Alle Jahre wieder müssen privat Krankenversicherte in Deutschland mit steigenden Beiträgen rechnen. Im Jahr 2017 stiegen die Beiträge im Vergleich zum Vorjahr um etwa zehn Prozent. Was viele nicht wissen: Sie haben jederzeit das Recht auf einen Wechsel in einen gleichwertigen Tarif. verbraucherblick erklärt, wie man einen günstigeren und dennoch guten Tarif findet.

Privatpatienten schätzen es, dass sie mehr Leistungen als in der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten können, die zudem noch auf ihre Wünsche abgestimmt sind. Mit steigendem Alter sind jedoch immer mehr Privatversicherte unzufrieden, weil sie deutlich höhere Beiträge bezahlen müssen als prognostiziert. Steigerungen von mehr als 30 Prozent kamen in den vergangenen Jahren immer wieder vor. Doch diese Preiserhöhungen muss man nicht stillschweigend hinnehmen.

Der Gesetzgeber garantiert, dass Personen mit einer privaten Krankenversicherung (PKV) jederzeit bei der gleichen Gesellschaft in einen Tarif mit gleichwertigen oder weniger Leistungen wechseln dürfen. Eine erneute Gesundheitsprüfung ist dafür nicht notwendig. Vor allem Personen, deren Vertrag älter als zehn Jahre ist, sollten sich informieren. Durch einen Wechsel lassen sich über 100 Euro pro Monat sparen.

Vor einem Wechsel sollten einige Fragen geklärt werden:
• Möchte ich einen gleichwertigen Tarif zu einem günstigeren Preis?
• Möchte ich einen abgespeckten Tarif zu einem deutlich günstigeren Preis?
• Möchte ich einen gleichwertigen Tarif mit einem höheren Selbstbehalt zu einem deutlich günstigeren Preis?
• Möchte ich in den Basis- oder Standardtarif wechseln? Erfülle ich dafür die Voraussetzungen?
• Möchte ich in die gesetzliche Versicherung wechseln? Erfülle ich dafür die Voraussetzungen?

Warum steigen die Tarife?
Die privaten Krankenversicherer verfolgen ein anderes Beitragsprinzip als die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). In der GKV zahlen alle Mitglieder einen Beitrag, der vom Einkommen abhängt. Alle Beiträge werden in einen großen Topf geworfen und die Krankheitskosten aller daraus bezahlt. Welche Behandlungen übernommen werden, bestimmt ein Gremium aus staatlichen Vertretern, Kassen- und Verbraucherdelegierten regelmäßig neu.

Im Gegensatz dazu kalkulieren die privaten Krankenversicherer ein persönliches Risiko für jeden Versicherten auf dessen Wunschleistungen. Daran bemisst sich sein Beitrag. In jungen Jahren, genauer gesagt zwischen dem 22. und dem 61. Lebensjahr, muss die PKV einen Teil der Beiträge als Altersrückstellung ansparen. Ab dem 65. Lebensjahr des Versicherten muss das angesparte Geld dann ohne Abzug von Kosten verbraucht werden, um Beitragserhöhungen abzufedern. Das ist gesetzlich vorgegeben, damit die Beiträge im höheren Alter nicht explodieren, wenn die Krankheitskosten steigen.

Diese Theorie funktioniert allerdings nur, wenn sich nichts an den Berechnungsgrundlagen ändert. In der Realität kommen aber deutlich weniger junge, gesunde Versicherte in die PKV. Die Lebenserwartung steigt und medizinische Behandlungskosten werden teurer. Die Versicherungen konnten durch die Finanzkrise ihre angestrebten Zinsen nicht erwirtschaften. Das alles fließt in die Berechnungen der Versicherer ein. Die Beiträge aller Tarife steigen regelmäßig. Ältere Tarife sind oft überdurchschnittlich stark betroffen, weil darin tendenziell viele alte Menschen mit hohen Krankheitskosten versichert sind.

Altersrückstellungen beim Wechsel

Wer beim gleichen Versicherer in einen anderen Tarif wechselt, kann grundsätzlich alle Altersrückstellungen und sonstigen Vorteile mitnehmen. Das gilt unabhängig davon, wie alt der Vertrag ist.

