Enthüllungen über die Weitergabe streng geheimer Informationen an Russland und der Versuch von US-Präsident Donald Trump, FBI-Ermittlungen zu beeinflussen, haben vergangene Woche die Aktienmärkte in Amerika und Europa belastet. Diesseits des Atlantiks dämpfte zudem die Aufwertung des Euro die Stimmung der Börsianer. Ungeachtet dessen sieht der Trend bei den europäischen Aktienindizes derzeit besser aus als der am US-Markt.
Überdurchschnittlich gut entwickelten sich zuletzt Ölaktien. Sie profitierten von einer Initiative Saudi-Arabiens und Russlands für eine Verlängerung des zur Jahresmitte auslaufenden Opec-Beschlusses zur Kürzung der Rohölförderung um weitere neun Monate. Diese hatte zu einer deutlichen Erholung des zuvor schwachen Ölpreises geführt.

Anlageprofis sind weiter optimistisch

Trotz der aktuellen Trump-Skepsis herrscht bei Anlegern ein hohes Maß an Optimismus. Das zeigt auch die jüngste Fondsmanager-Umfrage von Bank of America Merrill Lynch. Die Erwartungen der Anlageprofis für die Weltkonjunktur blieben von Zuversicht geprägt. 48 Prozent von ihnen gehen für die kommenden zwölf Monate von einer besseren Entwicklung der globalen Wirtschaft aus, nach 50 Prozent im Vormonat. Im Januar waren es allerdings noch 62 Prozent. Für die Firmengewinne haben sich die Erwartungen dennoch erhöht. 56 Prozent der Befragten erwarten nun auf Jahressicht einen besseren Ausblick für die Unternehmensgewinne, nach 50 Prozent im Vormonat.

Vor diesem Hintergrund gewichteten die Fondmanager Aktien wieder höher. Der Anteil derjenigen, die in Aktien übergewichtet sind, stieg von 40 Prozent im Vormonat auf nunmehr 45 Prozent. Das ist insofern erstaunlich, als 37 Prozent der Befragten Aktien bereits für überbewertet halten, so viel wie seit Januar 2000 nicht mehr.
Unverändert blieb die durchschnittliche Liquiditätsquote in den Portfolios der Fondsmanager. Mit 4,9 Prozent befindet sie sich weiter auf relativ hohem Niveau. Die Aktien-Sektor-Allokation deutet jedoch – wie die Aktiengewichtung insgesamt – auf eine ziemlich offensive Positionierung der Fondsmanager hin. So sind in Europa Banken, Technologie, Automobile und Industrie übergewichtet.

Was die regionale Verteilung betrifft, so haben die Fondsmanager nach dem Wahlsieg Emmanuel Macrons in Frankreich und den damit gesunkenen politischen Risiken nochmals stärker in den Euroraum investiert. Aktien aus der Eurozone werden aktuell von 59 Prozent übergewichtet, nachdem es im Vormonat 48 Prozent waren. Demgegenüber werden US-Aktien weiter gemieden. Das hat mit der in den letzten Monaten gestiegenen Skepsis gegenüber der Durchsetzung der geplanten konjunkturstimulierenden Maßnahmen Trumps zu tun, aber auch mit der Ansicht, dass besonders US-Dividendentitel schon stark überbewertet seien. Daher werden US-Aktien nun zu 17 Prozent untergewichtet. Mit 41 Prozent werden Emerging-Markets-Aktien dagegen weiter deutlich übergewichtet.

Starke Gewichtung von Euro-Aktien könnte zum Bumerang werden

Die starke Übergewichtung von Aktien aus dem Euroraum ist inzwischen als Bürde für die weitere Entwicklung europäischer Aktien ins Kalkül zu ziehen. Da ein Großteil der Profianleger in dieser Region überdurchschnittlich investiert ist, droht der starke Mittelzufluss abzuebben oder könnte sich bei negativen Nachrichten umkehren.
Ein anderer Indikator, der ebenfalls ausgeprägten Optimismus der Anleger signalisiert, ist der von Investors Intelligence erhobene Sentimentindikator der US-Börsenberatungsdienste. Er befindet sich mit einem Saldo von Bullen und Bären von 41,0 Prozent klar über dem langfristigen Durchschnitt (20,9 Prozent). Ließe der hohe Optimismus spürbar nach, wäre dies eine Belastung für die Aktienmärkte.

