Vergangene Woche präsentierten sich die Aktienmärkte relativ stabil, wobei die Blicke der Anleger einmal mehr in die USA gerichtet waren. Für Aufsehen sorgte dort Präsident Donald Trump mit seiner Drohung, er werde es zu einem Government Shutdown kommen lassen, sollte der Kongress ihm nicht Geld für den Bau einer Grenzmauer zu Mexiko bewilligen. Tatsache ist, dass Kongress und Senat sich bis Ende September auf einen Haushalt für das am 1. Oktober beginnende Fiskaljahr 2017/18 einigen müssen, aber auch auf die Anhebung der Schuldenobergrenze.

Wird die Schuldenobergrenze nicht angehoben, kann das Finanzministerium ab Oktober nur noch so viel Geld ausgeben, wie es durch Steuern einnimmt. Eine weitere Schuldenaufnahme wäre nicht möglich. Da der US-Haushalt aber nach wie vor ein Defizit von rund 700 Mrd. Dollar pro Jahr aufweist, könnte die Regierung nicht mehr alle Verpflichtungen erfüllen. Im äußersten Fall könnten auch Zins- und/oder Tilgungszahlungen auf US-Staatsanleihen ausfallen. Dieses Szenario einer Staatspleite beunruhigt die Finanzmärkte, da ein Zahlungsausfall bei amerikanischen Staatsanleihen wohl eine weltweite Finanzkrise nach sich ziehen würde.

Dies ist aber zweifellos allen Beteiligten klar, was ein solches Szenario unwahrscheinlich macht. Der US-Finanzminister dürfte im Fall der Fälle Zins- und Tilgungszahlungen sowie Rentenzahlungen über andere Ausgaben stellen. Im Zweifel würden tausende Staatsangestellte in Zwangsurlaub geschickt, um das Geld für die Lohnzahlungen zu sparen. Zudem würden andere Ausgaben, zu denen der Staat nicht gesetzlich verpflichtet ist, eingeschränkt.

Government Shutdown wäre keine Überraschung

Letztmals gab es eine solche Situation im Oktober 2013, als der von den Republikanern dominerte Senat die Anhebung der Schuldenobergrenze blockierte, um Präsident Barack Obama unter Druck zu setzen. Nachdem die Demokraten nicht nachgaben, beendete
der Senat seine Blockade nach zwei Wochen. Kurios ist, dass Republikaner und Demokraten diesmal gar nicht weit auseinander liegen und sich bei der Schuldenobergrenze bis Ende September wohl einigen würden. Jetzt droht jedoch der Präsident mit einem Veto, sollte der Kongress ihm im neuen Haushalt nicht 1,6 Mrd. Dollar für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko bewilligen.

Dies lehnen die Demokraten ab und selbst viele republikanische Abgeordnete halten den Bau einer Mauer für überflüssig. Da auch die Mehrheit der Amerikaner gegen das Vorhaben ist, fragen sich Beobachter, wie lange Trump versuchen wird, seine Forderung durchzusetzen. Senat und Abgeordnetenhaus sind noch bis zum 4. September in der Sommerpause. Danach bleiben weniger als vier Wochen, um eine Einigung zu erzielen, weshalb ein Government Shutdown Anfang Oktober niemanden überraschen sollte. Bis zu einer Einigung werden Anleger wohl nervös bleiben.

Der Dollar dürfte bis zu einer Einigung schwach bleiben. Im Falle eines Government Shutdown wird der Druck auf die Republikaner und Trump rasch so groß werden, dass man sich binnen weniger Wochen auf eine Anhebung der Schuldengrenze einigen dürfte. Nachhaltig negative Auswirkungen auf die US-Wirtschaft oder gar ein Zahlungsausfall bei amerikanischen Staatsanleihen sind sehr unwahrscheinlich.

