Überraschend kräftiges Wachstum in der Eurozone: Der Aufschwung läuft trotz Risiken wie dem Brexit überraschend gut. Gleichzeitig sinken Arbeitslosigkeit und Inflation. Letzteres dürfte die Konsumenten freuen, den Verantwortlichen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) dagegen Kopfzerbrechen bereiten.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nahm im dritten Vierteljahr um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu, wie die Statistikbehörde Eurostat in ihrer Schnellschätzung mitteilte. Volkswirte hatten lediglich mit einem Plus von 0,5 Prozent gerechnet. Im zweiten Quartal gab es revidierten Angaben zufolge einen Zuwachs von 0,7 (bisher: 0,6) Prozent.
“Es läuft derzeit rund in der Euro-Zone”, kommentierte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel die Zahlen. Noch zu Jahresbeginn hätte das kaum ein Experte für möglich gehalten. “Die Wachstumsraten dürften aber vorerst ihr Hoch hinter sich haben”, meinte Gitzel. “Für einen höheren Zuwachs wäre mehr Rückenwind von der Weltwirtschaft erforderlich.”

Zu den Wachstumslokomotiven zählt Spanien. Trotz der Katalonien-Krise legte das BIP dort im Sommerquartal um 0,8 Prozent zu. Österreich wuchs genauso schnell. Frankreich schaffte ein Plus von 0,5 Prozent. Für die deutsche Wirtschaft erwarten Ökonomen ebenfalls ein Wachstum von rund 0,5 Prozent. Eine erste Schätzung gibt das Statistische Bundesamt am 13. November bekannt.

Der Aufschwung bringt immer mehr Männer und Frauen in der Währungsunion wieder in Lohn und Brot: Mit 8,9 Prozent fiel die Arbeitslosenquote im September so niedrig aus wie seit Januar 2009 nicht mehr. Insgesamt hatten 14,513 Millionen Frauen und Männer keinen Job, 96.000 weniger als im Vormonat und 1,463 Millionen weniger als ein Jahr zuvor. Die Unterschiede bleiben aber groß: Deutschland wies mit 3,6 Prozent die niedrigste Quote aus, während sie in Griechenland mit 21,0 Prozent (im Juli) und Spanien mit 16,7 Prozent am höchsten ist.

Ungeachtet der guten Konjunktur verringerte sich der Inflationsdruck in der Eurozone im Oktober überraschend. Die Verbraucherpreise stiegen nur noch um 1,4 Prozent zum Vorjahresmonat. Volkswirte hatten mit unverändert 1,5 Prozent gerechnet. Die EZB erachtet einen Wert von knapp zwei Prozent als ideal für die Konjunkturentwicklung. Sie versucht seit längerem, mit einer Geldflut die unerwünscht niedrige Inflation nach oben zu treiben. Die EZB hat jüngst beschlossen, ihre umstrittenen Anleihekäufe ab Anfang 2018 auf monatlich 30 Milliarden Euro für zunächst neun Monate zu halbieren. Ein mögliches Ende der Käufe bleibt aber offen. Eine baldige Abkehr von der Null-Zins-Politik ist ebenfalls nicht in Sicht.