Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland kennen seit Jahren nur eine Richtung: Aufwärts. Die Frage, ob sich der Markt einer gefährlichen Preisblase nähert, kommt daher immer wieder auf. In einem aktuellen Marktbericht sieht die Commerzbank nun immer mehr Anzeichen für eine solche Entwicklung. „Der Immobilienboom in Deutschland nimmt immer mehr Züge einer Blase an, da sich die Häuserpreise mehr und mehr von den Fundamentalfaktoren abkoppeln“, schreiben die Autoren Ralph Solveen und Marco Wagner wörtlich.

Commerzbank sieht verstärkten Trend zur Überhitzung
Schon zu Beginn des Jahres hatte die Bank in ihrem Marktbericht „Immobilienmonitor“ vor Übertreibungen am deutschen Wohnimmobilienmarkt gewarnt, die Anzeichen hierfür haben sich den Autoren zufolge mittlerweile verstärkt. So seien die Hauspreise mit einem Zuwachs von mehr als fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr ähnlich schnell gestiegen wie während des Immobilienbooms Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre.

In den Großstädten ist der Trend noch einmal stärker ausgeprägt, heißt es im aktuellen Bericht. Dies sei allerdings nicht allzu besorgniserregend. In diesen Städten handele es sich zumeist um Wirtschaftszentren, wo viele neue Arbeitsplätze entstünden, was den überproportionalen Preisanstieg rechtfertige.

Insgesamt steigen die Preise für Wohneigentum seit 2010 schneller als Mieten, Verbraucherpreise und Einkommen der privaten Haushalte, berichten die Autoren. Zwar seien die Relationen niedriger als zu Zeiten des letzten Immobilienbooms, allerdings sei auch die Inflation höher gewesen.

Niedrigzinspolitik treibt den Markt an
Als Triebfeder sehen sie die Geldmarktpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die auf absehbare Zeit an ihrer Niedrigzinspolitik festhalten dürfte. Allerdings sei kaum noch mit weiter fallenden Hypothekenzinsen zu rechnen, so die Einschätzung seitens der Bank. Sie verweist auf die Erfahrungen in den USA, dass damit mittelfristig bei weiter steigenden Preisen die Gefahr einer deutlichen Korrektur zunehme. So seien dort etwa 2003 die Immobilienpreise auch dann ungebremst weiter gestiegen, als die Zinsen wieder anzogen. Damit wurde die Finanzierung der Immobilien für die Haushalte schwieriger.

In Deutschland ist die Belastung der privaten Haushalte durch die Finanzierung der Immobilie bis Anfang 2015 noch gesunken, da Zinssenkungen und steigende Einkommen die den Anstieg der Immobilienpreise überkompensierten. Seitdem sind die Zinsen nicht mehr gefallen und der Immobilienkauf wird damit zunehmend weniger erschwinglich. Diesen für Korrekturen anfälligen Trend werten die Autoren des Berichts als ungünstig. Da sie im Verlauf des kommenden Jahres von steigenden Hypothekenzinsen ausgehen, dürfte sich diese Tendenz noch verstärken.

Als positiv werten Solveen und Wagner jedoch, dass es hierzulande bislang nicht zu Schuldenexzessen wie in Spanien oder den USA kam. So sei die Verschuldungsquote der privaten Haushalte bis Ende 2015 sogar eher gefallen als gestiegen. Daraus leiten sie eine geringere Anfälligkeit des Marktes für steigende Zinsen ab.

Kein exzessiver Bauboom in Sicht
Die Bauaufträge haben zuletzt deutlich zugenommen, was auch höhere Bauinvestitionen nach sich ziehen dürfte und in einigen Regionen die Wohnraumknappheit dämpfen sollte. Im ersten Halbjahr 2016 hatten die Aufträge im Baugewerbe gegenüber der ersten Jahreshälfte 2015 um 15 Prozent zugelegt.

Einen regelrechten Bauboom wie etwa in Spanien oder den USA vor dem Zusammenbruch der dortigen Märkte erwarten die Commerzbank-Autoren indes nicht. Zwar seien die Bauinvestitionen seit 2010 schneller gestiegen als das Bruttoinlandsprodukt, so dass sich ihr Anteil an der gesamten Wertschöpfung von fünf auf rund sechs Prozent erhöht habe. Doch dieser Wert liege unter dem langfristigen Durchschnitt von 6,3 Prozent und deutlich unter den während des Immobilienbooms um 1990 erreichten 7,5 Prozent.