingewiesen werden.
– Ob und wie Sie sich behandeln lassen, ist allein Ihre Entscheidung.
– Behandlung und Eingriff dürfen nur mit Ihrer Einwilligung durchgeführt werden. Diese können Sie jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen.
– Haben Sie Dokumente unterschrieben, bitten Sie um entsprechende Kopien.

verbrauchertipp: Notieren Sie sich vor dem Gespräch mit dem behandelnden Arzt wichtige Fragen, damit Sie vor lauter Aufregung nichts vergessen und haken Sie nach, falls Sie etwas nicht verstehen. Nehmen Sie zu dem Gespräch einen Angehörigen mit, dieser kann als Zeuge fungieren. Das gilt auch für Ihren Zimmernachbarn. Notieren Sie sich dessen Kontaktdaten.

Manuela Stuber wird am Ende doch mit der Methode behandelt, die sie abgelehnt hat. Und ihre Befürchtungen werden wahr, es kommt zu Komplikationen – sie erleidet während des Eingriffs innere Blutungen und muss für mehrere Wochen auf die Intensivstation. Erst nach einer Reha geht es ihr wieder besser. Stuber nahm sich einen Fachanwalt für Medizinrecht. Denn eine Einigung mit dem Beschwerdemanagement des Krankenhauses gelang nicht. Mit Hilfe ihres Anwaltes verklagte sie das Krankenhaus auf Schmerzensgeld und Schadenersatz.

„Wenn ich darüber zum jetzigen Zeitpunkt nachdenke, kochen immer wieder die Emotionen hoch. Ich weiß ganz genau, dass ich diesen Eingriff nicht wollte. Ich habe nichts unterschrieben und für mich steht fest, dass das für mich erst zu Ende ist, wenn ich Gerechtigkeit für mich bekommen habe.“

Probleme melden
Sollten Sie während eines Krankenhausaufenthalts Probleme haben, sprechen Sie Ihren behandelnden Arzt an. Bringt das keinen Fortschritt, wenden Sie sich an das Beschwerdemanagement oder die unabhängigen Patientenfürsprecher im Krankenhaus. Sollte es zu juristischen Auseinandersetzungen kommen, benötigen Sie Ihre Patientenakte. Damit können Sie Behandlungs- und OP-Verlauf nachvollziehen. Sie haben das Recht, Kopien Ihrer kompletten Patientenakte zu verlangen, aber die Kosten dafür müssen Sie übernehmen.

Nehmen Sie außerdem Kontakt zu Ihrer Krankenkasse auf. Diese unterstützt Sie mit einer Rechtsberatung und Gutachtern. Sie haben zudem die Möglichkeit, ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einzuholen. Weitere Ansprechpartner in solchen Fällen können etwa die Verbraucherzentralen, Selbsthilfeorganisationen oder der Blick in das seit 2013 geltende Patientenrechtegesetz sein. Patienten sollen damit gegenüber Medizinern sowie Hebammen, Krankengymnasten, Physio- und Psychotherapeuten und Heilpraktikern gestärkt werden. Unverändert bleibt der Grundsatz: Die Beweislast für Fehler liegt grundsätzlich beim Patienten – außer bei groben Behandlungsfehlern wie einen schwerwiegendem Verstoß gegen medizinische Standards. Ansprüche für Schadensersatz oder Schmerzensgeld verjähren in der Regel nach drei Jahren.

Die letzte Möglichkeit: Rechtlicher Beistand durch einen Fachanwalt für Medizinrecht. So wie Manuela Stuber. Ihr Fall liegt derzeit beim zuständigen Landgericht. Das betroffene Krankenhaus wollte aufgrund des schwebenden Verfahrens keine Stellung zu dem Vorfall nehmen. Das Urteil wird in ein paar Monaten gefällt.

Quelle: verbraucherblick Ausgabe 09/2016