Im ersten Quartal 2017 haben Deutschlands Sparer unter Berücksichtigung der Inflation mit Tagesgeld, Festgeld und Spareinlagen im Schnitt ein Minus von 1,6 Prozent verbucht, berichtet die Comdirect-Bank. Auf diesen Konten parken sie derzeit rund 2,1 Billionen Euro, der Anteil dieser minimal verzinsten Geldanlagen am gesamten Finanzvermögen in Höhe von 5,6 Billionen Euro liegt bei 38 Prozent. Insgesamt verbuchen die Anleger mit ihren Spareinlagen aktuell einen Realzinsverlust von 34,2 Milliarden Euro – umgerechnet auf die Privathaushalte entspricht dies 872 Euro jährlich, pro Kopf beläuft sich der Verlust auf 413 Euro per anno.
Negative Realverzinsung auch in den kommenden Jahren zu erwarten
Die Berechnungen sind Bestandteil des Realzins-Radars, den die Comdirect Bank in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Barkow entwickelt hat. Er beinhaltet auch drei Szenarien für die künftige Entwicklung der Realzinsen, die mit jeweils minus 0,9, minus 1,1 und minus 1,3 Prozent angegeben wird. Demnach ist die aktuelle Realzinssituation erst der Anfang einer längerfristigen Entwicklung, die sich in zwei Phasen aufteilt: Bis 2021 wird von einem konstanten Zins ausgegangen, ab 2022 wird eine Anpassung des Realzinssatzes an den historischen Durchschnittswert der Jahre 2003 bis 2017 (-0,35 Prozent) unterstellt.
Aus Szenario zwei ergibt sich den Berechnungen zufolge, dass die Deutschen in den kommenden 20 Jahren insgesamt über 550 Milliarden Euro verlieren, wenn sie an ihrem Anlageverhalten nichts ändern. Das entspricht pro Haushalt einem Verlust von rund 14.000 Euro – den Sparbemühungen von rund drei Jahren, wie die Comdirect Bank berichtet. Nie sei der Wertverlust traditioneller Anlagen höher gewesen als derzeit, wenn die Sparer ihr Anlageverhalten nicht ändern, habe dies dramatische Folgen für sie, warnt Arno Walter, Vorstandsvorsitzender der Comdirect Bank.
Trotz mauer Verzinsung legte Tagesgeld seit 2008 an Beliebtheit zu
Doch nach einer Veränderung des Anlageverhaltens sieht es bislang nicht aus: Obwohl die Entwicklung nicht neu ist und die Sparer seit 2010 im Schnitt rund 1.300 Euro aufgrund einer negativen Realverzinsung verloren habe, stieg das auf Sparkonten geparkte Finanzvermögen seit 2008 um rund 1,5 Billionen Euro beziehungsweise 36 Prozent – und das trotz des Rückgangs der Verzinsung von 2,75 auf 0,25 Prozent.
Vor allem Tagesgeld ist seitdem gefragter – trotz bescheidener Verzinsung: Parkten die Deutschen 2008 noch rund eine halbe Billion Euro auf diesen Konten, waren es im März 2017 rund 1,2 Billionen. Auch Spareinlagen legten zu – das dort geparkte Vermögen stieg von einer halben Billion auf 0,6 Billionen Euro. Festgeldanlagen hingegen verloren gegenüber 2008 an Beliebtheit, gegenüber 0,5 Billionen im Jahr 2008 ging das Vermögen auf diesen Konten auf 0,3 Billionen Euro zurück.
Private Altersvorsorge wichtig, aber vernachlässigt
Laut Comdirect-Vorstand Walter führt beim langfristigen Vermögensaufbau kein Weg an Wertpapieren vorbei, denn eine Änderung der Zinspolitik sei nicht in Sicht, zudem werde die Inflationsrate in Deutschland laut Internationalem Währungsfonds bis 2022 auf 2,4 Prozent ansteigen. Ändern die Deutschen ihre Spargewohnheiten nicht, riskieren sie den gewohnten Lebensstandard im Alter nicht mehr halten zu können, betont Walter. Die gesetzliche Rente allein könnte dafür nicht ausreichen, jeder Einzelne muss daher etwas tun, so der Comdirect-Vorstand. Bislang hat sich diese Erkenntnis jedoch noch nicht ausreichend durchgesetzt, wie eine weitere Analyse der Comdirect-Bank belegt: Laut Comdirect Spar- und Anlageindex sorgt jeder zweite Deutsche nicht fürs Alter vor.