Janet Yellen vermeidet Aussagen zur Zinspolitik

Mit Spannung verfolgten Börsianer auch die Konferenz der Notenbanker im amerikanischen Jackson Hole. Die Chefin der US-Zentralbank Fed Janet Yellen warnte in ihrer Rede die Politik vor einem Zurückdrehen der Finanzmarktregulierung. Anpassungen am Rahmenwerk sollten dezent ausfallen, betonte sie. Es gehe darum, die durch Reformen “gesteigerte Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems” zu bewahren. Trump strebt eine Aufweichung der Bankenregulierung an, die nach der Finanzkrise beschlossen wurde. Beobachter, die auf Hinweise Yellens zum zinspolitischen Kurs gehofft hatten, wurden enttäuscht, die Fed-Chefin erwähnte die Geldpolitik mit keinem Wort. Deshalb rechnen Ökonomen nicht damit, dass es zu baldigen Zinsanhebungen kommt.
Die Fed hat den Schlüsselsatz zur Versorgung der Banken mit Geld zuletzt im Juni auf 1,0 bis 1,25 Prozent angehoben und will bis Jahresende nachlegen, falls die Konjunktur dies zulässt. Im Führungskreis der Notenbank werden aber immer wieder unterschiedliche Stimmen laut, wie es weitergehen soll: Während die Chefin des Fed-Bezirks Cleveland, Loretta Mester, schrittweise Anhebungen für angemessen hält, mahnte ihr Kollege Robert Kaplan von der Dallas-Fed zur Vorsicht.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi hielt in Jackson Hole ebenfalls eine Rede. Dabei vermied er bewusst jeden Bezug zu den heiklen Themen Euro-Stärke und QE-Tapering. Der Markt scheint dies als Indiz dafür zu interpretieren, dass seitens der EZB nicht mit einer Ankündigung der Reduzierung der Anleihekäufe im September zu rechnen ist. Der Fokus der Finanzmärkte liegt nun auf der EZB-Zinssitzung im Oktober.

Konjunkturzahlen überraschen positiv

Was die Konjunktur betrifft, kamen vergangene Woche überwiegend erfreuliche Nachrichten. So ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Außerdem wurde die vom Statistischen Bundesamt ursprünglich gemeldete
Zuwachsrate für das erste Vierteljahr von 0,6 auf 0,7 Prozent nach oben revidiert. Selbst bei einer unterstellten Zuwachsrate von jeweils nur 0,3 Prozent im dritten und vierten Quartal ergäbe sich für das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr eine Wachstumsrate von 2,0 Prozent. Tatsächlich deuten die bereits vorliegenden Daten für das dritte Quartal aber keine Verlangsamung der konjunkturellen Dynamik an. Die Zuwachsrate dürfte ähnlich groß ausfallen wie im zweiten Quartal.

Gleichzeitig geben die aktuellen Frühindikatoren Anlass zu Optimismus. Der Markit-Einkaufsmanagerindex (PMI) zur Unternehmensstimmung in der privaten Wirtschaft in der Eurozone ist im August entgegen den Erwartungen um 0,1 auf 55,8 Punkte gestiegen. Dabei überraschte vor allem die Stimmungsverbesserung in der Industrie, während im Dienstleistungssektor der Optimismus etwas weiter abnahm.

Im August haben sich in der Industrie vor allem die Exportaufträge überaus positiv entwickelt. Das gilt sowohl im Euroraum insgesamt als auch in den beiden großen Ländern, Frankreich und Deutschland. Damit stieg der Auftragsbestand in der Währungsunion so deutlich wie zuletzt vor elf Jahren, was auf mehr und mehr ausgelastete Kapazitäten hindeutet. Entsprechend wurden auch im August neue Arbeitsplätze geschaffen, wenngleich nicht mehr in so hohem Tempo wie im Juli.

Überraschend gut fiel auch das ifo-Geschäftsklima für Deutschland aus. Mit 115,9 Punkten hat es sich im August – anders als von den meisten Ökonomen erwartet (Konsens: 115,5) – nahezu auf dem Rekordwert des Vormonats gehalten (116,0). Die Geschäftserwartungen sind sogar gestiegen (107,9 nach 107,3), während die aktuelle Lagebeurteilung etwas gesunken ist (124,6 nach 125,4). Im Kernbereich des Verarbeitenden Gewerbes ist das ifo-Geschäftsklima weiter gestiegen.

Die jüngsten Daten zeigen, dass die Wirtschaft in der Eurozone, insbesondere in Deutschland, vorerst weiter gut läuft. Etwas unerwartet kam der Impuls für die Industrie aus dem Ausland, da die Stärke des Euro zumindest die Exporte ins Nicht-Euro-Ausland verteuert. Die Unternehmen blicken weiter positiv in die Zukunft, weiten ihre Kapazitäten aus und schaffen neue Arbeitsplätze. Damit dürfte die EZB weiterhin genug Anlass haben, in ihrer Kommunikation auf die gute Konjunktur im Euroraum zu verweisen.

Was die neue Woche bringt

In der Eurozone liegt der Fokus diese Woche auf den Inflationszahlen für August. Es ist zu erwarten, dass die Preisentwicklung weiterhin sehr moderat bleibt. So dürfte insbesondere in Deutschland der Sondereffekt der verteuerten Pauschalreisen im August wieder wegfallen, womit die Kernrate wieder sinken dürfte (Mi.). Bei gleichzeitig leicht steigenden Energiepreisen ist deshalb eine unveränderte Jahresrate für die Gesamtinflation wahrscheinlich. Dies gilt auch für Frankreich und Italien, womit die Gesamtrate in der Währungsunion ebenfalls unverändert bei 1,3 Prozent zum Vorjahr gelegen haben sollte (Do.).

