Ein Unfall passiert schneller, als einem lieb ist. Kurz abgelenkt – schon kann es krachen. Wenn es zu einem Unfall gekommen ist, gelten klare Regeln. Unfallbeteiligte sind verpflichtet, sofort anzuhalten. Erste Hilfe ist wichtig, aber nicht das Einzige, was dabei zu beachten ist. Ein Überblick.

Täglich ereignen sich dutzende Unfälle auf deutschen Straßen. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei insgesamt 2,5 Millionen Verkehrsunfälle. Das heißt, pro Tag kracht es rein rechnerisch fast 7000 Mal. Gesamtwirtschaftlich betrug laut Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) der Schaden durch Unfälle auf deutschen Straßen rund 33 Milliarden Euro . Reine Sachschäden machten rund 19 Milliarden Euro aus.

Unfälle mit Toten
Die Unfallzahlen steigen – 2015 um 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Dabei starben rund 3500 Menschen – 82 mehr als 2014 , ein Zuwachs von 2,4 Prozent. „Damit ist 2015 die Zahl der Verkehrstoten das zweite Jahr in Folge gestiegen“, so Dieter Sarreither, Präsident des Statistischen Bundesamtes.

Zu hohe Geschwindigkeit ist demnach die häufigste Ursache für tödliche Verkehrsunfälle. „Im Jahr 2015 kamen 1192 Menschen bei Geschwindigkeitsunfällen ums Leben. Damit starb mehr als jeder Dritte aller im Straßenverkehr Getöteten bei Unfällen aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit“, betont Sarreither. Aber auch missachtete Vorfahrt, ungenügender Abstand oder Fehler beim Spurwechsel sind häufige Gründe für Unfälle.

Alter und Unfallgefährdung
Laut Statistischem Bundesamt macht sich der demografische Wandel auch in der Unfallstatistik bemerkbar. 1991 war erst jeder sechste Verkehrstote 65 oder älter, 2015 war es knapp jeder dritte. Der Grund: Die körperliche Widerstandsfähigkeit sinkt mit dem Alter, weswegen ältere Menschen ein höheres Risiko tragen, bei einem Unfall tödlich verletzt zu werden. 2015 waren 27 Prozent der getöteten Pkw-Insassen, 52 Prozent der getöteten Fußgänger und 52 Prozent der getöteten Radfahrer mindestens 65 Jahre alt. Besonders gefährdet ist die Generation 75+: 33 Prozent der getöteten Fahrradbenutzer und 41 Prozent der getöteten Fußgänger waren 75 Jahre oder älter.

Unfälle vermeiden
Deutschlands größter Automobilclub, der ADAC, will über das richtige Verhalten im Straßenverkehr aufklären. “Wenn alle Verkehrsteilnehmer die bestehenden Verkehrsregeln einhalten und sich fair, rücksichtsvoll und kooperativ im Straßenverkehr bewegen, können viele Unfälle verhindert werden”, heißt es dort. Jeder Einzelne sei Vorbild und trage dazu bei, wie der Straßenverkehr gelebt wird. Der ADAC empfiehlt: Nett zueinander sein, Rücksicht nehmen und Geschwindigkeit den Situationen anpassen – dadurch ließen sich Unfälle vermeiden.

Wenn es gekracht hat
Wenn es zu einem Unfall gekommen ist, sind Unfallbeteiligte verpflichtet, sofort anzuhalten. „Das gilt auch für Unfallbeteiligte, die keinen Schaden am Fahrzeug haben oder unverletzt geblieben sind”, betont die Polizei Rheinland-Pfalz in ihrem Unfallratgeber . „Wer sich vom Unfallort entfernt, obwohl er weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt wurde oder an fremden Sachen bedeutender Sachschaden entstanden ist, macht sich nach Paragraf 142 StGB strafbar“. Das kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.

Unfallflucht
Laut Polizei entfernt sich jeder vierte Unfallbeteiligte unerlaubt vom Unfallort und macht sich damit strafbar. Unfallflucht ist kein Kavaliersdelikt. Sie kann Führerschein und Versicherungsschutz kosten und wird mit Geld- oder Freiheitsstrafe belegt. Immerhin liegt laut Polizei München die Aufklärungsquote bei Unfallfluchten mit Schwerverletzten in den vergangenen Jahren bei mehr als 80 Prozent, mit tödlichem Ausgang sogar seit Jahren bei 100 Prozent.

