Die jüngsten Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Kündigung von Altverträgen durch Bausparkassen sorgen für Unmut unter Verbraucherschützern. Der BGH hatte entschieden, dass diese Vorgehensweise bei Verträgen rechtens ist, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind. Damit bezeichnen die Bausparkassen den Zeitpunkt, ab dem der Bausparvertrag ausreichend Guthaben aufweist, damit der Bausparer das dazugehörige Bauspardarlehen in Anspruch nehmen kann. Dies ist üblicherweise dann der Fall, wenn die Hälfte der vereinbarten Bausparsumme angespart wurde. Im verhandelten Fall ging es um zwei Bausparerinnen, die gegen die Kündigung ihrer 1978 und 1999 abgeschlossenen Verträge durch die Bausparkasse Wüstenrot geklagt hatten.
Zwar hatte das Oberlandesgericht Stuttgart zugunsten der Klägerinnen entschieden, doch die Bausparkasse ging in Revision – mit Erfolg. Die beiden Kundinnen der Bausparkasse Wüstenrot waren nicht die einzigen, die sich gegen die Kündigung durch ihre Bausparkasse zur Wehr gesetzt hatten. Insgesamt sind mehr als 250.000 Bausparer betroffen, von denen viele Klage eingereicht hatten. Als unstrittig galt bislang die Rechtmäßigkeit der Kündigung, wenn die gesamte Bausparsumme angespart wurde. Ob dies auch für zuteilungsreife Verträge gilt, wurde von den Gerichten bislang unterschiedlich beurteilt. Dies wird sich nach dem Grundsatzurteil des BGH nun voraussichtlich ändern. Bausparer dürften nun kaum noch Aussichten auf Erfolg haben, wenn sie sich gegen die Kündigung wehren wollen.
Kündigungsrecht greift nach zehn Jahren
Die Bausparkassen hatten ihre Kündigungen mit Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches begründet, der Darlehensnehmern nach Ablauf von zehn Jahren eine Kündigungsmöglichkeit einräumt. Dies gilt auch für klassische Immobiliendarlehen mit einer Zinsbindung von mehr als zehn Jahren, das Immobilieneigentümer dann kündigen können. Dem BGH zufolge gilt der Passus auch für Bausparkassen. Diese seien als Darlehensnehmer zu sehen, da sie das Ansparguthaben der Bausparer für die Vergabe der Bausparguthaben verwenden. Somit ist der Bausparer nach Ansicht des Gerichts während dieser Phase der Darlehensgeber und wird erst dann zum Darlehensnehmer, wenn er das Bauspardarlehen aufnimmt.
Die Bausparkasse wiederum übernimmt dann die Rolle des Darlehensgebers. Dieser Argumentation folgend, können Bausparkassen zugeteilte Verträge nach zehn Jahren Laufzeit rechtswirksam kündigen. Zudem betonte der BGH, dass es den Sinn und Zweck des Bausparens auf Dauer widerspreche, wenn der Bausparvertrag lediglich als Sparanlage genutzt werde. Verbraucherschützer argumentieren hingegen, dass die Bausparkasse früher sogar damit geworben haben, einen Bausparvertrag als Geldanlage abzuschließen. Bausparer, die das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen hatten, wurden je nach Tarif sogar mit Bonuszinsen belohnt.
Niedrigzinsphase belastet Bausparkassen
Dass die Bausparkassen zum drastischen Mittel der Kündigung von Verträgen greifen, liegt an der anhaltenden Niedrigzinsphase. Sie macht es den Bausparkassen immer schwerer, die bei Vertragsabschluss vereinbarten hohen Zinsen für die Bausparguthaben zu zahlen. Die Anleihen, in denen sie das Geld der Bausparer anlegen müssen, werfen kaum noch etwas ab. Hinzu kommt, dass klassische Hypothekenkredite mittlerweile so günstig geworden sind, dass Bauspardarlehen nicht mehr so attraktiv sind wie früher.
Verbraucherschützer empfehlen Bausparkunden, deren Vertrag seit weniger als zehn Jahren zuteilungsreif ist, den Vertrag bis zum Ablauf der Zehnjahresfrist laufen zu lassen, um die attraktive Verzinsung möglichst lange auszunutzen. Bietet die Bausparkasse einen Tarifwechsel an, sollte dieser gründlich geprüft werden. In der Regel dürfte sich das Umsteigen auf einen neuen Vertrag nicht lohnen.