Nach dem jüngsten Atomtest Nordkoreas hat sich der Konflikt um das Land erneut zugespitzt.
Das sorgte für Nervosität an den internationalen Finanzmärkten. Während der Goldpreis anzog, mussten die etablierten Aktienmärkte einen Rücksetzer hinnehmen. Eine militärische Intervention seitens der USA scheint allerdings weiterhin unwahrscheinlich. Zwar sind die Machthaber beider Länder wenig berechenbar, das Risiko, dass ein amerikanischer Militärschlag mit massiver Zerstörung in Südkorea verbunden sein dürfte, ist aber doch zu hoch– selbst für den aktuellen US-Präsidenten. Der negative Einfluss auf die Aktienmärkte sollte daher von kurzer Dauer sein.
Europäische Aktien wurden zuletzt außerdem durch die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar belastet, nachdem der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi bei seiner Rede anlässlich des Treffens von Notenbankern im amerikanischen Jackson Hole keine Sorgen über die starke Gemeinschaftswährung geäußert hatte. Daraufhin stieg der Euro zwischenzeitlich über die magische Marke von 1,20 Dollar.
Von der Konjunkturseite kamen vergangene Woche überwiegend Nachrichten, die an der Börse kursstützend wirkten. So hat die Industrie der Eurozone ihr Wachstumstempo weiter gesteigert. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) kletterte im August um 0,8 auf 57,4 Punkte; bei mehr als 50 Zählern signalisiert das Barometer Wachstum. Die Unternehmen werden von der anziehenden Binnennachfrage und vom boomenden Exportgeschäft begünstigt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums hat im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,6 Prozent zugelegt. Deutschlands Industriesektor expandierte im August mit einer der höchsten Raten seit Anfang 2011. Der Index kletterte um 1,2 auf 59,3 Punkte. In Frankreich und Italien ging es ebenfalls weiter bergauf.
Selbst Griechenland wächst wieder
Selbst Griechenlands Wirtschaft wächst wieder und verschafft der Regierung Rückenwind für die versprochenen Reformen. Das griechische BIP kletterte im zweiten Vierteljahr gegenüber Vorquartal um 0,5 Prozent und damit zum zweiten Mal in Folge. Bereits zu Jahresanfang war die Wirtschaft des Landes im gleichen Tempo gewachsen. Volkswirte erwarten für das zweite Halbjahr einen starken Tourismus und Schwung bei den Investitionen. Dies sind gute Nachrichten für die Regierung in Athen, denn Griechenland hängt weiter am Finanztropf seiner Euro-Partner. Das dritte Rettungspaket von bis zu 86 Milliarden Euro läuft bis Sommer 2018. Griechenland will dann finanziell wieder auf eigenen Füßen stehen und den Kapitalmarkt anzapfen. Athen steht im Herbst die dritte Reform-Prüfung durch die europäischen Geldgeber bevor.
Doch nicht nur in Euroland geht es konjunkturell aufwärts, auch die US-Wirtschaft läuft nach schwachem Jahresbeginn wieder besser. Dort stieg das BIP im zweiten Quartal mit einer Jahresrate von 3,0 Prozent. Das ist das stärkste Plus seit mehr als zwei Jahren und liegt deutlich über der ersten Schätzung von 2,6 Prozent. Jüngste Konjunkturdaten deuten zudem darauf hin, dass der Schwung auch im laufenden dritten Quartal anhält. Für Unsicherheit sorgt allerdings der Tropensturm “Harvey”. Dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft lassen sich bisher noch nicht abschätzen.
Der größte Wachstumsschub kam im Frühjahr von den US-Verbrauchern. Deren Ausgaben, die für mehr als zwei Drittel des BIP stehen, legten im zweiten Vierteljahr um 3,3 Prozent zu. Einen stattlichen Wachstumsbeitrag leisteten aber auch die Unternehmen. Sie steigerten ihre Investitionen in Ausrüstung wie Maschinen und Fahrzeuge um 8,8 Prozent, was den höchsten Zuwachs seit fast zwei Jahren bedeutet. Ökonomen hatten für das zweite Jahresviertel lediglich mit einem BIP-Anstieg von 2,7 Prozent kalkuliert, nachdem die weltgrößte Volkswirtschaft von Januar bis März nur um 1,2 Prozent gewachsen war.