Privatversicherte, die zu einer anderen Versicherungsgesellschaft wechseln, müssen hingegen genau hinschauen. Bei Verträgen, die ab dem 1.1.2009 geschlossen wurden, können Versicherte immerhin einen Teil ihrer Altersrückstellungen in die neue Versicherung übertragen. Er berechnet sich aus dem Anteil, der den Rückstellungen des günstigen Basistarifs entspricht. Bei Verträgen, die vor dem 31.12.2008 geschlossen wurden, verbleiben hingegen sämtliche Altersrückstellungen bei der alten Versicherung. Diese verwendet sie für die restlichen Privatversicherten. Ein Wechsel zu einer anderen Gesellschaft lohnt sich daher in der Regel nicht.

Wer zurück in die gesetzliche Krankenkasse wechselt, verliert ebenfalls sämtliche Altersrückstellungen, da es diese im solidarischen Prinzip nicht gibt. Je nach Lebenssituation kann ein solcher Wechsel aber trotzdem langfristig die beste Wahl sein.

Ein neuer, gleichwertiger Tarif
Um den eigenen Beitrag zu senken, kann es daher sinnvoll sein, in einen neueren, gleichwertigen Tarif bei der gleichen Privatversicherung zu wechseln. Viele Versicherer setzen regelmäßig neue, attraktive Tarife auf. Dadurch wollen sie neue Kunden gewinnen und reagieren zum anderen auf neue Gesetze oder medizinische Erkenntnisse.

verbrauchertipp: In alten Verträgen sind oft nur bestimmte Hilfsmittel gelistet, die der Versicherer finanziert. Wenn Sie die Möglichkeit haben, in einen neueren Vertrag zu wechseln, dessen Hilfsmittel-Liste sich am medizinischen Fortschritt orientiert, sollten Sie das tun.

Über solche neuen Tarife werden Altkunden aber in der Regel nicht informiert. Daher lohnt es sich, in Abständen von etwa fünf Jahren bei der Versicherungsgesellschaft nach alternativen Tarifen zu fragen. Bitten Sie am besten darum, dass Ihnen mehrere Tarife vorgeschlagen werden, die ähnliche Leistungen wie Ihr aktueller Tarif bieten. In der Regel sind bei einer Vollversicherung ambulante, stationäre und zahnärztliche Behandlungen eingeschlossen. Lassen Sie sich die einzelnen Leistungen aufschlüsseln. Achten Sie außerdem darauf, ob es sich um einen Unisex- oder einen Bisex-Tarif handelt (siehe Kasten). Nur dann können Sie die Details mit Ihrem aktuellen Tarif vergleichen.

Unisex- und Bisex-Tarife
Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21.12.2012 dürfen Versicherer ihren Neukunden keine unterschiedlichen Tarife mehr für Männer und Frauen anbieten. Vor dem Urteil waren diese sogenannten Bisex-Tarife üblich, da Frauen statistisch gesehen länger leben und höhere Krankheitskosten verursachen als Männer. Tarife, deren Laufzeit am 20.12.2012 oder früher begann, werden mit geschlechtsspezifischen Kosten weitergeführt. Männer, die einen solchen Vertrag haben, können daher im Durchschnitt weniger durch einen Tarifwechsel in einen gleichwertigen Unisex-Tarif sparen als Frauen. Aus einem Unisex-Tarif kann man nicht mehr in einen Bisex-Tarif oder den Standardtarif für Rentner wechseln. Ein Wechsel innerhalb von Bisex-Tarifen ist aber noch möglich. Je nach Situation kann das sinnvoller sein als der Wechsel in einen neueren Unisex-Tarif.

Für die Anfrage zum Tarifwechsel gibt es Musterschreiben , die Sie individuell ergänzen können, zum Beispiel von der Verbraucherzentrale Hamburg.

verbrauchertipp: Verweisen Sie im Anschreiben auf Ihr Auskunftsrecht laut Paragraf 6 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Setzen Sie außerdem eine Frist für die Antwort.

Wenn Sie mit der Auswahl nicht zufrieden sind oder den Eindruck haben, dass die Versicherung Ihre Anfrage unnötig hinauszögert, können Sie sich bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beschweren. Hat Ihre Versicherung den Leitlinien des PKV-Verbands zugestimmt (siehe Kasten), können Sie den Ombudsmann Ihrer Versicherung einschalten. In beiden Fällen muss die Versicherung sich mit Ihrem Anliegen beschäftigen und es zügig bearbeiten. Alternativ oder zusätzlich können Sie einen Fachanwalt für Versicherungsrecht einschalten.

verbrauchertipp: Falls der Versicherer nur unzureichende Informationen schickt oder den Tarifwechsel verschleppt, können Sie später eine rückwirkende Beitragssenkung verlangen. Außerdem muss die Versicherung gegebenenfalls die Anwaltskosten übernehmen.

