2017 wird wohl das erste Jahr seit 2008, in dem die Baugenehmigungen für Wohnungen zurückgehen. Von Januar bis Oktober wurden 286.300 Wohnungen genehmigt und damit 7,3 Prozent weniger als im selben Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Außerdem liegen viele baureife Projekte auf Halde. Ende 2016 gab es mehr als 600.000 genehmigte, aber nicht fertiggestellte Wohnungen. Der Deutsche Mieterbund und der GdW-Bundesverband der Wohnungswirtschaft forderten die künftige Bundesregierung auf, unter anderem mit Steueranreizen für mehr Wohnungsbau zu sorgen.
Die Statistiker sehen aber auch einen Lichtblick: “Gegen den allgemeinen Trend nahmen die Genehmigungen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zu.” Mit rund 140.700 Wohnungen wurde hier der höchste Wert für diesen Zeitraum seit zwei Jahrzehnten erreicht, was einem Zuwachs von 1,1 Prozent entspricht. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern gab es dagegen 5,1 beziehungsweise 1,5 Prozent weniger Bauzusagen. Das trifft auch auf Wohnungen zu, die durch Um- und Ausbaumaßnahmen entstehen sollen, etwa den Ausbau von Dachgeschossen: Hier gab es einen Einbruch um 21,2 Prozent. Bei Wohnheimen, wozu Flüchtlingsunterkünfte zählen, sanken die Genehmigungen um fast 44 Prozent.
Über die Zahl der in diesem Jahr fertiggestellten Wohnungen können die Statistiker erst im späten Frühjahr 2018 Auskunft geben. 2016 waren knapp 288.000 neue Wohnungen entstanden. Der Deutsche Mieterbund (DMB) geht für das laufende Jahr von etwa 300.000 aus. Doch das reiche nicht, um den Bedarf zu decken. “400.000 neue Wohnungen müssen pro Jahr gebaut werden, davon 200.000 Mietwohnungen, davon wiederum 80.000 Sozialmietwohnungen”, forderte DMB-Präsident Franz-Georg Rips. In Deutschland fehlten eine Million Wohnungen. “Einen weiteren Stillstand in der Wohnungspolitik können wir uns nicht länger leisten. Seit gut einem Jahr bewegt sich in der Wohnungs- und Mietenpolitik nichts mehr.”
Der Mieterbund plädiert unter anderem für höhere Steuervorteile für Wohnungsinvestoren, verbunden mit einer Mietpreisobergrenze. GdW-Präsident Axel Gedaschko erklärte: “Die sinkenden Baugenehmigungszahlen sind ein Alarmsignal. Der Abwärtstrend beim Wohnungsbau kann nur gestoppt werden, wenn zügig wirksame steuerliche Anreize gesetzt werden.” Es müssten mehr bezahlbare Grundstücke her und die mehr als 20.000 Bauvorschriften und Anforderungen müssten auf den Prüfstand gestellt werden. Eine neue Bundesregierung werde sich auch daran messen lassen müssen, wie konsequent sie die richtigen Maßnahmen für den Wohnungsmarkt in Gang bringe.
Dass viele Baugenehmigungen noch nicht umgesetzt sind, liegt einer Studie der Förderbank KfW zufolge an Kapazitätsengpässen in der Bauwirtschaft. “Insbesondere in den großen Ballungszentren zeigt sich außerdem das Phänomen, dass Investoren Baugenehmigungen auf Vorrat einholen und die dahinterliegenden Projekte zunächst nicht umsetzen, weil sie auf steigende Mieten und Immobilienpreise in der Zukunft setzen”, so die KfW.