Hillary Clinton oder Donald Trump – wer wird der nächste US-Präsident? Am 8. November werden die Wähler in Amerika entscheiden. Doch schon heute fragen sich Anleger, welche Branchen zu den Gewinnern, welche zu den Verlierern gehören werden.
Meistens sind Wahljahre in den USA gute Jahre für den Aktienmarkt. So schloss der US-Leitindex S&P 500 im Zeitraum von 1928 bis 2012 im Jahr der US-Präsidentschaftswahl nur sechsmal im Minus, aber immerhin 16-mal im Plus. Allerdings macht 2016 ein Faktor die Prognose besonders schwierig. Dieser Faktor heißt Donald Trump.
Es ist fast unmöglich, die Folgen eines möglichen Sieges des Präsidentschaftskandidaten der Republikaner verlässlich abzuschätzen. Deshalb dürfte der Wall Street in den kommenden Monaten noch eine Zeit der Ungewissheit mit erheblichen Kursschwankungen bevorstehen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Börsen gelassener reagieren, wenn der Wahlausgang absehbar ist. Dieses Mal gibt es jedoch viele Fragezeichen und nichts hassen die Märkte mehr als Unsicherheit.

Mehr Wachstum unter Demokraten

Einer Umfrage der US-Marktforschungsgesellschaft Pulsenomics unter 82 amerikanischen Volkswirten zufolge sind 59 Prozent der Meinung, dass sich unter einem Präsidenten Trump der Ausblick für die US-Wirtschaft verschlechtern wird, von Clinton denken das nur 29 Prozent. In der Vergangenheit lief es für die USA besser, wenn ein Demokrat im Weißen Haus saß. Gemäß einer Studie der Princeton University ist im Zeitraum von 1949 bis 2012 das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Jahren, in denen die Demokraten den Präsidenten stellten, um durchschnittlich 4,35 Prozent pro Jahr gewachsen. In den Jahren unter republikanischer Führung kam die US-Wirtschaft dagegen im Durchschnitt lediglich um 2,54 Prozent pro Jahr voran.

Chancen für risikofreudige Anleger

Wer auch immer 45. Präsident der USA werden wird, für risikofreudige Anleger ergeben sich aus der Präsidentschaftswahl durchaus Chancen. Denn aus den Wahlprogrammen der beiden Kontrahenten ist ersichtlich, dass sie zum Teil sehr unterschiedliche Ansichten darüber haben, was für die USA gut und schlecht ist. Es gibt Branchen beziehungsweise Unternehmen, die von einem Sieg Clintons profitieren könnten, aber auch welche, die mit Restriktionen rechnen müssten. Entsprechendes gilt für den Fall eines Sieges von Donald Trump.

Steuerparadies USA?

Beide Kandidaten versprechen der Mittelschicht des Landes massive Steuererleichterungen. Trump geht so weit, die Einkommen von Alleinstehenden bis 50.000 US-Dollar und bei Verheirateten bis zu 100.000 US-Dollar vollständig von der Einkommensteuer zu befreien. Sollten die Versprechen nach der Wahl eingelöst werden, dürfte sich das positiv auf den Konsum auswirken. Profitieren davon könnten unter anderem die Aktien von Handelsfirmen wie Wal-Mart oder dem Online-Händler Amazon.

Finanzsektor am Pranger

Hillary Clinton fordert, dass an der Wall Street ein Umdenken von kurzfristigem zu nachhaltigem Handeln stattfinden müsse. Sie möchte die 2008 begonnene Finanzmarktreform weiter vorantreiben. Risiken im Finanzsektor sollen in ihrer Amtszeit noch stärker von unabhängigen Regierungsbehörden überwacht werden. Für US-Bankaktien wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley wäre es daher vermutlich besser, wenn Clinton mit ihrer Präsidentschaftskandidatur scheitert. Andererseits ist die Wall Street auch von einem Präsidenten Trump wegen seiner Unberechenbarkeit nicht sonderlich begeistert.

Große Unterschiede in der Energiepolitik

Clinton will die erneuerbaren Energien massiv fördern. Sie möchte Amerika „zur saubersten Energie-Supermacht“ machen und die klimapolitischen Voraussetzungen dafür erfüllen. Sie plant, in ihrer ersten Amtszeit eine halbe Milliarde zusätzlicher Solarpanels zu installieren. Gleichzeitig soll die Energieeffizienz beträchtlich erhöht werden. Sollte Clinton ihre Vorhaben nach einem Wahlsieg umsetzen, könnte das der Erneuerbare-Energien-Branche in den USA Auftrieb geben. Ein US-Unternehmen, der in den Segmenten Energieeffizienz und Erneuerbare Energien aktiv ist, heißt General Electric (GE).
Donald Trump bezweifelt, dass der Mensch an der Erderwärmung schuld ist. Er würde vermutlich wieder zu 100 Prozent auf fossile Energien wie Öl und Kohle setzen, bevorzugt aus heimischer Produktion. Außerdem hat Trump verlauten lassen, das Klimaschutzabkommen von Paris aufzukündigen. Gewinner eines möglichen Präsidenten Trump wäre also vermutlich die US-Öl- und Gasindustrie mit Konzernen wie Exxon Mobil oder Chevron.

Pharma so oder so unter Druck

Die Gesundheitsreform von Barack Obama (Obamacare) würde Trump eigenen Aussagen zufolge wieder rückgängig machen. Stattdessen vertraut er auf den Wettbewerb, um die Kosten im Gesundheitssektor in den Griff zu bekommen. Dafür ist seiner Ansicht nach auch eine strikte Begrenzung der Einwanderung notwendig, weil bislang zu viel Geld für die Versorgung illegaler Einwanderer ausgegeben werde.
Clinton vertritt dagegen die Meinung, Obamacare solle nicht nur bestehen bleiben, sondern sogar ausgebaut werden. Den steigenden Ausgaben für Medikamente will sie vor allem durch eine stärkere Regulierung der Arzneimittelpreise begegnen. Aktienanalysten sehen US-Pharmaaktien wie Pfizer oder Merck als die Verlierer der Wahl, unabhängig davon, welcher Kandidat das Rennen macht.