Zweifel an Handlungsfähigkeit Trumps

In den kommenden Wochen dürften die Akteure an den Börsen weiter gespannt Richtung Washington blicken. Sie fragen sich, ob Trump den russischen Außenminister Lawrow tatsächlich mit höchst vertraulichen Informationen eines mit Amerika verbündeten Geheimdienstes versorgt hat. Bestätigt sich dieser Verdacht, droht Trump sogar ein Amtsenthebungsverfahren. Fraglich ist auch, ob der US-Präsident angesichts der Turbulenzen um seine Person in der Lage sein wird, seine ehrgeizigen wirtschaftspolitischen Pläne in die Tat umzusetzen. Die waren seit seiner Wahl immerhin der Treiber einer sehr dynamischen Aktien-Rallye. Nun lautet die bange Frage der Anleger: Wird sich die Trump-Rallye umkehren?

Vermutlich wird es bei der Realisierung der Pläne Trumps zu Verzögerungen kommen. Und die Probleme der US-Regierung sind wohl für so manchen Anleger ein Argument, um Kursgewinne mitzunehmen. Allerdings gilt auch in diesem Zusammenhang, dass politische Börsen kurze Beine haben. Das spricht dafür, dass es in den USA keinen Crah geben wird, der die europäischen Aktienmärkte mit nach unten ziehen würde. Was natürlich nicht bedeutet, dass es nicht zu kräftigen Schwankungen der Notierungen kommen kann.

Möglicher Zinsschritt der Fed im Juni

politischen Risiken rund um eine mögliche Amtsenthebung Trumps und beschwichtigende Aussagen einzelner Vertreter der Notenbank Fed haben in den letzten Tagen auch Markterwartungen an künftige Zinserhöhungen der Fed gedämpft. So betonte Chicago Fed-Präsident Evans, dass es nur noch einen weiteren Zinsschritt 2017 geben könnte, sollte sich der Inflationsausblick weiter eintrüben. Minneapolis Fed-Präsident Kashkari sprach sich gegen den Einsatz von Zinserhöhungen zur Eindämmung potentieller Spekulationsblasen aus.
Dagegen äußerte sich Philadelphia Fed-Präsident Harker optimistisch in Bezug auf weitere Zinsschritte. Er rechnet noch mit mindestens zwei Anhebungen in diesem Jahr und bezeichnete die Juni-Sitzung als „klare Möglichkeit“ hierfür. Hinsichtlich der aufgeblähten Fed-Bilanz stellt sich Harker einen graduellen Abbau vor, der mit der Zeit zunehmen könnte. Dabei sei es notwendig, die Abbaugeschwindigkeit „behutsam und deutlich zu kommunizieren“, um Marktverwerfungen zu vermeiden.

Keine eindeutigen Signale der EZB

Während die Fed schon seit einiger Zeit auf Zinserhöhungskurs ist, warten Ökonomen und Börsianer auf Zeichen der Europäischen Zentralbank (EZB) zum weiteren geldpolitischen Kurs. Offenbar gehen die Meinungen im EZB-Rat zum Timing etwaiger Straffungssignale zunehmend auseinander. Das Protokoll zur April-Ratssitzung hat bestätigt, dass eine Anpassung des gegenwärtigen Risikoausblicks beim Wachstum denkbar ist, sofern sich die wirtschaftliche Erholung fortsetzt. Gleichzeitig offenbart das Protokoll eine verhaltene Einschätzung zur Inflationsentwicklung und Vorbehalte, insbesondere von Direktoriumsmitglied Praet, gegenüber Änderungen des Ausblicks (Forward Guidance). Vergangene Woche betonte Praet, dass die gegenwärtige Entwicklung der Inflation noch keine Änderung der EZB-Politik erlaube.
EZB-Präsident Draghi äußerte sich positiv über die Konjunktur, betonte aber zugleich die Notwendigkeit weiterer struktureller Reformen. Schärfere Töne kamen von Direktoriumsmitglied Coeuré. Er warnte vor einer zu langsamen Anpassung der Geldpolitik und brachte abermals eine Anhebung des Einlagensatzes vor dem Ende von Quantitative Easing (QE) ins Gespräch, sofern die Kreditvergabe von Banken unter dem Negativzins leiden würde. Im Moment sieht er dafür aber noch keinen Grund.

