Die Aktienmärkte entwickelten sich vergangene Woche dies- und jenseits des Atlantiks weiter uneinheitlich. Während der US-Aktienmarkt seine Rekordjagd fortsetzte, tendierten die europäischen Börsen, insbesondere auch der DAX, ausgesprochen schwach, belastet vom anhaltend festen Euro. Dabei werden die Aktienmärkte derzeit von der guten Konjunktur und steigenden Firmengewinnen begünstigt. Die Wall Street profitiert zudem vom gedrückten Dollar und von den dank Trump-Steuerreform aufwärts gerichteten Gewinnerwartungen für US-Unternehmen.

Allerdings sind die Kurse der im amerikanischen S&P 500 notierten Aktien zuletzt sogar stärker gestiegen als die Gewinnerwartungen. Das hat dazu geführt, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis erwarteter 12-Monats-Ergebnisse mittlerweile stolze 18,6 beträgt. Demgegenüber liegt der Zehn-Jahres-Durchschnitt bei 14,5. Der Anstieg des KGV ist umso bemerkenswerter, wenn man berücksichtigt, dass auch die Kapitalmarktzinsen in jüngerer Zeit spürbar nach oben gegangen sind. So ist die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen von knapp 2,5 Prozent zu Jahresanfang auf gut 2,7 Prozent gestiegen. Üblicherweise wirken steigende Zinsen auf die KGVs negativ. Allerdings wird dieser negative Einfluss in Zeiten eines sich beschleunigenden Konjunkturaufschwungs meist durch dessen positive Effekte überkompensiert. Genau dies war offensichtlich zuletzt der Fall.

Wall Street auf Crash-Bewertungsniveau

Das deutlich über dem langfristigen Durchschnitt liegende KGV des US-Aktienmarkts bedeutet, dass dieser derzeit nicht besonders attraktiv ist. Das Shiller-KGV, bei dem die Kurse den durchschnittlichen Zehn-Jahres-Gewinnen gegenübergestellt werden, signalisieren eine noch höhere Überbewertung des amerikanischen Aktienmarktes. Dieses weniger stark von der Zyklik der Firmengewinne beeinflusste Bewertungsmaß ist im Januar auf über 33 gestiegen – und hat damit den Spitzenwert von Oktober 1929 übertroffen. Damals war an der Börse das Top erreicht, anschließend folgte der große Börsenkrach und die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre.

Noch höhere Shiller-KGV-Werte wurden lediglich während der New-Economy-Blase zur Jahrtausendwende gemessen, als es auf knapp 45 stieg. Der Durchschnittswert seit 1950 liegt bei 19,3. Rekorde weist der US-Aktienmarkt auch in Bezug auf die Länge des Kursaufschwungs ohne zwischenzeitliche spürbare Korrekturen auf. Mittlerweile liegt die letzte Fünf-Prozent-Korrektur mehr als 400 Handelstage zurück. Eine so lange Periode stetiger Kursgewinne hat es seit 1929 nicht mehr gegeben. Zum Vergleich: Die Durchschnittslänge bis zu einer Korrektur von fünf Prozent liegt bei knapp 100 Handelstagen.

Im Januar haben die Mittelzuflüsse in Aktienfonds Höchstwerte erreicht, was auf sehr hohen Optimismus der Anleger hinweist. Zusammen mit der hohen Aktienbewertung und dem fortgeschrittenen Konjunktur- und Gewinnzyklus riecht das förmlich nach einer Trendwende am US-Aktienmarkt. Was freilich noch dagegen spricht, ist erstens die flotte Weltkonjunktur, zweitens die nach wie vor sehr expansiven Zentralbanken und drittens die noch immer relativ niedrigen Kapitalmarktzinsen.

Konjunktur stützt die Börsen

Die Mehrzahl der konjunkturellen Frühindikatoren deutet darauf hin, dass sich der globale Aufschwung fortsetzt. In den USA strafft die Notenbank Fed zwar nach und nach ihren geldpolitischen Kurs. Erfahrungsgemäß reagieren die Aktienmärkte aber erst bei deutlich höheren Notenbankzinsen nachhaltig negativ. Dies ist im Moment noch nicht der Fall. Und schließlich ist auch der Anstieg der Kapitalmarktzinsen im längerfristigen Vergleich bisher ausgesprochen zahm und das erreichte Niveau noch niedrig. Es ist daher wahrscheinlich, dass es in den kommenden Wochen zwar zu einer merklichen Korrektur am US-Aktienmarkt kommt, aber noch zu keiner Trendwende. Allerdings werden von einer solchen Kurskorrektur wohl auch die europäischen Aktienmärkte in Mitleidenschaft gezogen.

