Auch in der vergangenen Woche überwog bei den Investoren die Enttäuschung darüber, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrer September-Sitzung keine weitere Aufstockung beziehungsweise Verlängerung des Anleihen-Ankaufprogramms über den März 2017 hinaus beschlossen hat. Gleichzeitig herrschte bei den Anlegern eine gewisse Nervosität wegen der in dieser Woche stattfindenden Sitzung der US-Notenbank Fed. Der DAX hielt sich in einer Spanne von rund 10.200 bis 10.500 Punkten, nachdem er in der Vorwoche ein Hoch von 10.780 Punkten erreicht hatte. Etwas stärker verlor der EURO STOXX 50, der klar unter die Marke von 3.000 Zählern rutschte.
Fed dürfte noch stillhalten
Zuletzt dämpften Äußerungen von Fed-Vertretern Befürchtungen der Börsianer vor einer Leitzinserhöhung schon auf der bevorstehenden Fed-Sitzung am 21. September. Nichtsdestotrotz bleibt die Unsicherheit über den geldpolitischen Kurs der Notenbanken weiterhin groß. So nimmt an den Finanzmärkten allmählich die Sorge zu, die Währungshüter könnten von der extrem expansiven Geldpolitik zügiger als erwartet abrücken bzw. diese nicht weiter ausweiten.
Geschürt wurde diese Sorge nicht zuletzt durch das Stillhalten der EZB auf ihrer September-Sitzung, aber auch durch die Unsicherheit über die zu erwartenden Beschlüsse der Bank von Japan bei ihrer nächsten Sitzung am 21. September. Ökonomen gehen aber nach wie vor davon aus, dass die EZB zumindest die Laufzeit des Wertpapier-Ankaufprogramms verlängert und auch die Bank von Japan ihre Geldpolitik weiter lockert.
Positive Effekte der Geldpolitik werden angezweifelt
Tatsache ist jedoch, dass die Zweifel an der Wirksamkeit der monetären Maßnahmen seitens der Zentralbanken zunehmen. Deshalb werden weltweit die Rufe nach einer Ausweitung der staatlichen Fiskalprogramme lauter, um das globale Wirtschaftswachstum auf ein dynamischeres Niveau zu heben. Das zeigte sich etwa im Abschlusskommuniqué des kürzlich stattgefunden G20-Gipfels in China, in dem deutlich auf die Notwendigkeit von internationalen Wachstumsimpulsen hingewiesen wurde.
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) Christine Lagarde hatte bereits auf dem G20-Finanzministertreffen im Juli breit angelegte Anstrengungen gefordert, um das Wachstum neu zu beleben. Dabei hatte sie ausdrücklich auch fiskalpolitische Impulse angesprochen. Gut möglich, dass entsprechende Forderungen künftig verstärkt aus der Eurozone zu hören sein werden, zumal in den großen europäischen Ländern Frankreich und Deutschland wichtige Wahlen anstehen.
Börsen würden von höheren Staatsausgaben profitieren
An den Aktienmärkten käme eine stärkere Hinwendung der Fiskalpolitik in Richtung Ausgabenerhöhung wohl gut an, da diese die Erwartung zukünftig höherer Wachstumsraten infolge einer expansiveren Fiskalpolitik in der Regel vorwegnehmen. Der Vorteil einer expansiveren Fiskalpolitik ist, dass sie (anders als eine lockere Geldpolitik) unmittelbar zu einer Belebung der wirtschaftlichen Aktivität führt. Das heißt, es käme rasch zu einem positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum – und damit der Unternehmensgewinne.
Ob, wann und in welchem Umfang die Finanzminister die Staatsausgaben anheben werden, ist allerdings offen. Neben den Unsicherheiten über die weitere Fiskal- und Geldpolitik sind auch politische Risiken undeingetrübte konjunkturelle Aussichten für die erhöhte Volatilität an den Börsen verantwortlich. Zwar konnten die jüngsten Konjunkturdaten aus China, insbesondere die Industrieproduktion und die Einzelhandelsumsätze, positiv überraschen. In Deutschland blieb der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen aber mit unveränderten 0,5 Punkten unter den Erwartungen und auf gedämpftem Niveau. Während die an den Konsens-Prognosen gemessenen Konjunkturüberraschungen gemäß dem Economic-Surprise-Index der Citigroup für China in den positiven Bereich drehten, rutschten die entsprechenden Indizes für die USA und die Eurozone ins Negative.
Politische Risiken lasten auf den Märkten
Vor dem Hintergrund der verbesserten Konjunkturdaten in China dürften Investoren derzeit weniger gedämpfte Erwartungen für die Weltwirtschaft das größte Kopfzerbrechen bereiten, sondern eher politische Risiken, etwa der besorgniserregende Zustand der EU oder ein möglicher Wahlsieg von Donald Trump in Amerika. Darauf deutet auch die jüngste weltweite Umfrage unter Fondsmanagern von Bank of America/Merrill Lynch hin. Eine Rolle spielt jedoch auch die Angst vor steigenden Kapitalmarktzinsen.
