Zahlreiche in Europa angebotenen Aktienfonds ähneln eher so genannten Indexfonds als solchen, bei denen der Fondsmanager aktiv eine eigene Strategie verfolgt. Zu diesem Ergebnis kommt der Verband Better Finance, der europäische Dachverband nationaler Anlegerschutzorganisationen. Rund jeder sechste der 1.013 untersuchten und als „aktiv gemanagt“ beworbenen Fonds klebt dermaßen eng am Vergleichsindex, dass er eher der Kategorie der passiv gemanagten Indexfonds zuzuordnen wäre. Für Anleger ist dies ärgerlich, denn so genannte Exchange Traded Funds (ETFS), die lediglich einen Index nachbilden, sind deutlich kostengünstiger, was den Ausgabeaufschlag und die jährlichen Verwaltungsgebühren angeht.

Wie Better Finance außerdem meldet, fehlen bei einem Drittel der indexnahen Fonds im entsprechenden Informationsdokument „KIID“ (Key Investor Information Document) Angaben zur Wertentwicklung des Vergleichsindex. Anlegern fehle damit die Möglichkeit, diese mit der des Fonds direkt zu vergleichen, moniert die Verbraucherschutzorganisation. Zudem wertet Better Finance dies als nicht konform mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union (EU). Wie die Analyse weiter zeigt, blieb die Mehrzahl dieser indexnahen Fonds hinter dem Vergleichsindex zurück.

Branche kritisiert Studie
Die Branche kritisiert die Studie der „Börsenzeitung“ zufolge, da sie einem zu starren Schema bei der Bewertung der Fonds folge. So seien die Fonds als zu indexnah eingestuft worden, wenn unter anderem der Active Share unter 50 Prozent lag. Dieser gibt an, wie stark die Zusammensetzung des Fondsportfolios vom Vergleichsindex abweicht. Je höher diese Kennziffer, desto größer der Unterschied. Die Fondsgesellschaft Union Investment wies gegenüber der Börsenzeitung darauf hin, dass das bloße Abweichen vom Index nicht per se eine sinnvolle Anlagestrategie darstelle.

Better Finance fordert, dass die Fondsgesellschaften seitens der Regulierungsbehörden dazu verpflichtet werden sollten, die Gebührenstruktur für als aktiv gemanagt bezeichnete Fonds zu erläutern. Während die jährlichen Verwaltungskosten der Organisation zufolge im Schnitt zwischen 0,3 und 3 Prozent liegen, sind sie für echte Indexfonds mit 0,05 bis 0,3 Porzent deutlich niedriger.

Höhe des Active Share hängt auch vom Markt ab
Auch wenn die Studie auf ein wichtiges Problem hinweist – nämlich den Etikettenschwindel bei Fonds, die nicht wirklich aktiv gemanagt werden, aber dennoch mit hohen Gebühren belastet sind – so muss folgendes beachtet werden: Je nach Anlageschwerpunkt kann der Active Share generell höher oder niedriger ausfallen, wie die Analyseagentur Morningstar anmerkt. Ein Beispiel: Deutschland-Aktienfonds mit dem deutschen Leitindex Dax als Vergleichsmaßstab dürften typischerweise größere Überschneidungen mit dem Index aufweisen, der nur 30 Unternehmen enthält.

Bei solchen Fonds sei ein Active Share von beispielsweise 50 Prozent anders zu werten als bei weltweit anlegenden Aktienfonds, die den MSCI World als Vergleichsmaßstab haben. Dieser setze sich aus mehr als 1.500 Aktien zusammen, so dass hier erst ab einem Active Share von 70 bis 80 Prozent von einem wirklich aktiv gemanagten Fonds die Rede sei. Das Fazit der Rating-Agentur: Fonds müssen nicht zwingend einen hohen Active Share aufweisen, Anleger sollten aber auf die Kosten achten.

Für die Analyse wertete Better Finance die Daten der Rating-Agentur Morningstar zu 2.332 Aktienfonds aus. 147 konnten allerdings nicht berücksichtigt werden, weil in den Fondsprospekten Angaben zum Vergleichsindex fehlten. Zu weiteren 1.172 Fonds fehlten wichtige Kennziffern wie zum Beispiel der Active Share und der Tracking Error, der die Rendite-Differenz zwischen Index und Fonds anzeigt.