Verhaltensregeln beim Autounfall
• Bei einem Unfall mit geringfügigem Schaden muss unverzüglich an den Fahrbahnrand gefahren werden.
• Warnblinklicht einschalten.
• Alle Fahrzeuginsassen sollten das Fahrzeug so schnell wie möglich verlassen – und zwar auf der Beifahrerseite. Nicht im Fahrzeug auf Hilfe warten, sondern hinter die Schutzplanken gehen.
• Die Unfallstelle muss vor dem nachfolgenden Verkehr abgesichert werden. Warndreieck in 100 bis 200 Metern Abstand aufstellen. Nutzen Sie dabei die Warnweste, die in jedem Fahrzeug verpflichtend mitzuführen ist.
• Notruf über die Nummer 112 absetzen. Dabei sollten Sie folgende Informationen geben (5 Ws): Wer sind sie? Wo hat sich der Unfall ereignet? Was ist passiert? Wie viele Personen sind beteiligt? Welche Verletzungen gibt es? Nicht auflegen, sondern auf Rückfragen warten.
• Bei Unfällen mit Verletzten: Erste Hilfe leisten.

verbrauchertipp: Seit 1. Juli 2014 sind Warnwesten in einem Fahrzeug mitzuführen. Als Fahrer sind Sie verpflichtet, die Weste bei einer Kontrolle vorzuzeigen und zur Prüfung auszuhändigen. Bei einem Verstoß droht ein Verwarnungsgeld. Es besteht keine Pflicht, die Warnweste auch zu tragen. Der ADAC weist jedoch darauf hin, dass es vor allem in Pannen- oder Unfallsituationen in der Dunkelheit oder bei schlechten Sichtverhältnissen empfehlenswert ist.

Rettungsgasse
Wird der Verkehrsfluss merklich langsamer oder bildet sich ein Stau, sollten sich Autofahrer an den Fahrbahnrändern orientieren und eine sogenannte Rettungsgasse freihalten, empfiehlt etwa der ADAC. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) sagt klar, dass für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen in der Mitte der Richtungsfahrbahn eine freie Gasse zu bilden ist – bei Fahrbahnen mit drei Fahrstreifen für eine Richtung zwischen dem linken und dem mittleren Fahrstreifen.

verbrauchertipp: Erste-Hilfe-Maßnahmen können in Notfällen auch im häuslichen Bereich über Leben und Tod entscheiden. Frischen Sie Ihre Kenntnisse von Zeit zu Zeit in einem Erste-Hilfe-Kurs wieder auf. Keine Angst vor Fehlern, man kann im Grunde den Zustand des Verletzten nicht verschlimmern, höchstens verbessern.

Sind Verkehrsteilnehmer nicht selbst in den Unfall verwickelt, sollten sie eines tunlichst vermeiden: Gaffen statt zu helfen. Das ist nicht nur rücksichtslos und gefährlich, sondern kann auch teure Konsequenzen haben. Laut ADAC reicht das Bußgeld von 40 bis zu 5000 Euro, wenn Einsatzkräfte behindert werden. Übrigens soll auch das Fotografieren und Filmen von Unfallopfern unter Strafe gestellt werden. Eine entsprechende Gesetzesinitiative haben die Länder im Sommer in den Bundesrat eingebracht.

Ohne Polizei
Nicht jeder Unfall muss von Ordnungskräften aufgenommen werden. Unfallbeteiligte können sich auch einvernehmlich einigen, sofern es sich lediglich um Bagatellschäden wie beispielsweise kleinere Glas- oder Blechschäden handelt. Die Polizei rät dabei, die Checklisten und Unfallprotokollvordrucke heranzuziehen, die von den Automobilverbänden und Versicherungen für solche Fälle vorgefertigt sind. Folgende Informationen sollten die Beteiligten dabei sichern: die Personalien der Beteiligten und eventueller Zeugen feststellen, beteiligte Fahrzeuge mit Typ und Kennzeichen notieren. Der Unfallhergang und die Folgen müssen beschrieben sein. Die Unfallbeteiligten müssen den Unfall innerhalb von 7 Tagen bei ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung melden. Diese kümmert sich dann um die Schadensregulierung.

Quelle: Verbraucherblick Ausgabe 12/ 2016