Darüber hinaus stufen die Fondsmanager die Anleihe- und Aktienmärkte weltweit zunehmend als überbewertet ein. 54 Prozent der befragten Anlageprofis (Saldo aus positiven und negativen Antworten) bezeichneten Bonds und Aktien zusammengenommen als überbewertet, wobei allein Aktien die höchste Überbewertung seit Mai 2000 bescheinigt wird.
Profianlegern werden risikoscheuer
Kein Wunder also, dass der Risikoappetit der befragten institutionellen Anleger erneut abgenommen hat. Dies manifestiert sich in einer defensiveren Portfoliopositionierung. So stieg die durchschnittliche Liquiditätsquote in den Portfolios von 5,4 Prozent im Vormonat auf 5,5 Prozent. Damit liegt sie zwar unter dem Rekordwert von 5,8 Prozent im Juli, aber weiter deutlich über dem langfristigen Durchschnitt. Selbst während der Finanzkrise 2008/09 war die durchschnittliche Cashquote nach der Fondsmanagerumfrage nur bis auf 5,5 Prozent gestiegen.
Parallel dazu wurde die Gewichtung von Aktien in den Portfolios wieder reduziert: Der Nettoanteil der Befragten, die Aktien übergewichtet haben, fiel auf den historisch niedrigen Wert von einem Prozent nach neun Prozent im Vormonat. Im Dezember 2015 waren noch netto 42 Prozent der Fondsmanager in Aktien übergewichtet, also weitaus offensiver positioniert.
Innerhalb der Asset-Klasse Aktien haben US-Titel kräftig an Beliebtheit eingebüßt. Sie wurden nun von netto sieben Prozent der Befragten untergewichtet, nach einer Netto-Übergewichtung von elf Prozent im Vormonat. Europäische Aktien wurden dagegen wieder etwas beliebter und werden nun von fünf Prozent übergewichtet. Weiter gestiegen in der Gunst der Investoren sind Emerging Markets-Aktien, deren Netto-Übergewichtung auf 24 Prozent stieg, was den höchsten Wert seit dreieinhalb Jahren darstellt.
Risikoaversion für Aktienmärkte positiv
Insgesamt signalisieren die Ergebnisse der Fondsmanagerumfrage ein historisch hohes Niveau der Risikoaversion. Als Kontraindikator ist das aus Sicht der Aktienmärkte grundsätzlich positiv zu werten, da Aktien bereits niedrig gewichtet sind und viel Liquidität für potenzielle Aktienkäufe zur Verfügung steht. Damit die Liquidität tatsächlich in Aktien fließt, sind allerdings positive Auslöser nötig. Die sind für die kommenden Monate aber nur schwer auszumachen, weil noch negative konjunkturelle Effekte auf Grund des Brexit zu erwarten sind und man von anhaltenden politischen Risiken ausgehen muss.
Immerhin sollte die defensive Positionierung der institutionellen Investoren jedoch dafür sorgen, dass die Aktienmärkte gegenüber negativen Nachrichten widerstandsfähiger sind als es bei einer offensiven Positionierung der Fall wäre.
Was die neue Woche bringt
Diese Woche stehen vor allem die Sitzungen der Fed und der Bank von Japan am Mittwoch im Mittelpunkt des Interesses. Die Mehrheit der Beobachter rechnet mit einer noch unveränderten Zinspolitik der Fed, was zu einer gewissen Marktberuhigung beitragen könnte. Die aus den Fed Fund Futures abgeleitete Wahrscheinlichkeit einer Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte liegt aktuell bei 20 Prozent.
Von der japanischen Zentralbank werden überwiegend eine Ausweitung des QE-Programms (Staatsanleihen und ETFs) sowie Maßnahmen zur Erreichung einer steileren Zinskurve (durch eine Anpassung der gekauften Laufzeitenvolumina) erwartet. In Verbindung mit einer möglichen Abschwächung des Yen könnte dies japanische Aktien unterstützen.
Außerdem werden am Freitag die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes aus Japan, dem Euro-Raum sowie den USA veröffentlicht. Für die USA geht der Markt von einem leichten Anstieg aus.
Die Konjunkturdaten der neuen Woche
Monat | Prognose | Letzter | |
---|---|---|---|
Montag, 19.9.2016 | |||
NAHB Wohnungsmarkt-Index USA (Punkte) | September | 60 | 60 |
Dienstag, 20.9.2016 | |||
Wohnungsbaubeginne USA (Tsd.) | August | 1192 | 1211 |
Mittwoch, 21.9.2016 | |||
Bank of Japan Zinsentscheid Japan (%) | September | -0.1 | -0.1 |
US-Notenbank Fed Zinsentscheid USA (%) | September | 0.5 | 0.5 |
Donnerstag, 22.9.2016 | |||
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte) | September | -8.1 | -8.5 |
Freitag, 23.9.2016 | |||
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte) | September | 53.2 | 53.6 |
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte) | September | 52.1 | 52.7 |
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte) | September | 51.5 | 51.7 |
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte) | September | 52.8 | 52.8 |
PMI Verarb. Gewerbe USA (Punkte) | September | 52.3 | 52 |