Aufatmen in Europas Hauptstädten und an den Finanzmärkten: In den Niederlanden haben die Wähler den Rechtspopulisten eine Abfuhr erteilt. Mit einem ähnlichen Ergebnis zu Gunsten von EU-freundlichen Parteien ist auch für die Präsidentschaftswahl in Frankreich zu rechnen. Denn laut aktuellen Umfragen wird Marine Le Pen vom Front National im zweiten Wahlgang unterliegen. Auf längere Sicht besteht allerdings die Gefahr, dass die etablierten europäischen Politiker bei für sie günstigen Wahlergebnissen zu einem „weiter wie bisher“ neigen könnten – was die wirtschaftlichen Perspektiven des Kontinents im Vergleich zu anderen Weltregionen verschlechtern würde.

Neben der Holland-Wahl stand vergangene Woche die Sitzung der US-Notenbank Fed im Mittelpunkt des Anlegerinteresses. Obwohl die Anhebung des Leitzinses um 25 Basispunkte auf 0,75 bis 1,0 Prozent allgemein erwartet worden war, reagierten die Aktienmärkte darauf positiv. Auf Grund der Zinserhöhung können Fed-Chefin Janet Yellen und ihre Kollegen im Fed-Offenmarktausschuss nun darauf verweisen, auf die verbesserten Fundamentaldaten hin in den USA aktiv geworden zu sein. Auf diese Weise gewinnen die Währungshüter Zeit, bis sich ihnen ein konkreteres Bild von der Wirtschaftspolitik der neuen amerikanischen Regierung bietet.

US-Geldpolitik bleibt trotz Zinsanhebung expansiv

Die Leitzinsprojektionen der Fed signalisieren zwei weitere Zinssteigerungen in diesem Jahr sowie jeweils drei für 2018 und 2019. Man sollte aber nicht unbedingt darauf wetten, dass es wirklich so kommt. Denn Janet Yellen spricht von anhaltend akkommodierender (also expansiver) Geldpolitik. Das heißt nichts anderes, als dass der Geldhahn in den USA auch in Zukunft weit geöffnet bleibt. Unter Fed-Beobachtern ist man sich weitgehend einig, dass Yellen und Co. die amerikanische Wirtschaft durch Zinsanhebungen so wenig wie möglich belasten will. Das hat dazu geführt, dass sich der US-Dollar seit Jahresbeginn gegenüber den meisten Währungen tendenziell abgeschwächt hat.

Das Hauptaugenmerk der Fed richtet sich aktuell auf die Konjunkturmaßnahmen der Trump-Regierung. Deren Pläne sind bisher allerdings noch ziemlich verschwommen. Daher muss es die Notenbank mit weiteren Zinserhöhungen nicht eilig haben, obwohl die inzwischen deutlich gestiegenen Inflationsraten das nahezulegen scheinen. Die Fed führt diese Preissteigerungen jedoch vor allem auf Basiseffekte steigender Rohstoffpreise zurück und hält sie deswegen für lediglich vorübergehend. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sie ihre Inflationsprognosen bei ihrer März-Sitzung nicht verändert hat. Sie erwartet einen Anstieg von 1,9 Prozent im laufenden Jahr und von jeweils 2,0 Prozent in den beiden nächsten Jahren.

Vermutlich ist wegen der unzureichenden Förderdisziplin der Opec-Staaten und der alternativen Fördermethode Fracking mit keinen nachhaltig höheren Ölpreisen zu rechnen. Tatsächlich haben die Zahl aktiver US-Ölbohrungen und damit auch die US-Ölproduktion wieder spürbar zugenommen, seit der Ölpreis oberhalb der 50 Dollar-Marke liegt. Die Rohstoffseite gibt der Fed ein Argument an die Hand, in Sachen Zinserhöhungen weiterhin sehr behutsam vorzugehen.

US-Fiskalpolitik rückt in den Fokus

Doch nicht nur die US-Geldpolitik beschäftigt die Anleger, sondern zunehmend auch die US-Fiskalpolitik. Denn letzte Woche legte die neue Regierung ihren ersten vorläufigen Budgetplan vor. Demzufolge könnte zumindest das Defizit 2017 etwas geringer ausfallen als erwartet. Für das Fiskaljahr 2018 sollen die geplanten Änderungen budgetneutral sein und somit das Defizit nicht zusätzlich erhöhen. Der neue Plan sieht eine Aufstockung der Verteidigungsausgaben um 54 Mrd. US-Dollar vor und die Mittel der Heimatschutzbehörde werden (zum Beispiel für den Bau der Mauer zu Mexiko) 2018 um 2,6 Mrd. Dollar angehoben. Budgetkürzungen erfolgen insbesondere bei der Umweltbehörde, der Gesundheitsbehörde und im Außenministerium (insbesondere Entwicklungshilfe).