Im Gegensatz zur gedämpften Preisentwicklung dürften sich die Konjunkturindikatoren weiter stark zeigen. So sollte, nach den guten Vorgaben der Einkaufsmanagerindizes und der nur geringen Normalisierungsbewegung des ifo-Geschäftsklimas, der Stimmungsindikator der Europäischen Kommission (ESI) im August erneut nicht zurückgegangen sein. Denn neben dem Verbrauchervertrauen dürfte auch das Industrievertrauen etwas gestiegen sein, obwohl der zuletzt stärkere Euro-Außenwert tendenziell belastend wirkt (Mi.).
Durch den anhaltenden Aufschwung verbessert sich auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt stetig. So ist für Deutschland im August erneut mit einem saisonbereinigten Rückgang der Arbeitslosigkeit zu rechnen (Do.). Der Stellenaufbau bleibt kraftvoll und auch die Aussichten sind mit einer steigenden Anzahl unbesetzter Stellen unverändert positiv.
In den USA stehen die Arbeitsmarktdaten für August zur Veröffentlichung an (Fr.). Mit Blick auf die zuletzt gesunkenen Beschäftigungskomponenten der Frühindikatoren sollte der Stellenaufbau etwas niedriger als zuletzt ausgefallen sein. Die Arbeitslosenquote wird aber wohl weiter bei 4,3 Prozent (16-Jahrestief) verharren. Obwohl die Auslastung des Arbeitsmarktes hoch ist und es so viele offene Stellen gibt wie noch nie, dürfte der Lohndruck im August wieder etwas schwächer ausgefallen sein.

Auf Seiten des Konsumenten dürften die Einkommen im Juli nach einer Stagnation im Juni wieder gestiegen sein (Do.). Hierfür spricht die gute Arbeitsmarktentwicklung der letzten Monate ebenso wie die Kursgewinne an den Börsen im Juli. Die Verbraucher dürften im Juli nur einen Teil der Einkommenssteigerung für Konsumzwecke ausgegeben und den Rest zum Aufbau der zuletzt gesunkenen Ersparnisse genutzt haben.

Die Konsumentenpreise (PCE-Deflator) sollten mit Blick auf die CPI-Entwicklung im Juli nur leicht zum Vormonat gestiegen sein und die Jahresrate bei 1,4 Prozent bleiben. Wegen eines Basiseffektes fällt die jährliche Kerninflationsrate voraussichtlich leicht auf 1,4 Prozent.
Der ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe könnte sich, nach den schwachen Vorgaben des Markit PMI für die Industrie, im August das zweite Mal in Folge eingetrübt haben (Fr.). Das Niveau dürfte jedoch nach wie vor eine Ausweitung der Geschäftstätigkeit in der Industrie signalisieren.

 

Die wichtigsten Konjunkturzahlen der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 28.8.2017
Keine wichtigen Daten
Dienstag, 29.8.2017
GfK-Konsumklima Deutschland (Punkte)September10.910.8
Conference Board Verbrauchervertr. USA (Punkte)August120121.1
Mittwoch, 30.8.2017
ESI Index Euroland (Punkte)August111.2111.2
Industrievertrauen Euroland (Punkte)August4.74.5
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)August-1.5-1.7
Verbraucherpreise Deutschland (% zum Vorjahr)August1.71.7
BIP USA (% zum Vorquartal, annualisiert)Q22.42.6
Donnerstag, 31.8.2017
Industrieproduktion Japan (% zum Vormonat)Juli-0.32.2
PMI Verarb. Gewerbe China (Punkte)August51.351.4
Einzelhandelsumsatz Deutschland (% zum Vorm.)Juli-0.51.4
Arbeitslosenrate Deutschland (%)August5.75.7
Arbeitslosenrate Euroland (%)Juli9.19.1
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr)August1.31.3
Private Einkommen USA (% zum Vormonat)Juli0.20
Konsumausgaben USA (% zum Vormonat)Juli0.40.1
PCE-Deflator USA (% zum Vorjahr)Juli1.41.4
PCE-Deflator Kernrate USA (% zum Vorjahr)Juli1.41.5
Freitag, 1.9.2017
PMI Caixin Verarb. Gewerbe China (Punkte)August5151.1
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte)August59.359.4
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte)August57.357.4
Beschäftigung USA (Tsd. zum Vormonat)August175209
Arbeitslosenrate USA (%)August4.34.3
ISM Index Verarb. Gewerbe USA (Punkte)August56.256.3
Uni Michigan Konsumklima USA (Punkte)August97.397.6