Moody’s erwartet schwächeres US-Wachstum
US-Präsident Donald Trump will die Konjunktur mit einer Steuerreform und Investitionen ankurbeln. Bislang hat er allerdings die meisten seiner Versprechen nicht umgesetzt. Aktuell stehen die Chancen schlecht, dass der republikanisch kontrollierte Kongress bis zum Jahresende neue Steuergesetze auf den Weg bringt. Die Ratingagentur Moody’s schätzt mittlerweile die Wachstumsperspektiven der USA etwas pessimistischer ein als noch zuletzt. Sie senkte ihre Prognose für das laufende Jahr um 0,2 Prozentpunkte auf ein Plus von 2,2 Prozent.
Der US-Arbeitsmarktbericht für August scheint Moody’s zu bestätigen. Denn es wurden nur 156 Tsd. neue Stellen geschaffen, während der Markt ein Plus von 180 Tsd. erwartet hatte. Die Arbeitslosenquote stieg überraschend von 4,3 auf 4,4 Prozent. Experten machen für den schwächeren Stellenzuwachs aber vor allem Kalendereffekte verantwortlich. Insgesamt habe sich an dem Bild eines soliden Stellenaufbaus bei moderatem Lohndruck nichts geändert.
An Hurrikan Harvey kann es nicht gelegen haben, dass die Beschäftigung im August langsamer stieg. Denn die Jobdaten waren praktisch komplett erhoben, als der Hurrikan Texas erreichte. Auffallend ist, dass schon seit Jahren die Erstveröffentlichung der Daten im August regelmäßig enttäuscht. Im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2016 wurden zunächst nur 146 Tsd. neue Jobs gemeldet. Inzwischen wurde diese Zahl aber auf 200 Tsd. korrigiert. Gut möglich, dass während der Sommerferien viele Betriebe ihre Zahlen zu spät melden, so dass sie bei der ersten Schätzung nicht berücksichtigt werden. Entsprechend könnte der Bericht auch diesmal die Lage zu schlecht darstellen.
Niedrige Inflation spricht gegen Fed-Zinserhöhung
Für die US-Geldpolitik brachte der August-Arbeitsmarktbericht keine neuen Erkenntnisse. Die Bilanzverkürzung ist wohl nahezu beschlossene Sache, und die nächste Zinserhöhung hängt davon ab, ob die Inflation wieder anzieht. Das von der US-Notenbank Fed bevorzugte Inflationsmaß ist die Inflationsrate der Privaten Konsumausgaben, die im Juli unverändert bei 1,4 Prozent verharrte. Die Kerninflationsrate (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) gab sogar leicht auf 1,4 Prozent nach und erreichte damit ein 18-Monatstief.
Ursächlich für den Rückgang der Kerninflationsrate ist ein negativer Basiseffekt aus dem Vorjahr, der einen Abwärtsdruck auf die Inflationsrate ausübt. Zwar legte die Kernkomponente der Verbraucherpreise leicht um 0,1 Prozent zum Vormonat zu. Dieser schwache Preisauftrieb reichte jedoch nicht aus, den negativen Basiseffekt zu überkompensieren. Ein ähnliches Bild zeigt auch die Gesamtinflationsrate, die gleichfalls um knapp 0,1 Prozent zum Vormonat stieg. Hier haben sich eine leicht fallende Energiepreiskomponente und eine leicht steigende Komponente der Nahrungsmittelpreise ausgeglichen. Mit einem durchschnittlichen monatlichen Preisanstieg von gerade mal 0,03 Prozent ist der Inflationsdruck im abgelaufenen halben Jahr überaus niedrig geblieben.
Vor diesem Hintergrund erwarten immer mehr Notenbankbeobachter, dass die Fed dieses Jahr keinen Zinsschritt mehr wagt. Zwar hat der Tropensturm Harvey mit Texas eines der größten Treibstoff-Raffinerie-Zentren der USA getroffen, was die Spritpreise im September nach oben hieven dürfte. Dies sollte sich in einer steigenden Inflationsrate bemerkbar machen. Die Fed dürfte diesen Einmaleffekt aber vernachlässigen und sich auf die Kerninflationsrate konzentrieren. Hier ist weiter nur ein geringer Inflationsdruck wahrscheinlich, der die Fed nicht von einem dritten Zinsschritt in diesem Jahr überzeugen dürfte.
Was die neue Woche bringt
Im Euroraum steht diese Woche die September-Sitzung der EZB im Mittelpunkt (Do.). Laut EZB-Vizepräsident Vitor Constancio steht die Euro-Notenbank immer noch vor einer schweren Aufgabe. Zwar sei die wirtschaftliche Erholung im Währungsraum inzwischen breiter geworden und habe sich mehr gefestigt, sagte der Stellvertreter von EZB-Chef Mario Draghi auf einer Veranstaltung im italienischen Cernobbio. Die starke Phase eines weltweiten Wiederanstiegs der Inflation, die zu Jahresbeginn noch wahrscheinlich schien, sei aber nicht eingetreten. “Deshalb sind die Aufgaben, die Inflation und die Arbeitslosigkeit auf akzeptable Niveaus zu normalisieren, weiterhin schwierig”, sagte Constancio.