Die Auswirkungen einer geplanten Steuerreform sind in diesem Plan noch nicht berücksichtigt. Zusätzlich wurde auch ein Plan für das restliche Fiskaljahr 2017 vorgestellt (Mai bis Sep. 2017), der nach einem ähnlichen Muster vorgeht wie der Plan für 2018. Für 2017 soll das Pentagon 30 Mrd. Dollar zusätzlich zur Verfügung gestellt bekommen, die Heimatschutzbehörde erhält weitere drei Mrd. Dollar. Dies soll durch Einsparungen in Höhe von 18 Mrd. Dollar an anderen Stellen zumindest teilweise gegenfinanziert werden, so dass das Defizit um 15 Mrd. Dollar steigen würde.

Eine Umsetzung der Pläne ist schwierig, da sich die Demokraten gegen Einsparungen im zivilen Haushalt wehren dürften. Für die Verabschiedung des Budgetplans braucht Trump im Senat 60 Stimmen und damit acht Stimmen mehr als die Republikaner im Senat haben. Soweit bis Ende April kein neuer Haushaltsplan beschlossen oder der alte Plan verlängert wird, droht ein sogenannter „Government Shutdown“.

Der vollständige Haushaltsplan für 2018 wird erst Anfang Mai vorliegen. Er wird zudem aller Voraussicht nach mehrmals verändert werden, bis er beide Kongresskammern passieren kann. Dies dürfte wohl erst nach der Sommerpause des Kongresses im September erfolgen, zusammen mit einer Anhebung der Schuldenobergrenze, welche vor einigen Tagen erreicht wurde. Bis zum Herbst bleibt das US-Finanzministerium aber wohl dank Umverteilungen im Staatshaushalt noch zahlungsfähig. Danach droht auch hier ein Government Shutdown.

G20-Treffen enttäuscht

Nicht gefallen konnte Anlegern das Ergebnis des Treffens der G20-Finanzminister in Baden-Baden. Denn die Kassenwarte der 20 wichtigsten Volkswirtschaften der Welt konnten beim Streitthema Freihandel und Protektionismus nur mit Mühe ein Scheitern vermeiden. Auf Druck der USA, die unter der neuen Regierung von Präsident Trump Abschottungsmaßnahmen planen, verzichteten sie auf die lange Jahre übliche Formulierung, dass sie jede Form von Protektionismus ablehnen. Vielmehr reichte es nur für eine allgemeine (und im Grunde nichtssagende) Feststellung im Abschlusskommunique: „Wir arbeiten an einer Stärkung des Beitrages des Handels zu unseren Volkswirtschaften.“ Auch ein Bekenntnis zum Klimaschutz und seiner Finanzierung wollte die neue US-Regierung nicht mittragen. Es tauchte daher im Abschlusskommunique im Gegensatz zu früher nicht mehr auf. Daraus kann man schließen, dass der Welthandel unter dem Vorreiter USA künftig verstärkt unter Handelshemmnissen zu leiden hat. Für die Exportnation Deutschland ist das eine schlechte Nachricht.

Sind die Anleger zu sorglos?

Angesichts der kräftigen Aktienkurssteigerungen der vergangenen Monate ist nun die Frage interessant, ob die Aktienmärkte mittlerweile überhitzt sind. Dafür ist es unerlässlich, sich einige Stimmungsindikatoren näher anzusehen. Ein Maßstab für die Unsicherheit am Aktienmarkt ist die implizite Volatilität. Diese befindet sich sowohl in Deutschland und Europa, als auch in den USA auf historisch niedrigen Niveaus. So fiel der VDAX-NEW, der die implizite Volatilität des DAX misst, nach der Fed-Sitzung und der Parlamentswahl in den Niederlanden um rund 20 Prozent auf 11,9 Punkte, was deutlich unter dem langfristigen Median von 20,6 Zählern liegt. Der VIX, der die implizite Volatilität des S&P 500 misst, befindet sich mit 11,3 Punkten gleichfalls auf sehr niedrigem Niveau (Median seit 1992: 17,5).

Bei diesen niedrigen Volatilitätskennziffern muss man sich fragen, ob die Investoren angesichts der vorhandenen (politischen) Risiken zu sorglos agieren, was negativ hinsichtlich der Aussichten an den Aktienmärkten zu interpretieren wäre. Allerdings sind in Zeiten einer allgemein positiven Konjunkturentwicklung oft auch längere Phasen mit niedriger Volatilität üblich, ohne dass dies mit größeren Kurskorrekturen verbunden sein muss. Entscheidend für die Nachhaltigkeit einer derartigen Phase ist die Stabilität der fundamentalen Entwicklung. Trübt sich diese ein, steigt auch die implizite Volatilität in der Regel spürbar an.

Im Moment zeigen die konjunkturellen Frühindikatoren weiter aufwärts und die veröffentlichten Konjunkturdaten übertreffen häufig noch die Erwartungen. Das aktuell sehr niedrige Niveau des VDAX spricht deshalb keineswegs zwangsläufig für eine bevorstehende Kurskorrektur beim DAX. Dennoch ist Skepsis angebracht, ob der Aufwärtstrend auf diesem Niveau auf kurze Sicht noch viel Dynamik entfalten kann. Letztlich ist die niedrige implizite Volatilität ein Faktor von mehreren, die signalisieren, dass schon viel Positives in den Aktienkursen enthalten ist.