Neue Leitlinien zum Tarifwechsel
Seit dem 1.1.2016 gelten die „Leitlinien für einen transparenten und kundenorientierten Tarifwechsel“ . 25 Privatversicherungen haben sich verpflichtet, diese einzuhalten, darunter Allianz, Axa, Debeka, DKV und Signal Iduna.

Die Versicherungsgesellschaften sichern unter anderem zu,
• Anfragen zum Tarifwechsel binnen 15 Arbeitstagen zu beantworten,
• sämtliche Tarifalternativen oder eine sinnvolle Auswahl zu nennen,
• verständlich darzustellen, welche Mehr- und Minderleistungen die Alternativtarife beinhalten und wie hoch die Beträge sind,
• Beschwerden binnen 15 Arbeitstagen zu bearbeiten.
Unabhängig von den Leitlinien sind alle Privatversicherer gesetzlich verpflichtet, ihre Versicherten bei jeder Beitragserhöhung über ihr Wechselrecht zu informieren und auf Wunsch beim Wechsel zu unterstützen. Kunden ab 60 Jahren müssen die Versicherer sogar konkrete Tarife nennen.

Weniger Leistungen
Eine weitere Möglichkeit, den Beitrag zu senken, besteht darin, auf bestimmte Leistungen im aktuellen Vertrag zu verzichten. Viele private Krankenversicherer finanzieren Behandlungen beim Heilpraktiker, durch den Chefarzt sowie die Unterbringung im Einzelzimmer. Wer auf diese Extras verzichtet, kann viel Geld sparen.

Je nach Gesundheitszustand der versicherten Person beim Eintritt in die Versicherung erhebt die Versicherungsgesellschaft außerdem Risikozuschläge für bestimmte Leistungen. Zusätzlich haben Versicherte auch die Möglichkeit, Mehrleistungen in einem Tarif zu vereinbaren und dafür extra zu zahlen. Überprüfen Sie, ob es solche Zuschläge oder Mehrkosten in Ihrem aktuellen Tarif gibt und ob Sie darauf verzichten wollen. Eventuell sind die Kosten gar nicht mehr gerechtfertigt, weil sich Ihr Leben geändert hat.

verbrauchertipp: Eine neutrale Beratung hilft Ihnen bei der Einschätzung, welche Änderungen für Sie sinnvoll sind. Sie erhalten diese bei Verbraucherzentralen oder unabhängigen Versicherungsberatern.

Selbstbehalt erhöhen
Um die Kosten im aktuellen oder einem neuen Tarif zu senken, können Versicherte auch einen (höheren) Selbstbehalt vereinbaren. Das lohnt sich dann, wenn der Beitrag pro Jahr mehr sinkt, als der Versicherte für den Selbstbehalt bezahlen muss. Es gibt drei Varianten:

1. Der komplette Selbstbehalt. Beispiel: 500 Euro.
Sie bezahlen die ersten 500 Euro für Behandlungen im Jahr selbst. Ambulante, stationäre und zahnärztliche Behandlungen werden dafür addiert. Manche Versicherer rechnen den Selbstbehalt nicht auf Vorsorge-Untersuchungen an.
2. Selbstbehalt in einem Bereich. Beispiel: 200 Euro.
Sie bezahlen nur die ersten 200 Euro für ambulante Behandlungen im Jahr selbst. Alle Behandlungen im stationären und zahnärztlichen Bereich übernimmt die Versicherung wie gewohnt.
3. Prozentualer Selbstbehalt. Beispiel: 40 %, maximal 1000 Euro.
Sie lassen sich von jeder Rechnung nur 60 % erstatten und bezahlen die restlichen 40 % selbst. Der prozentuale Selbstbehalt (auch Quoten-Selbstbeteiligung genannt) ist auch nur für einen Bereich, beispielsweise bei ambulanten Behandlungen, möglich. Wichtig ist eine Maximalgrenze.

Vor allem Selbstständige können hier profitieren, da sie sowohl den Selbstbehalt als auch die Versicherungsprämie alleine bezahlen. Angestellte hingegen sparen nur den halben Beitrag, da der Arbeitgeber die andere Hälfte bezahlt, müssen aber trotzdem den Selbstbehalt komplett bezahlen. Für sie lohnt sich ein höherer Selbstbehalt daher selten. Auch beihilfeberechtigte Beamte können durch einen Selbstbehalt meist nur wenig sparen, da sie nur einen bestimmten Prozentsatz privat absichern müssen.

verbrauchertipp: Vereinbaren Sie einen maximalen Selbstbehalt von 1000 Euro als Selbstständige und von 500 Euro als Angestellte. Eine Senkung ist nur schwer möglich und der Versicherer darf den Selbstbehalt, ebenso wie den Beitrag, später erhöhen.

