Es scheint, dass das billige Geld der Europäischen Zentralbank (EZB) allmählich den Weg in die Realwirtschaft findet. Denn im zweiten Quartal sind Unternehmen in der Eurozone leichter an Kredite gekommen, berichtet die EZB. In einer Umfrage der Notenbank nannten die Institute als Hauptgrund den scharfen Wettbewerb in der Branche.
Für EZB-Chef Mario Draghi sind das kurz vor der Juli-Zinssitzung des Zentralbankrats gute Nachrichten. Mit ihrer Liquiditätsflut will die EZB unter anderem für günstige Finanzierungsbedingungen sorgen, um die Konjunktur zu stützen. Für das laufende dritte Quartal rechnen die Geldhäuser mit einer weiteren Lockerung der Bedingungen für Unternehmensdarlehen.
An der vierteljährlichen Umfrage nahmen 142 Geschäftsbanken teil. Die Erhebung fand zwischen dem 12. und 27. Juni statt. In der vorangegangenen Umfrage hatten die Banken eigentlich mit einer leichten Verschärfung ihrer Kreditbedingungen für Unternehmen gerechnet.
Die Nachfrage nach Darlehen zog im Frühjahr in allen Kategorien an. Firmenkredite waren zum Beispiel in den Niederlanden, Deutschland, Italien und Frankreich stärker gefragt. Das niedrige Zinsniveau und günstige Aussichten für den Immobilienmarkt sorgten zudem dafür, dass sich die privaten Haushalte im zweiten Vierteljahr stärker um Immobilienkredite bemühten. Für das Sommerquartal bis Ende September gehen die Institute davon aus, dass die Nachfrage nach Firmenkrediten, nach Darlehen für den Immobilienerwerb sowie nach Verbraucherkrediten weiter zunimmt.
EZB-Präsident Draghi dürfte sich die zunehmende Kreditnachfrage als Beleg auf die Fahnen schreiben, dass seine ultra-lockere Geldpolitik wirkt. Doch es bleibt ein Wermutstropfen: Die Inflation will nicht richtig anziehen. Im Juni ist sie in der Euro-Zone sogar auf 1,3 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit Jahresbeginn gesunken. Die EZB strebt knapp zwei Prozent an.