Wie gut die Konjunktur in den USA läuft, zeigte sich vergangene Woche wieder einmal an den Arbeitsmarktzahlen. Das US-Arbeitsministerium meldete für den Januar immerhin 200.000 neue Jobs, während Volkswirte nur mit 180.000 gerechnet hatten. Die getrennt ermittelte Erwerbslosenquote verharrte bei 4,1 Prozent. Somit ist die Fed ihrem Ziel ganz nahe, Vollbeschäftigung zu erreichen. Im Dezember hat sie die Zinsen um einen Viertelpunkt hochgesetzt – auf die Spanne von 1,25 bis 1,5 Prozent. Auf der jüngsten Sitzung Ende Januar haben die Währungshüter die Tür für eine weitere Erhöhung im März aufgestoßen.

Fed bereitet weitere Zinsanhebung vor

Denn sie wähnen sich dieses Jahr auch bei der Inflation auf der Zielgeraden. Diese war bislang für einen Aufschwung ungewöhnlich niedrig. Die Fed rechnet jedoch damit, dass die Teuerung dieses Jahr anzieht und sich dann um das Ziel der Notenbank von 2,0 Prozent einpendeln wird. Die Januar-Sitzung war die letzte unter der Führung von Fed-Chefin Janet Yellen. Es wurde zwar kein Zinsschritt beschlossen, dafür aber eine baldige Zinsanhebung vorbereitet. Hierzu wies die Fed auf eine weitere Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung hin. Zudem wurde der Inflationsausblick deutlich besser dargestellt als noch auf der letzten Sitzung.

Die Aussagen der Fed-Verantwortlich weisen sogar eher auf mehr als die bisher angedeuteten drei Zinsschritte für 2018 hin. Die Ergänzung im Fed-Statement, dass die erwartete Entwicklung von Konjunktur und Inflation für weitere graduelle Zinserhöhungen spricht zeigt, dass sich die US-Notenbank mit dem momentanen Straffungstempo immer wohler fühlt. Dies dürfte dazu beitragen, dass sich die kontroverse Diskussion um die Zahl künftiger Zinsanhebungen beruhigt. Sie war vor dem Hintergrund nicht widersprüchlicher Aussagen der US-Zentralbanker vorübergehend ausgeufert.

Leitzinserhöhung in Eurozone kein Thema

In der Eurozone scheinen höhere Leitzinsen dagegen nach wie vor in weiter Ferne zu liegen. So äußerte sich Benoît Coeuré, Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), jüngst zurückhaltend in Sachen Zinsausblick, indem er betonte „weit danach“ bedeute „weit danach“. Damit meinte er, die Leitzinsen würden erst weit nach dem Ende der Wertpapierkäufe der EZB angehoben. Darüber hinaus sagte er, es gäbe im Rat ein umfassendes Einvernehmen, dass man vorsichtig und beständig vorgehen müsse. Diese Position bekräftige EZB-Chefvolkswirt Peter Praet und verwies darauf, dass das Inflationsziel weiterhin nicht erreicht sei.

Benoit Coeuré warnte davor, dass eine weitere Finanzkrise in Europa die EZB an ihre Grenzen treiben würde. Dann wäre es unter Umständen geldpolitisch nötig, kurzfristige Zinsen noch tiefer in den negativen Bereich zu setzen, warnte der Franzose auf einer Veranstaltung in Slowenien. “Oder es könnte erforderlich sein, Vermögenstitel zu erwerben, die riskanter sind als öffentliche Schulden oder Firmenschulden.” Womöglich gerate die EZB dann gefährlich nah an eine Finanzierung von Staaten.

Noch immer sind aus Sicht des EZB-Direktors viele der institutionellen Schwachstellen nicht behoben, die für die vergangene Krise mitverantwortlich gewesen seien. So sei bislang nur ein geringer Teil der Reformvorschläge der EU von den Ländern umgesetzt worden. Auch die Bankenunion sei noch nicht vollendet. Coeuré erwähnte in diesem Zusammenhang die geplante gemeinsame Einlagensicherung für Bankeinlagen in Europa, wogegen sich Deutschland allerdings bislang sträubt.

Neben dem Dauerbrenner Geldpolitik und Zinsen steht in den nächsten Wochen die Unternehmens-Berichtssaison weiter im Zentrum des Anlegerinteresses. Die bislang vor allem in den USA veröffentlichten Quartalsberichte fielen überdurchschnittlich positiv aus, sowohl bezogen auf den Umsatz als auch das Ergebnis je Aktie. Die höchsten Anteile an positiven Überraschungen waren dabei in den Sektoren Energie und Banken zu beobachten.

Positiv ist darüber hinaus, dass – unterstützt durch die US-Steuerreform, die starke Konjunktur und den gestiegenen Ölpreis – die Ergebnisprognosen der US-Firmen für 2018 spürbar nach oben korrigiert werden. Seit Ende November 2017 wurde die Konsens-Prognose für das Ergebnis je Aktie 2018 der S&P 500-Unternehmen um fünf Prozent angehoben. In Europa ist der Gewinn-Revisionstrend dagegen nicht zuletzt wegen der Belastungen durch die Euro-Aufwertung nur seitwärts bis leicht aufwärts gerichtet.