Standard- und Basistarif
Langjährig Versicherte können deutlich sparen, wenn sie in den Standardtarif ihrer PKV wechseln. Die Leistungen entsprechen dann nur noch ungefähr den Leistungen der GKV. Auch der Beitrag ist auf deren Maximalsatz begrenzt. Dieser liegt im Jahr 2017 bei 635,10 Euro (plus Zusatzbeitrag). Die meisten Kunden im Standardtarif zahlen aber deutlich weniger, da die Altersrückstellungen für einen Teil des Beitrags verwendet werden. Das ist möglich, weil viele teure Behandlungen im Standardtarif nicht abgesichert sind und die Rückstellungen dafür nicht mehr nötig sind.

Doch nur bestimmte Menschen dürfen in den Standardtarif wechseln:
• Personen, die seit mindestens zehn Jahren privat versichert sind und zusätzlich
• mindestens 65 Jahre alt sind oder
• mindestens 55 Jahre alt sind und weniger als 4350 Euro pro Monat verdienen oder
• weniger als 4350 Euro pro Monat verdienen und eine Rente beziehen. (Auch Erwerbsminderungsrenten gelten.)

Als Alternative kommt für bestimmte Personen noch der Basistarif in Frage. Dessen Leistungen entsprechen ebenfalls ungefähr den Leistungen der GKV und der Beitrag ist auf deren Maximalsatz gedeckelt. Im Durchschnitt ist der Basistarif aber deutlich teurer als der Standardtarif, weil die Versicherer mehr Personen aufnehmen müssen.

In den Basistarif dürfen wechseln:
• Personen, die sich ab dem 1.1.2009 privatversichert haben.
• Personen, die sich am 31.12.2008 oder früher privatversichert haben und zusätzlich
• mindestens 55 Jahre alt sind oder
• eine Rente oder Pension beziehen oder
• hilfebedürftig im Sinne des Sozialrechts sind.

Letztere müssen sogar nur den halben Satz des Basistarifs bezahlen. Ist auch das noch zu viel, übernimmt das Sozialamt die gesamten Kosten.

Wechsel in die gesetzliche Kasse
Der Wechsel zurück in die gesetzliche Kasse ist vom Gesetzgeber in den vergangenen Jahren stark erschwert worden. Der Sinn dahinter ist, dass das solidarische Prinzip der GKV nur funktioniert, wenn sowohl junge und gesunde als auch ältere und kranke Personen in den großen Topf einzahlen.

Folgende Personen können in die gesetzliche Kasse zurück:
• Angestellte unter 55 Jahren mit einem Jahresgehalt von mehr als 5400 Euro und weniger als 57.600 Euro, die sich nicht von der Versicherungspflicht haben befreien lassen. (Stand 2017)
• Selbstständige unter 55 Jahren, die ihr Geschäft für mindestens ein Jahr aufgeben und anschließend eine versicherungspflichtige Anstellung finden.
• Personen, die Arbeitslosengeld I beziehen.
• Studenten, Azubis und Ehrenamtler im freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr, die sich nicht von der Versicherungspflicht haben befreien lassen. Befreite Studenten, die sich zwischen Bachelor und Master für mindestens einen Monat exmatrikulieren.

Über-55-Jährige kommen nur über Umwege zurück in die gesetzliche Kasse. Wer einen gesetzlich versicherten Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner hat, kann seine Einnahmen auf unter 450 Euro im Monat reduzieren und beitragsfrei in die Familienversicherung des Partners eintreten. Die einzige Alternative besteht darin, sich eine versicherungspflichtige Beschäftigung im EU-Ausland zu suchen. Nach der Rückkehr nach Deutschland bleibt die Versicherungspflicht bestehen.

Durch die gesetzlichen Änderungen ist die PKV unattraktiver geworden. Weniger junge Menschen treten ihr bei und mehr Menschen versuchen, noch vor ihrem 55. Geburtstag wieder in die gesetzliche Krankenkasse zurückzukehren. Seit einigen Jahren wechseln sogar mehr Personen von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung als umgekehrt. Ob und wie lange das aktuelle Doppelprinzip noch funktionieren wird, stellen deshalb immer mehr Politiker in Frage.

Quelle: verbraucherblick Ausgabe 01/2017