Die Bundestagswahl hat die politische Landschaft in Deutschland erbeben lassen. Zwar kann Bundeskanzlerin Angela Merkel aller Voraussicht nach weiterregieren. Allerdings ist ihr der bisherige Koalitionspartner abhandengekommen, wenn man die Aussagen führender SPD-Repräsentanten ernst nimmt. Denn nach herben Verlusten wollen die Sozialdemokraten im nächsten Bundestag die Opposition anführen. Demnach müssen CDU und CSU nun versuchen, mit den Grünen und der FDP eine Regierungskoalition zu bilden. Andere Bündnisse sind derzeit kaum denkbar.
An der Börse scheint man davon auszugehen, dass die Regierungsbildung gelingt, obwohl sich CDU/CSU, FDP und Grüne in ihren Zielen teilweise erheblich unterscheiden. Jedenfalls drehte der DAX nach anfänglichen leichten Verlusten schon bald ins Plus, während der Euro geringfügig nachgab.

Yellen macht Ernst

Mit Spannung hatten Anleger vergangene Woche auch darauf gewartet, welche Ergebnisse die Sitzung der US-Notenbank Fed bringen würde. Diese entsprachen weitgehend den Erwartungen und wurden an den Märkten mit Wohlwollen registriert. Die Währungshüter ließen den Leitzins in der Spanne zwischen 1,0 und 1,25 Prozent und stellen in ihren Projektionen unverändert einen weiteren Zinsschritt in diesem Jahr in Aussicht. Außerdem beschlossen Fed-Chefin Janet Yellen und ihre Mitstreiter im Offenmarktausschuss der Notenbank (FOMC), die Fed-Bilanz langsam abzuschmelzen. Der Bilanzabbau soll im Oktober beginnen, indem ab diesem Zeitpunkt Reinvestitionen der auslaufenden Wertpapiere, die zwischen 2008 und 2014 in der Bilanz angehäuft wurden, um einen langsam steigenden Betrag reduziert werden.

Dieser Einstieg in die Bilanzreduktion ist das Ende einer Ära in der Fed-Liquiditätspolitik. Die Frage ist nun, was das für die Aktienmärkte bedeutet. Schließlich führen viele Analysten die seit Jahren anhaltende Hausse an den Börsen in beträchtlichem Maße auf die extrem lockere Geldpolitik der Fed und anderer großer Zentralbanken zurück. Zweifellos haben die Quantitative-Easing-Programme (QE) der Fed über mehrere „Kanäle“ positiv auf die Aktienmärkte gewirkt.

Erstens zogen die massiven Anleihenkäufe ein niedrigeres Zinsniveau an den Kapitalmärkten nach sich, wodurch Aktien in Relation zu Bonds attraktiver wurden und die Aktienbewertungen stiegen. Zweitens kam die durch die QE-Programme geschaffene Geldschwemme (neben anderen Assetmärkten) den Aktienmärkten direkt zugute, was sich gleichfalls in steigenden Aktienbewertungen niederschlug. So ist der Aufschwung am amerikanischen Aktienmarkt zu einem Großteil höheren Bewertungen zu verdanken. Beispielsweise ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) des US-Aktienmarkts (gemessen am Datastream Total-Market-Index USA) von 1,4 im März 2009 auf aktuell 3,2 gestiegen. Das sogenannte Shiller-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das auf Zehnjahres-Durchschnittsgewinnen basiert, stieg von 13,3 im März 2009 auf aktuell gut 30 und damit weit über den langjährigen Durchschnitt.

Drittens wirkten die QE-Programme durch ihre konjunkturstimulierenden Effekte positiv auf die Aktienmärkte. Denn die gute Konjunktur war mitentscheidend für die günstige Entwicklung der Unternehmensgewinne in den vergangenen Jahren. Auf lange Sicht sind Firmengewinne der wichtigste Treiber der Aktienmarktrenditen. In den USA ist der Gewinntrend seit 2009 – abgesehen von kurzen Unterbrechungen – nach oben gerichtet.

Fed-Bilanzabbau tendenziell Belastung für Aktienmärkte

Stellt die Fed die Reinvestition fällig werdender Wertpapiere nun schrittweise ein, entzieht sie damit den Märkten nach und nach Liquidität. Das heißt, dass ein unterstützender Faktor für die Aktienmärkte wegfällt. Das muss aber noch keine Trendwende an den Börsen bedeuten. Erstens setzen andere große Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) und insbesondere die Bank of Japan ihre QE-Programme noch fort, weshalb die weltweite Liquiditätsversorgung vorerst weiter zunimmt. Zweitens wirkt die Zinspolitik der großen Zentralbanken nach wie vor expansiv, selbst wenn die Fed ihre Leitzinsen weiter moderat anhebt. Die EZB wird an ihrer Niedrigzinspolitik voraussichtlich noch bis 2020 festhalten.

