Der Klimawandel kann sich in Form so genannter Kohlenstoffrisiken (englisch: Carbon Risks) erheblich auf die Investments von Kapitalanlegern auswirken – ein Risiko, das deutsche Investoren bislang deutlich unterschätzen. Zu diesem Ergebnis kommt das FERI Cognitive Finance Institute in einer gemeinsam mit dem WWF Deutschland erstellten Studie. Gegenstand der Analyse: die möglichen Auswirkungen der Abkehr von kohlenstoffhaltigen Energieträgern auf die Finanzmärkte und die damit einhergehenden Risiken für Investoren. Aufgrund der Klimapolitik der Vereinten Nationen würden sich die Erfolgsaussichten und Risikoprofile in vielen Branchen grundlegend ändern, heißt es in der Studie.

Öl- und Gasreserven sind überbewertet
Die Bewertung von Öl- und Gasreserven sind derzeit massiv überbewertet, was sich der Studie zufolge auch in den Börsenkursen der Unternehmen wiederspiegelt und als Carbonblase (englisch: Carbon Bubble) bezeichnet wird. In einigen Sektoren der Aktienmärkte seien demnach Abwertungen von 50 Prozent und mehr denkbar, bei US-Kohleunternehmen sei dies bereits geschehen. Doch die Bedeutung des Problems geht gemäß der Analyse weit über die Energiebranche hinaus: So könnten nach den typischen Unternehmen aus der Kohle-, Öl- und Gasbranche auch Zweitrundeneffekte auf andere Industrien wie etwa den Automobilsektor ausstrahlen. Das Platzen der Carbonblase ist dem FERI Cognitive Finance Institute zufolge keine denkbare Möglichkeit mehr, sondern Gewissheit. Besonders in Deutschland sei das Thema aufgrund der Energiewende und der damit einhergehenden strengen Regularien zeitlich brisant.

So müssen laut WWF hierzulande beispielsweise bis 2035 Braun- und Steinkohle vollständig durch klimafreundliche Energien ersetzt werden. Schon in den kommenden Jahren müsse daher rund die Hälfte der heutigen Anlagen anders bewertet werden. Der damit einhergehende Transformationsprozess in der Wirtschaft und die Regulierung der Emissionsrechte haben laut Studie unmittelbare Folgen für die Finanzwirtschaft und würden weltweit Vermögenswerte in Höhe eines zweistelligen Billionenbetrags betreffen. Würde die Carbonblase platzen, könnte dies nach Schätzungen von Experten weltweit einen Verlust von rund 1,5 Millionen US-Dollar mit sich bringen.

Auch Kleinanleger wären betroffen
Von einem solchen Szenario wären auch Großanleger wie zum Beispiel Pensionskassen und Versicherer betroffen. Aus der Analyse verschiedener Risikoszenarien geht laut Studie hervor, dass die Wertverluste aus dem Platzen der Carbonblase den Zinsertrag eines ganzen Jahres zunichtemachen könnten. Risiken sieht das FERI-Institut auch bei indirekten Investments über börsengehandelte Indexfonds (Exchange Traded Funds, kurz: ETFs): So enthalten die gängigen Aktienindizes auch viele Unternehmen, deren Kurse unter Druck geraten würden. Noch stärkere Effekte seien zudem für branchenbasierte Portfolios zu erwarten. Auch Anleger, die bevorzugt auf eine Dividendenstrategie setzen, wären betroffen.

Was Anleger tun können
Wer sein Portfolio weniger CO2-abhängig ausrichten will, kann gezielt auf Nachhaltigkeitsfonds setzen, bei denen auch Umweltfreundlichkeit der Unternehmen ein Kriterium für die Anlageentscheidungen des Fondsmanagements ist. Zudem bietet etwa der Indexanbieter MSCI mittlerweile vier Indizes an, die Unternehmen mit einem vergleichsweise geringen Carbon-Ausstoß enthalten. Dazu gehört auch der MSCI Global Low Carbon Leaders, auf den Anleger über ETFs setzen können. Der Strategieindex lässt die Unternehmen des MSCI ACWI World-Index mit dem höchsten CO2-Ausstoß außen vor, Unternehmen mit besonders niedrigen CO2-Emissionen sind stärker gewichtet. Unterm Strich soll damit der so genannte CO2-Fussabdruck der im MSCI ACWI-Index gelisteten Unternehmen um mindestens 50 Prozent reduziert werden.