Was die neue Woche bringt

In der Eurozone dürften die Frühindikatoren auch diese Woche positiv ausfallen und die Stärke des Aufschwungs untermauern. Zwar ist für die Markit-Einkaufsmanagerindizes keine weitere Verbesserung zu erwarten (Di.). Sie dürften jedoch ihr hohes Niveau bestätigen, womit die Ampel für eine Fortsetzung des Aufschwungs im Euro-Währungsraum weiter auf grün stände.
Für Deutschland werden die Einkaufsmanagerindizes ihre positive Entwicklung der Vormonate wohl ebenfalls bestätigen. Von weiteren Verbesserungen ist aber hier zu Lande nicht auszugehen. Dagegen dürfte das ifo-Geschäftsklima von seinem bereits hohen Niveau aus noch leicht steigen (Di.). Dies sollte zusammen mit der starken BIP-Wachstumsrate von 0,6 Prozent im ersten Quartal mehr und mehr auch auf die Verbraucher abfärben. Das heißt, dass das GfK-Konsumklima für Juni eine nochmals verbesserte Konsumentenstimmung prognostizieren dürfte (Mi.).

In den USA fallen die Konjunkturdaten wohl auch diese Woche uneinheitlich aus. Die Auftragseingänge langlebiger Güter dürften im April von der sehr geringen Bestelltätigkeit in der Luftfahrtbranche gebremst worden sein (Fr.). Ohne diesen bremsenden Faktor ist mit einer robusten Entwicklung der Aufträge zu rechnen. Dies deuten auch die bereits veröffentlichten starken Zahlen zur Industrieproduktion im April an. Der industrielle Ausblick dürfte weiterhin moderat positiv ausfallen. So sollte der Markit Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe im Mai leicht gestiegen sein (Di.). Zwar könnte das etwas niedrige Ölpreisniveau bremsend gewirkt haben. Der etwas schwächere US-Dollar dürfte die Exportwirtschaft aber gestützt haben. Keine großen Revisionen dürfte die zweite Veröffentlichung zum BIP im ersten Quartal (Fr.) bringen. Vor allem die schwächeren März-Exportdaten stehen einer Aufwärtsrevision entgegen.

In Japan dürften die Verbraucherpreise im April zum Vormonat spürbar zugelegt haben (Fr.). Dieser Anstieg ist aber saisonal üblich, weshalb die leichte Zunahme der jährlichen Inflationsrate auf 0,3 Prozent nicht überinterpretiert werden sollte. Die Inflation liegt weiterhin deutlich unterhalb des Inflationsziels der Bank von Japan von zwei Prozent.

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 22.5.2017
Exporte Japan (% zum Vorjahr)April7.912
Importe Japan (% zum Vorjahr)April14.815.8
Dienstag, 23.5.2017
BIP Deutschland (% zum Vorquartal)Q10.60.6
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte)Mai5858.2
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte)Mai55.555.4
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte)Mai56.556.7
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte)Mai56.456.4
Ifo-Geschäftsklima Deutschland (Punkte)Mai113.1112.9
Ifo Akt. Geschäftslage Deutschland (Punkte)Mai120.9121.1
Ifo Geschäftserwartungen Deutschland (Punkte)Mai105.7105.2
Richmond Fed-Index USA (Punkte)Mai1520
Neubauverkäufe USA (Tsd.)April615621
Mittwoch, 24.5.2017
GfK-Verbrauchervertrauen Deutschland (Punkte)Juni10.210.2
Donnerstag, 25.5.2017
keine wichtigen Daten
Freitag, 26.5.2017
Verbraucherprieise Japan (% zum Vorjahr)April0.40.2
BIP USA (% zum Vorquartal, annualisiert)Q10.90.7
Auftragseing. langleb. Güter USA (% zum Vorm.)April-1.80.9
Uni Michigan Konsumklima (Punkte)Mai97.597.7