Der unerwartete Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl sorgte auch an den Börsen für überraschende Reaktionen. In Japan brach der Nikkei 225 um gut fünf Prozent ein und ließ Schlimmes für die europäischen Märkte erwarten. Der DAX startete denn auch mit einem Abschlag von knapp drei Prozent in den Handel. Doch die Stimmung drehte rasch und der deutsche Leitindex beendete den Tag mit einem Plus von 1,6 Prozent. Der amerikanische Aktienmarkt legte ebenfalls deutlich zu, wobei dort vor allem Sektoren profitierten, die durch die Politik des künftigen Präsidenten Trump begünstigt werden dürften: Bau-, Rüstungs- und Ölindustrie, die Pharmabranche, der Finanzbereich.
Die steigenden Aktiennotierungen lassen darauf schließen, dass die Anleger im Moment vor allem die wirtschaftlich positive Seite des Trump-Programms sehen. Dabei handelt es sich vor allem um die angekündigte Senkung der Steuersätze, Investitionen in die Infrastruktur und den Abbau von Regulierungsvorschriften. Da die Republikaner in beiden Kammern des US-Kongresses über die Mehrheit verfügen, geht man an den Finanzmärkten offenbar davon aus, dass der neue Präsident seine Pläne relativ problemlos umsetzen kann. Dies könnte sich als Irrtum erweisen, da Trump in den Reihen der Republikaner keineswegs nur Freunde hat.
Protektionismus könnte Märkte schwer belasten
Noch kann niemand mit Bestimmtheit sagen, was Trump tatsächlich umsetzen will und kann. Tatsache ist, dass sich aus einigen seiner im Wahlkampf angekündigten Vorhaben erhebliche Schäden für die globale Wirtschaft ergeben könnten. Das gilt insbesondere für seine geplanten handelspolitischen Änderungen. Käme es zu den angedrohten Einschränkungen im Außenhandel, etwa mit Mexiko und China, droht ein protektionistischer Wettlauf bis hin zu einem Handelskrieg – mit massiven negativen konjunkturellen Folgen. Dämpfend auf die US-Konjunktur (und damit die Aktienmärkte) würde sich aber auch die von Trump in Aussicht gestellte massenhafte Ausweisung illegaler Einwanderer auswirken.
Darüber hinaus gibt es offene Fragen in der Außen- und Sicherheitspolitik, die zu erhöhter geopolitischer Unsicherheit führen können. Und schließlich wäre für die Aktienmärkte auf längere Sicht ein Wechsel an der Spitze der US-Notenbank Fed, der eine stärkere Straffung der Geldpolitik zur Folge haben könnte, negativ.
Personal- und Sachentscheidungen im Fokus
Deshalb wird man an den Finanzmärkten in den nächsten Wochen aufmerksam darauf achten, welche Personalentscheidungen Trump in Bezug auf sein Kabinett sowie seinen Beraterkreis trifft und welche Ankündigungen getätigt werden. Sollte es Bekanntmachungen und Personalentscheidungen geben, die auf einen protektionistischen und konjunkturschädlichen Kurs hindeuten, dürfte dies zu Rückschlägen an den Aktienmärkten führen. Umgekehrt könnten „marktfreundliche“ Personal- und Sachentscheidungen den Erholungskurs untermauern.
In Europa verleiht Trumps Sieg populistischen und EU-kritischen Kräften Auftrieb, was an den Anleihemärkten bereits zu höheren Risiko-Spreads Italiens und Frankreichs geführt hat. Erhält diese Bewegung noch mehr Rückenwind, könnten auch an den europäischen Aktienmärkten politische Risiken zu einer stärkeren Belastung für die Kurse werden.
Fed-Zinserhöhung im Dezember weiter wahrscheinlich
Viele Börsianer fragen sich nach der Wahl Trumps, was die US-Notenbank Fed nun tun wird. Die meisten Beobachter vermuteten vor der Wahl, dass eine deutlich erhöhte Finanzmarktvolatilität und spürbare Aktienkursverluste nach einem Trump-Sieg die Fed von einem Zinsschritt im Dezember abhalten würden. Nach anfänglichen Kursrücksetzern ist die Börsenreaktion aber überraschend positiv ausgefallen. Daher sind die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Leitzinses im Dezember weiterhin gegeben, zumal die US-Arbeitsmarktzahlen in den vergangenen Monaten gut aussahen und die Inflation angezogen hat.
Da die Inflationserwartungen ebenfalls merklich zugenommen haben, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Zinsanhebung Ende des Jahres – gemessen an den Fed-Fund-Futures – inzwischen auf gut 85 Prozent gestiegen. Sollten Trumps Konjunkturmaßnahmen auf eine Belebung des Wirtschaftswachstums und eine beschleunigt anziehende Inflation hinweisen, könnte die Fed auf mittlere Sicht die Zinsen sogar stärker anheben als bislang erwartet.
Firmen-Berichtssaison weit fortgeschritten
In jedem Fall ist damit zu rechnen, dass die Politik wegen des noch diffusen Kurses von Trump vorerst im Fokus der Märkte bleiben wird. Daneben werden jedoch auch fundamentale Faktoren wie Konjunkturdaten und Unternehmensgewinne wieder in den Vordergrund rücken. Mittlerweile ist die Unternehmens-Berichtssaison zum dritten Quartal bei den großen Firmen schon weit fortgeschritten. Auf Ebene des amerikanischen S&P 500 liegt der Saldo aus Unternehmen, die die Konsens-Gewinnprognosen der Analysten übertreffen konnten und jenen, die sie verfehlt haben, bei 53,5 Prozent. Das ist weniger als im Vorquartal (57,8%). Beim Umsatz liegt der Saldo positiver und negativer Überraschungen in Prozent aller Quartalsberichte bei 10,9 nach 11,3 im zweiten Vierteljahr. Was Europa betrifft, ergibt sich beim STOXX Europe 600 beim Ergebnis je Aktie ein Saldo aus positiven und negativen Überraschungen von 20,0 Prozent (Vorquartal: 16,5) und beim Umsatz von minus 7,8 Prozent (Vorquartal: plus 3,5).