Erfahrungsgemäß erreichen die Aktienmärkte ihren Gipfel erst, wenn die geldpolitische Straffung weit vorangeschritten ist und sich entweder spürbare Bremseffekte in der Konjunktur zeigen oder die Kapitalmarktzinsen kräftig steigen – und damit die Aktienbewertungen belasten. Aktuell sind die Realzinsen jedoch noch ausgesprochen niedrig und Experten erwarten für die nächsten zwei Jahre nur einen gedämpften Anstieg der Anleiherenditen.

Drittens ist davon auszugehen, dass die globale Wirtschaft auf Wachstumskurs bleibt. In der größten Volkswirtschaft der Welt, den USA, dürfte sich das Wachstumstempo sogar beschleunigen. Damit sollte sich auch der Aufwärtstrend bei den Unternehmensgewinnen fortsetzen, wenngleich auf Grund der schon hohen Margen in den nächsten Jahren nur gedämpft.

Kurzfristig noch kein Ende der Hausse

Es spricht also einiges dagegen, dass der seit 2009 anhaltende Aufwärtstrend an den Aktienmärkten infolge der nun beginnenden Fed-Bilanzreduzierung kurzfristig sein Ende erreicht. Andererseits dürften Kurssteigerungen kaum mehr durch eine Ausweitung der Bewertungen erfolgen, sondern weitgehend parallel zum Anstieg der Firmengewinne. Gleichzeitig werden wohl vor dem Hintergrund des allmählich kleiner werdenden Rückhalts durch die Geldpolitik konjunkturelle Risiken künftig stärker auf die Aktiennotierungen durchschlagen als in den letzten Jahren.

Während die Fed bereits handelt, herrscht im EZB-Rat laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters Uneinigkeit, was das Ende des QE-Programms betrifft. Während einige Ratsmitglieder ein verbindliches Enddatum der Anleihekäufe festlegen wollen, bevorzugen andere eine Reduzierung des Volumens ohne ausdrücklich ein Abschlussdatum zu nennen. EZB-Beobachter halten die zweite Variante für realistischer, weil die EZB sich damit ein erneutes Ausweiten des Programms offen hielte, sollte dies notwendig werden. Sonst gab es in der vergangenen Woche kaum Neues von Seiten der EZB. Lediglich das als geldpolitischer Falke bekannte Ratsmitglied Klaas Knot gab an, dass die Aufwertung des Euro seiner Ansicht nach Ausdruck der Stärke der Wirtschaft in der Eurozone sei und somit ein Indikator für eine geringere Notwendigkeit von Anleihekäufen.

Aufschwung im Euroraum intakt

Von Seiten der Konjunkturdaten überraschte der Markit-Einkaufsmanagerindex (PMI) zur Unternehmensstimmung im Euroraum positiv. Er stieg im September unerwartet deutlich um 1,0 auf 56,7 Punkte. In der Industrie berichteten die befragen Unternehmen vor allem von einem merklich gestiegenen Auftragseingang. Hierzu trug nicht zuletzt das gute Neugeschäft bei den Exporten bei. Demzufolge stiegen die Auftragsbestände erneut und die Lieferzeiten verlängerten sich. Deshalb hat die Industrie auch im September neue Stellen geschaffen, um den ausgelasteten Kapazitäten Rechnung zu tragen.

Im Dienstleistungssektor entwickelte sich die Stimmung in Euroland ebenfalls positiv. Insbesondere in Deutschland und Frankreich waren starke Zuwächse zu verzeichnen. In den anderen Ländern der Währungsunion verringerte sich dagegen der Optimismus der Unternehmen in beiden Sektoren und sank sogar auf ein sechs-Monats-Tief. Preisseitig wurde in der Währungsunion im September in beiden Sektoren erneut von einem zunehmenden Preisdruck berichtet. Preiserhöhungen werden aber weiterhin nur teilweise an die Kunden weitergegeben.

Die jüngsten Daten der Einkaufsmanagerindizes signalisieren, dass der Aufschwung in der Eurozone zunächst weitergeht. Die starke Entwicklung der Ausfuhren zeigt, dass zumindest in kurzer Frist vom jüngst stärkeren Euro keine Bremseffekte auf die Konjunktur ausgehen. Volkswirte rechnen allerdings damit, dass diese mit Verzögerung kommen werden. Daher sollte sich das Wirtschaftswachstum der Eurozone gegen Jahresende etwas abschwächen.

