Gesundheitsfragen: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung – kurz: BU-Versicherung – ist ein wichtiger Baustein für die persönliche Vorsorge. Doch der Versicherungsschutz ist gar nicht so einfach zu erlangen: Vor dem Abschluss stehen umfangreiche Fragen zur Gesundheit. Erst wenn diese beantwortet sind, entscheidet der Versicherer darüber, ob er dem Antrag zustimmt – und ob er eventuell Risikozuschläge kalkuliert, was den Versicherungsschutz verteuert.

Nichts verschweigen!
Der Fragenkatalog sollte keineswegs unterschätzt und so detailliert und präzise wie möglich beantwortet werden. Dies ist nicht immer einfach, da die Fragen sich teils auf die letzten fünf bis zehn Jahre beziehen. Hüten sollte man sich auch davor, selbst zu beurteilen, welche Behandlungen bei Ärzten nach persönlicher Einschätzung „unwichtig“ oder „irrelevant“ sind und diese daher nicht zu erwähnen. Um auf Nummer Sicher zu gehen, sollte wirklich jede noch so banale Behandlung erwähnt werden. Denn wer etwas verschweigt oder falsche Angaben macht, geht ein hohes Risiko ein, das den Sinn der gesamten Versicherung zunichte machen kann. Tritt nämlich der Versicherungsfall Berufsunfähigkeit ein und beantragt der Kunde seine BU-Rente, prüft der Versicherer sämtliche Angaben. Stellt sich heraus, dass diese nicht korrekt waren, stellt er sich schlimmstenfalls quer und zahlt nicht – und bekommt damit möglicherweise sogar vor Gericht Recht.

Patientenakten anfordern
Die Fragen umfassen den Gesundheitszustand der letzten fünf bis zehn Jahre und dienen dazu, stationäre und ambulante Behandlungen zu erfassen, die der Kunde bereits durchlaufen hat. Es empfiehlt sich unbedingt, bei allen Ärzten, die während dieses Zeitraums aufgesucht wurden, Patientenakten anzufordern. So ist gewährleistet, dass keine Behandlung vergessen wurde, auf die es schlimmstenfalls später einmal ankommen könnte. Es empfiehlt sich außerdem, sämtliche Unterlagen sorgfältig aufzubewahren. Sollte es zum Versicherungsfall kommen, ist die Beweisführung leichter, alle Angaben wahrheitsgemäß gemacht und die so genannte vorvertragliche Anzeigepflicht gemäß Paragraf 19 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) erfüllt zu haben. Diese sieht vor, dass der Antragsteller alle ihm bekannten Gefahrenumstände genannt hat, die für den Versicherer relevant sind und nach denen er gefragt wurde. Das Tückische: Selbst wenn der BU-Fall eingetreten ist und dieser nichts mit einer vergessenen Angabe zu tun hat, kann dies dazu führen, dass der Versicherer nicht zahlt. Manche Anbieter haben aber einen Passus in ihren Vertragsbedingungen, der diese vorvertragliche Anzeigepflicht weniger streng definiert.

BGH-Urteil: Nach zehn Jahren verjähren Falschangaben
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) fiel kürzlich jedoch zugunsten eines Versicherten aus, indem der Versicherer trotz Verschweigens einer schweren Vorerkrankung in die Pflicht genommen wird. Der Fall: Die Klägerin hatte von ihrem verstorbenen Ehemann eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung geerbt. Bei dieser hatte er verschwiegen, dass er an Parkinson erkrankt war. Die Versicherung berief sich auf arglistige Täuschung und wehrte sich gegen die Ansprüche. Nachdem sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Stuttgart die Klage der Witwe abgewehrt hatte, gab der BGH ihr Recht. Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass die Anfechtung des Versicherers verspätet erfolgt und damit unwirksam sei. Diese hätte innerhalb einer Frist von zehn Jahren gemäß Paragraf 124 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erfolgen müssen. Die Vorinstanzen hatten sich darauf berufen, dass der Leistungsfall vor Ablauf dieser Frist eingetreten sei, dies ist aus Sicht der BGH-Richter jedoch unerheblich für die Frist.

Trotz BGH-Urteil: Nicht schummeln!
Daraus abzuleiten, dass man es mit den Angaben zu den Vorerkrankungen nicht so genau nehmen muss, da es nach zehn Jahren nicht mehr darauf ankommt, ist jedoch gefährlich. Denn niemand kann vorhersagen, dass er nicht doch innerhalb der zehn Jahre berufsunfähig wird. Es ist außerdem gerade für Menschen mit Vorerkrankungen empfehlenswert, den Versicherungsschutz über eine anonyme Risikovoranfrage zu beantragen. Dies ist nicht direkt beim Versicherer möglich, sondern über Versicherungsmakler. Der Vorteil: Fällt die Risikovoranfrage negativ aus, führt dies nicht gleich zu einem Eintrag in der zentralen HIS-Wagnisdatei der Versicherer. Wer auf eigene Faust mehrere Anbieter kontaktiert und von einem abgelehnt wird, wird es schwer haben, woanders eine BU-Police abzuschließen.