Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat signalisiert, dass es die Erhebung der Grundsteuer in ihrer jetzigen Form für verfassungswidrig hält. Damit schließen sich die Verfassungsrichter der Meinung an, die der Bundesfinanzhof (BFH) seit Jahren kritisiert. Er sieht in der aktuellen Besteuerungspraxis bereits seit 2008 eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil heute gleichwertige Grundstücke unterschiedlich hoch besteuert werden. Doch was wäre die Konsequenz aus einem entsprechenden Urteil, wie soll die Grundsteuer künftig erhoben werden? Mit einem Volumen von rund 13 Milliarden Euro ist sie eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen, so dass diese Frage nicht nur Eigenheimbesitzer betrifft.
Ländermodell: Kostenwertermittlung zu verwaltungsaufwändig
Bislang stand ein Konsensmodell von 14 Bundesländern zur Debatte, das auf dem Kostenwert als Bemessungsgrundlage basiert. Dieser würde anhand eines vereinfachten Sachwertverfahrens nicht nur den Grund und Boden anhand aktueller Bodenrichtwerte beinhalten, sondern auch die Bebauung einschließen. Dieses Modell wurde im Rahmen eines Gesetzentwurfs auch in den Bundesrat eingebracht, aber nicht verabschiedet. Ein solches Verfahren brächte allerdings einen enormen Verwaltungsaufwand mit sich, da insgesamt rund 35 Millionen Grundstücke neu bewertet werden müssten. Experten schätzen, dass dieses von den meisten Bundesländern unterstützte Modell einen Vorlauf von sechs bis zehn Jahren erfordern würde, bis es eingeführt werden kann. Das Problem: Sollten die Verfassungsrichter die Grundsteuer für verfassungswidrig erklären, wäre eine Fristsetzung wahrscheinlich. Üblich sind jedoch Fristen von bis zu zwei Jahren – dieser Zeitraum wäre jedoch zu kurz, um dieses Grundsteuermodell in die Praxis umzusetzen. Gelänge es bis dahin nicht, ein neues Modell einzuführen, müsste die Steuer gekippt werden. Als Kritikpunkt gilt außerdem, dass Neubauten steuerlich stärker belastet werden würden, was den Wohnungsneubau ausbremsen könnte.
Alternative: Südländermodell
Als Alternative zu diesem Bundesratsvorschlag gilt das so genannte Südländermodell, für das sich Bayern, Hessen und Baden-Württemberg stark machen: Bei diesem so genannten Äquivalenzzahlen-Modell würde sich die Bemessungsgrundlage aus der Fläche von Grundstück und Gebäude ableiten. Anhand verschiedener Multiplikatoren könnte dann die Art der Nutzung die Höhe der Steuer beeinflussen. So könnten nicht bebaute Grundstücke beispielsweise höher besteuert werden, um einen Anreiz für die Bebauung zu schaffen. Ein weiterer Pluspunkt bestünde darin, dass das Modell keinen so aufwändigen Vorlauf erfordern würde. Auch müssten die Grundstücke nicht regelmäßig neu bewertet werden.
Veraltete Bemessungsgrundlage
Derzeit wird die Grundsteuer anhand der Einheitswerte der Grundstücke ermittelt – diese Praxis bildet den Kern der Kritik an der Grundsteuer – denn in Westdeutschland wird hierfür der Einheitswert herangezogen, der zuletzt 1964 ermittelt wurde. In Ostdeutschland wird hingegen der Wert zugrunde gelegt, der 1935 zuletzt ermittelt wurde. Dieser Einheitswert wird mit der Grundsteuermesszahl multipliziert, die von der Art der Bebauung abhängt. Beim Einfamilienhaus in Westdeutschland beträgt sie bis zu einem Einheitswert von 38.436,89 Euro beispielsweise 2,6 Promille. Um die Grundsteuer zu ermitteln, wird die so ermittelte Steuermesszahl mit dem örtlichen Hebesatz multipliziert. Dieser variiert je nach Kommune zwischen 0 und mehr als 900 Prozent.
Hochrechnungen derzeit nicht sinnvoll
Die Berechnungen, die in den Tagen nach der Bundesratssitzung durch die Presse gingen, sind allerdings mit Skepsis zu betrachten. So hatte beispielsweise die Hamburger Finanzbehörde einige Extrembeispiele vorgerechnet – darunter die Erhöhung der Grundsteuer um das 40-fache für ein Mietshaus im Stadtteil Altona. Eine solch radikale Steuererhöhung dürfte jedoch auch bei stark gestiegenen Grundstückspreisen nicht zu befürchten sein – auch deshalb nicht, weil dies zu einer Mietpreisexplosion aufgrund der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mietnebenkosten führen würde. Zudem soll die Grundsteuerreform aufkommensneutral erfolgen, was bedeutet, dass unterm Strich die Steuerlast bei rund 13 Milliarden Euro bleiben würde. Daher ist es vielmehr wahrscheinlich, dass nicht nur die Bemessungsgrundlage, sondern auch Multiplikatoren wie etwa die Steuermesszahl und der Hebesatz angepasst werden.