Einen gewissen Warnhinweis unter den Anleger-Stimmungsindikatoren liefert auch der von Investors Intelligence ermittelte Index, der das Sentiment von US-Börsenberatern misst. Dieser Indikator hatte Ende Februar einen Saldo von Aktien-Bullen zu Bären von 46,6 Prozent erreicht, was einen Rekordwert darstellte und deutlich über dem langfristigen Durchschnitt von 20,8 Prozent lag. Seit Anfang März hat das Sentiment der Börsenberater in den Rückwärtsgang geschaltet, zuletzt lag der Saldo von Optimisten und Pessimisten noch bei 35,9 Prozent. Sollte sich diese Bewegung fortsetzen, wäre dies mit Gegenwind am US-Aktienmarkt verbunden.

Was die neue Woche bringt

In der Eurozone dürften sich die Einkaufsmanagerindizes (PMI) im März insgesamt positiv entwickelt haben (Fr.). In Deutschland scheint das weitere Aufwärtspotenzial nach dem deutlichen Anstieg im Vormonat aber zunächst ausgeschöpft zu sein. So ist in beiden Sektoren allenfalls eine leichte weitere Stimmungsverbesserung zu erwarten, die mit Blick auf den hohen Stand der Indikatoren die starke Einschätzung der Konjunktur im ersten Quartal des Jahres untermauert. In Frankreich ist nach der unerwarteten Entwicklung im Vormonat eine Gegenbewegung wahrscheinlich. Dies dürfte dazu führen, dass sich das Sentiment in der Industrie im März verbessert, im Dienstleistungssektor aber angesichts des starken Anstiegs im Vormonat etwas eintrübt.

Die Verbraucher in der Währungsunion dürften optimistisch bleiben. Unterstützend wirkt hier wohl der zuletzt wieder gesunkene Ölpreis, der die Kaufkraft der Konsumenten via sinkende Kraftstoffpreise erhöht. Dies sollte sich in einem Anstieg des Verbrauchervertrauens der EU-Kommission für März zeigen (Do.). Für Deutschland ist zu erwarten, dass das GfK-Konsumklima seinen hohen Stand von zehn Punkten für April bestätigen kann und damit unverändert eine Fortsetzung der starken Binnenkonjunktur in Deutschland ankündigt (Do.).

Was die Inflation betrifft, sollte die Entwicklung auf den Vorstufen der Verbraucherpreise im Februar einen steigenden Preisdruck in Deutschland andeuten. So dürften die Erzeugerpreise im Februar zum Vormonat gestiegen sein (Mo.). Seit Oktober 2016 manifestiert sich damit ein positiver Preisauftrieb auf Unternehmensebene, der sich seit dem Jahreswechsel auch verstärkt in den Unterkomponenten der Unternehmensbefragungen (Preiserwartungen) ablesen lässt.

Die Jahresrate der Erzeugerpreise sollte damit sogar die Drei-Prozent-Marke überschreiten. Etwa die Hälfte dieses Anstiegs um knapp einen Prozentpunkt geht allerdings auf einen statistischen Basiseffekt insbesondere im Bereich der Energiepreise zurück. Der zuletzt zu beobachtende Rückgang des Rohölpreises spricht daher dafür, dass diese Preisdynamik auf Unternehmensebene kaum über den März gehalten werden kann.

In den USA werden diese Woche nur wenige Daten veröffentlicht. Die Auftragseingänge langlebiger Güter sollten ihre Dynamik vom Januar im Februar nicht ganz gehalten haben (Fr.). Beflügelt von robusten Flugzeugbestellungen dürften sie aber dennoch spürbar zugelegt haben. Auch ohne die volatilen Transportgüterbestellungen dürften sich die Auftragseingänge mit Blick auf die positiv gestimmten Frühindikatoren im Februar belebt haben und eine etwas stärkere Produktion in den nächsten Monaten andeuten. Dies wird wohl auch vom Markit Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe für März angezeigt werden (Fr.). Dieser sollte sich mit einem Stand von 54,5 Punkten im Vergleich zu Februar etwas verbessert haben, jedoch nicht das Niveau von Januar erreichen.

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 20.3.2017
Erzeugerpreise Deutschland (% zum Vorjahr)Februar3.22.4
Dienstag, 21.3.2017
Leistungsbilanz USA (Mrd. US-$)Q4-128.6-113
Mittwoch, 22.3.2017
keine wichtigen Daten
Donnerstag, 23.3.2017
GfK-Konsumklima Deutschland (Punkte)April1010
Neubauverkäufe USA (Tsd.)Februar560555
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)März-5.9-6.2
Freitag, 24.3.2017
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte)März56.556.8
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte)März54.554.4
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte)März55.255.4
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte)März55.355.5
Auftragseing. langleb. Güter USA (% zum Vorm.)Februar1.12
PMI Verarb. Gewerbe USA (Punkte)März54.554.2