Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat seine Prognose der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland aktualisiert und angesichts der günstiger als erwarteten Konjunktur angehoben. Ausschlaggebend dafür waren vor allem anhaltend expandierende Staatsausgaben sowie überraschend positive Wachstumsimpulse von außen. Für dieses Jahr wird nun mit einem Wirtschaftswachstum von knapp 2 % gerechnet. 2017 dürfte es bei Fortsetzung der konjunkturellen Aufwärtsentwicklung, lediglich wegen eines geringeren Überhangs und einer geringeren Zahl an Arbeitstagen, bei knapp 1 ½ % liegen. Die Beschäftigung nimmt dabei weiter zu; die Zahl der Arbeitslosen wird, da sich die Zuwanderung erst allmählich in der Statistik niederschlägt, allenfalls im kommenden Jahr geringfügig zunehmen. Der Wiederanstieg der Verbraucherpreise wird sich in mäßigem Tempo fortsetzen.

Die deutsche Wirtschaft verzeichnete im zweiten Quartal weiterhin ein deutliches Wachstum. Dabei wechselten allerdings die Wachstumsimpulse. Abgesehen vom weiter kräftig expandierenden Staatskonsum schwächte sich die Binnennachfrage spürbar ab, und hier insbesondere die Investitionen. Das war nur teilweise Reflex der im ersten Quartal witterungsbedingten positiven Sondereinflüsse. Umgekehrt kamen von außenwirtschaftlicher Seite nun unerwartet positive Impulse. Die Exporte nahmen zwar leicht verlangsamt zu, aber die Importe entwickelten sich negativ, so dass der Wachstumsimpuls von außen insgesamt – statistisch betrachtet – deutlich positiv war. Die Arbeitsmarktsituation verbesserte sich unter diesen Bedingungen weiter. Die Verbraucherpreise ziehen inzwischen wieder an, nachdem auch Öl- und andere Rohstoffpreise wieder höher notieren.

Das im ersten Halbjahr 2016 tendenziell recht kräftige Wirtschaftswachstum bei teils wechselnden Wachstumsimpulsen seitens der einzelnen Nachfrageaggregate zeigt zweierlei: Die Wachstumsbasis der deutschen Wirtschaft ist in dem Sinne breit, dass sich Schwankungen in den einzelnen Nachfrageaggregaten kompensieren, im Einzelnen ist die Entwicklung aber auch nicht gefestigt. Und das könnte sich zumindest auf kurze Sicht so fortsetzen. Die bislang durch den Flüchtlingszustrom bedingte, kräftige Expansion des Staatskonsums dürfte sich abschwächen. Ansonsten wird sich die Inlandsnachfrage nach den teils witterungsbedingten, gegensätzlichen Einflüssen im ersten und zweiten Quartal stabilisieren.

Die gute Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung stützt den privaten Konsum. Die Wohnbautätigkeit profitiert von den extrem niedrigen Zinsen. Auch die Unternehmensinvestitionen werden wieder zunehmen. Die außenwirtschaftliche Entwicklung dürfte sich aber ebenfalls erneut wenden – in negativer Richtung -, denn die Importe werden aufgrund der relativ günstigen Binnenkonjunktur wieder merklich zunehmen. Insgesamt wird das reale Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um knapp 2 % steigen.

Auch im nächsten Jahr dürften von der Binnennachfrage die größeren Wachstumsimpulse kommen, wenn auch die Dynamik einzelner Nachfrageaggregate nachlassen dürfte. Das gilt einmal für den Staatskonsum, aber auch der private Konsum wird bei wieder anziehenden Preisen nicht mehr so kräftig zunehmen. Auf der anderen Seite sollte sich bei einer Festigung der Weltkonjunktur die Auslandsnachfrage weiter beleben, so dass dann auch von außenwirtschaftlicher Seite insgesamt Impulse kommen. So dürfte sich im nächsten Jahr die konjunkturelle Aufwärtsbewegung fortsetzen. Lediglich wegen des geringeren Überhangs und weniger Arbeitstagen ist mit einer niedrigeren Wachstumsrate von knapp 1 ½ % zu rechnen.

Die Beschäftigung wird bei dieser guten Konjunktur weiter zunehmen. Im kommenden Jahr könnte die Zuwanderung der letzten Jahre aber zu einem wenn auch nur geringen Anstieg der Arbeitslosenzahlen führen. Die Verbraucherpreise werden im Gefolge des Wiederanstiegs der Öl- und anderer Rohstoffpreise, deutlich gestiegener Arbeitskosten und nicht zuletzt konjunkturell bedingt vergrößerter Überwälzungsspielräume weiter anziehen.

Risiken für diese Prognose liegen in den fortbestehenden geopolitischen und weltwirtschaftlichen Unsicherheiten. Die Wirtschaftsentwicklung zahlreicher Schwellenländer scheint sich, auch dank der Festigung der Rohstoffpreise, zu stabilisieren, bleibt aber, wie auch die Entwicklung auf den Rohstoffmärkten, labil. Offen bleibt zudem, wann der Brexit erfolgt und unter welchen Umständen er vollzogen wird.