Was die neue Woche bringt

In der Eurozone dürfte diese Woche das Sentix Investorenvertrauen für Februar besondere Beachtung bei den Börsianern finden (Mo.). Analysten gehen von einem weiteren Anstieg aus. In Deutschland werden die letzten harten Konjunkturdaten für 2017 veröffentlicht. Die Auftragseingänge der Industrie dürften am Jahresende deutlich zugelegt haben (Di.). Zwar hatte der Einkaufsmanagerindex (PMI) für das Verarbeitende Gewerbe zum Jahreswechsel etwas nachgegeben. Die Unterkomponente des ifo Geschäftsklimas für den Auftragseingang legte aber am Jahresende deutlich zu. Außerdem zeigt die Entwicklung der vom Maschinenbauverband VDMA gemeldeten Aufträge im Maschinenbau tendenziell nach oben.

Die Produktionsdaten haben mit dieser Entwicklung im Dezember aber wohl nicht Schritt gehalten. Erstens war das Plus im November sehr ausgeprägt, was allein im Rahmen einer Normalisierung ein Abwärtspotenzial für Dezember bedeutet. Zweitens dürfte die Entwicklung der Neuaufträge der vergangenen Monate eine weitere deutliche Ausweitung der Produktion kaum erlauben. Entsprechend ist für den Dezember lediglich ein geringfügiger Anstieg der Produktion in Deutschland wahrscheinlich (Mi.).

Bei den Exporten steht im Dezember sogar ein spürbarer Dämpfer an, denn die bereits gemeldeten Ausfuhren nach China sind saisonbereinigt deutlich zum Vormonat gesunken (Do.). Bei gleichzeitig zunehmenden Importen dürfte der Wachstumsbeitrag des Außenhandels zum Jahresende daher eher bescheiden ausgefallen sein.

In den USA rückt diese Woche die Debatte um eine neue Finanzierung der Bundesregierung wieder in den Fokus. Denn die jüngste Übergangsfinanzierung läuft am Freitagmorgen unserer Zeit (Donnerstag, 24 Uhr Ostküstenzeit) aus. Sollte bis dahin kein weiterer Finanzierungsplan verabschiedet sein, droht erneut ein Government Shutdown (Regierungsstillstand). Der letzte Shutdown erfolgte vor zwei Wochen über den Streit zur Beibehaltung des Dreamer-Programms (Bleiberecht von Kindern illegaler Einwanderer).

Diese Woche will Präsident Donald Trump in Bezug auf die Immigrationspolitik einen Kompromiss als Gesetzesvorschlag in den Kongress einbringen. Je nachdem wie gut dieser Gesetzestext vor allem auf Seite der Demokraten aufgenommen wird, könnte es zu einem neuen Haushaltskompromiss kommen. Hierbei könnte auch die Schuldenobergrenze der Bundesregierung von den Kongressmitgliedern angehoben werden. Deren Übergangsmaßnahmen laufen wohl Ende Februar/Anfang März aus. Je nachdem ob die Anhebung der Schuldenobergrenze Teil des Gesetzes ist, dürfte auch die Länge der Übergangsfinanzierung der Regierung dauerhafter ausfallen.

Bei den Konjunkturdaten herrscht dagegen weitgehend Ruhe. Dank des guten konjunkturellen Umfelds und der im Januar in Kraft getretenen Steuerreform dürfte der ISM Index für den Servicesektor im Januar erneut gestiegen sein (Mo.).

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 5.2.2018
PMI Caixin Dienstl. China (Punkte)Januar53.553.9
PMI Dienstl. Deutschland (Punkte)Januar5757
PMI Dienstl. Euroland (Punkte)Januar57.657.6
PMI Composite Euroland (Punkte)Januar58.658.6
Sentix Investorenvertrauen Euroland (Punkte)Februar33.432.9
Einzelhandelsumsatz Euroland (% zum Vormonat)Dezember-11.5
ISM Dienstleistungen USA (Punkte)Januar57.256
Dienstag, 6.2.2018
Auftragseingang Deutschland (% zum Vormonat)Dezember3-0.4
Handelsbilanz USA (Mrd. US-$)Dezember-52.1-50.5
Mittwoch, 7.2.2018
Industrieproduktion Deutschland (% zum Vorm.)Dezember0.43.4
Donnerstag, 8.2.2018
Importe China (% zum Vorjahr)Januar11.24.5
Exporte China (% zum Vorjahr)Januar11.310.9
Importe Deutschland (% zum Vormonat)Dezember-0.52.2
Exporte Deutschland (% zum Vormonat)Dezember-0.74.1
Zinsentscheid Bank von England (%)Februar0.50.5
Freitag, 9.2.2018
Verbraucherpreise China (% zum Vorjahr)Januar1.51.8