Was die neue Woche bringt

In Euroland ist nach den guten Vorgaben der Einkaufsmanagerindizes für die anderen wichtigen Stimmungsindikatoren eine solide Entwicklung zu erwarten. So dürfte der ESI-Indikator der EU-Kommission im September noch etwas zugelegt haben (Do.) und das GfK-Verbrauchervertrauen für Oktober eine noch etwas höhere Kauflaune der deutschen Verbraucher prognostizieren (Do.). Somit bleiben die Vorgaben für die Konjunktur günstig.

Auf der Preisseite sind im September keine deutlichen Impulse zu erwarten. Zwar dürften etwas höhere Energiepreise im September die Gesamtrate in der Eurozone leicht angehoben haben (Fr.). Die Kerninflation bleibt aber weiterhin schwach. In Deutschland sollte die Jahresrate unverändert bleiben und ebenfalls noch die Zwei-Prozent-Marke der EZB unterschreiten (Do.). Eine Folge der anhaltend guten Konjunktur ist die erfreuliche Arbeitsmarktentwicklung. So dürfte in Deutschland eine erneute Abnahme der Arbeitslosigkeit verdeutlichen, dass die Unternehmen den Aufschwung als nachhaltig empfinden und neue Jobs schaffen (Fr.).

In den USA werden diese Woche erneut „harte“ Konjunkturdaten für August veröffentlicht, auf die Wirbelsturm Harvey Einfluss hatte. Hierzu gehören die Auftragseingänge langlebiger Güter, die ohne die volatile Transportgüterkomponente leicht rückläufig gewesen sein sollten (Mi.). Die Transportgüterbestellungen dürften dagegen vor allem in der Automobilbranche spürbar zugelegt haben. Denn die starken Stürme und Fluten rund um Hurrikan Harvey haben viele Autos zerstört, die nun ersetzt werden müssen.

Allerdings dürfte Harvey im August die Konsumausgaben der Amerikaner gebremst haben (Fr.). Darauf deuten die schwachen Einzelhandelsumsätze im August hin. Die privaten Einkommen dürften dagegen robust zugelegt haben (Fr.). Die Inflationsentwicklung der privaten Konsumausgaben (PCE-Deflator) dürfte sich ähnlich entwickeln wie die vorab veröffentlichten CPI-Inflationsdaten für August (Fr.). Somit sollte wegen der deutlich gestiegenen Benzinpreise die Gesamtinflationsrate leicht auf 1,5 Prozent gestiegen sein. Die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittelpreise) dürfte im August dagegen ihr Niveau von 1,4 Prozent gehalten haben. Der jüngste Preisanstieg der Verbraucherpreise dürfte vor allem den Stürmen geschuldet sein. Die unterliegende Teuerungsdynamik sollte demgegenüber anhaltend niedrig bleiben. Von der dritten Veröffentlichung des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das zweite Quartal sind keine größeren Revisionen zu erwarten (Do.).

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 25.9.2017
ifo-Geschäftsklima Deutschland (Punkte)September115.9115.9
ifo-Geschäftslage Deutschland (Punkte)September124.6124.6
ifo-Geschäftserwartungen Deutschl. (Punkte)September107.7107.9
Dienstag, 26.9.2017
Richmond Fed-Index USA (Punkte)September1314
Conference Board Verbrauchervertr. USA (Punkte)September119.5122.9
Neubauverkäufe USA (Tsd.)August590571
Mittwoch, 27.9.2017
Einzelhandelsumsätze Deutschland (% zum Vorm.)August0.5-1.2
Auftragseing. langl. Güter USA (% zum Vormonat)August1.1-6.8
Donnerstag, 28.9.2017
GfK-Verbrauchervertr. Deutschland (Punkte)Oktober1110.9
ESI-Index Euroland (Punkte)September112111.9
Verbrauchervertr. Euroland (Punkte)September-1.2-1.2
Verbraucherpreise Deutschland (% zum Vorjahr)September1.81.8
BIP USA (% zum Vorquartal, annualisiert)Q233
Freitag, 29.9.2017
PMI Caixin Verarb. Gewerbe China (Punkte)September51.651.6
Arbeitslosenrate Deutschland (%)September5.75.7
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr)September1.61.5
Verbraucherpr. Kernrate Euroland (% zum Vorjahr)September1.21.2
Private Einkommen USA (% zum Vormonat)August0.30.4
Konsumausgaben USA (% zum Vormonat)August0.10.3
PCE-Deflator USA (% zum Vorjahr)August1.51.4
PCE-Deflator Kernrate USA (% zum Vorjahr)August1.41.4
Uni Michigan Verbrauchervertr. USA (Punkte)September95.295.3