Trotz der derzeit unsicheren politischen Situation sind Analysten für die Aktienmärkte weiterhin überwiegend optimistisch eingestellt. Ein wesentlicher Grund hierfür ist der Renditevorsprung der Aktienanlage gegenüber Zinspapieren. An diesem Kalkül ändern auch die Renditeanstiege der vergangenen Tage wenig. Dazu sind die Dividendenrenditen vieler Aktien im Niedrigzinsumfeld zu attraktiv. Darüber hinaus stimmen die sich stabilisierenden Gewinnerwartungen optimistisch, sodass von der fundamentalen Seite in den nächsten Monaten eher mit positiven als mit negativen Unternehmensmeldungen zu rechnen sein dürfte.
Was die neue Woche bringt
In den USA kommen diese Woche harte Konjunkturdaten für Oktober, die wohl gemischt ausfallen werden. Zwar dürfte die Industrieproduktion erneut gestiegen, ihre Dynamik aber schwach geblieben sein (Mi.). Die Produktion im Bergbau, zu dem auch die Fracking- Industrie gehört, ist wahrscheinlich gewachsen, doch steht dem eine schwächere Produktion der Stromversorger und des Verarbeitenden Gewerbes gegenüber. Gute Nachrichten sind vom Häuserbau zu erwarten. Hier dürften die Wohnungsbaubeginne im Oktober gestiegen sein und damit die etwas schwächeren September-Zahlen vergessen machen (Do.). Der US-Einzelhandel sollte im Oktober gleichfalls mit guten Zahlen aufwarten und einen positiven Start des privaten Verbrauchs ins vierte Quartal signalisieren (Di.). Gleichzeitig dürften die im Oktober gestiegenen Öl- und Benzinpreise die Inflation im Vergleich zum Vormonat angeschoben haben (Do.). Die Jahresrate dürfte im Oktober bei 1,5 Prozent verharrt haben. Die Kernrate sollte dagegen ihr höheres September-Niveau von 2,2 Prozent gehalten haben und weiterhin für einen Zinsschritt der Fed im Dezember sprechen.
In Deutschland und in der Eurozone dürften die ZEW-Konjunkturerwartungen im November auf Sicht von sechs Monaten nach den guten Vorgaben des Sentix Investorenvertrauens erneut gestiegen sein (Di.). Hierfür sprechen auch die positiven Marktbewegungen nach dem Wahlsieg Trumps. Ein Einbruch nach dem Wahlergebnis hätte die Stimmung unter den befragten Finanzprofis wohl spürbar belastet. Auch der Blick in den Rückspiegel sollte mit den anstehenden Daten positiv ausfallen. Zwar dürften die Daten zum BIP-Wachstum im dritten Quartal für Deutschland, Italien und den Euro-Raum eine leichte Wachstumsabschwächung zum Vorquartal anzeigen (Di.). Insgesamt ist die Euro-Wirtschaft aber trotz des unerwarteten Brexit-Entscheids gut durch den Sommer gekommen. Die endgültigen Oktoberdaten für die Inflation dürften sowohl in den Ländern (Spanien, Frankreich am Di.) als auch für die Währungsunion insgesamt (Do.) keine Überraschungen bergen und die angestiegenen Jahresraten bestätigen.
Im Rahmen der Unternehmens-Berichtssaison stehen aus dem DAX diese Woche RWE (Mo.) sowie Merck KGaA (Di.) an. Bei den US-Blue Chips berichten Home Depot (Di.), Cisco Systems (Mi.) und Wal Mart-Stores (Do.).
Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche
Monat | Prognose | Letzter | |
---|---|---|---|
Montag, 14.11.2016 | |||
BIP Japan (% zum Vorquartal) | Q3 | 0.2 | 0.2 |
Industrieproduktion China (% zum Vorjahr) | Oktober | 6.2 | 6.1 |
Industrieproduktion Euroland (% zum Vormonat) | September | -1 | 1.6 |
Dienstag, 15.11.2016 | |||
BIP Deutschland (% zum Vorquartal) | Q3 | 0.3 | 0.4 |
BIP Euroland (% zum Vorquartal) | Q3 | 0.3 | 0.3 |
ZEW-Index Deutschland (Punkte) | November | 7.9 | 6.2 |
ZEW-Index Euroland (Punkte) | November | 12.9 | 12.3 |
Einzelhandelsumsatz USA (% zum Vormonat) | Oktober | 0.6 | 0.6 |
Empire State Index USA (Punkte) | November | -2.5 | -6.8 |
Mittwoch, 16.11.2016 | |||
Industrieproduktion USA (% zum Vormonat) | Oktober | 0.2 | 0.1 |
NAHB- Wohnungsmarktindex USA (Punkte) | November | 63 | 63 |
Donnerstag, 17.11.2016 | |||
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr) | Oktober | 0.5 | 0.4 |
Verbraucherpreise USA (% zum Vorjahr) | Oktober | 1.5 | 1.5 |
Wohnungsbaubeginne USA (Tsd.) | Oktober | 1155 | 1047 |
Philly-Fed-Index USA (Punkte) | November | 8 | 9.7 |
Freitag, 18.11.2016 | |||
Keine wichtigen Daten |