Volkswirte rechnen aktuell mehrheitlich erst für den Oktober mit einem Schritt der EZB in Richtung Kurswende. Im Juni hatten EZB-Chef Draghi und seine Ratskollegen wegen der sich festigenden Erholung in der Eurozone einen ersten Mini-Schritt in Richtung einer weniger expansiven Geldpolitik gewagt. Seitdem hielten sie aber die Füße still, nicht zuletzt wohl wegen des festen Euro. Daher wird vor allem spannend, ob und wie die EZB den zuletzt starken Euro-Außenwert anspricht und ob sie weiterreichende Einblicke in ihren geplanten Ausstiegspfad aus der expansiven Geldpolitik gibt. Die Investorenstimmung (Sentix-Umfrage für September) dürfte daher im Vorfeld der September-Sitzung von der Unsicherheit etwas belastet werden (Mo.).
Die „harten“ Konjunkturzahlen zu Auftragseingang, Produktion und Exporten in Deutschland dürften gemischt ausfallen. So sollte die Produktion im Juli kaum gestiegen sein (Do.). Grund hierfür ist auch eine rückläufige Produktion im Automobilsektor. Bei den Neuaufträgen dürfte dagegen im Juli erneut ein deutlicher Anstieg zum Vormonat zu Buche schlagen (Mi.). Dies ist zwar auch darauf zurückzuführen, dass die volatilen Großaufträge im Vormonat unterdurchschnittlich ausgefallen waren und sich eine Normalisierung positiv auf die Gesamtrate auswirken wird. Insgesamt zeigt sich damit zunehmend das Bild einer nachhaltigen Nachfragebelebung.
Vom Außenhandel sind ebenfalls positive Nachrichten zu erwarten. So dürften die Warenaus-fuhren trotz des jüngst stärkeren Euro-Außenwertes zum Vormonat zugelegt haben (Fr.). Auch hier gilt, dass der Anstieg als Normalisierungsbewegung nach dem schwachen Juni-Wert zu interpretieren ist und der starke Euro tendenziell belastend wirkt. Importseitig dreht sich dieser Effekt ins Positive um. Die spürbare Belebung der Importe ist aber ebenfalls hauptsächlich eine Gegenbewegung nach den schwachen Vormonatsdaten.
Für die USA fällt der Datenkalender in dieser Woche, auch bedingt durch den Labor Day am Montag, relativ kurz aus. Der Fokus wird auf dem ISM-Frühindikator für den Dienstleistungssektor im August liegen (Mi.). Dieser sollte nach dem deutlichen Rückgang im Juli im August eine Korrekturbewegung zeigen und wieder etwas nach oben gegangen sein. Denn insgesamt geht es dem US-Dienstleistungsbereich gut. Die Auftragseingänge in der Industrie sollten im Juli spürbar zum Vormonat gefallen sein (Di.). Ursächlich hierfür ist ein negativer Rückpralleffekt aus dem Transportwesen.
Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche
Monat | Prognose | Letzter | |
---|---|---|---|
Montag, 4.9.2017 | |||
Sentix Investorenvertrauen Euroland (Punkte) | September | 27.3 | 27.7 |
Dienstag, 5.9.2017 | |||
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte) | September | 53.4 | 53.4 |
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte) | September | 54.9 | 54.9 |
BIP Euroland (% zum Vorquartal) | Q2 | 0.6 | 0.6 |
Auftragseingang USA (% zum Vormonat) | Juli | -3.2 | -2 |
Mittwoch, 6.9.2017 | |||
Auftragseingang Deutschland (% zum Vormonat) | Juli | 1 | 1 |
Handelsbilanz USA (Mrd. US-$) | Juli | -44.5 | -43.6 |
ISM-Index Dienstleistungen USA (Punkte) | September | 55.1 | 53.9 |
Donnerstag, 7.9.2017 | |||
Industrieprod. Deutschland (% zum Vormonat) | Juli | 0.5 | -1.1 |
EZB-Zinsentscheid Euroland (%) | September | 0 | 0 |
Freitag, 8.9.2017 | |||
BIP Japan (% zum Vorquartal) | Q2 | 0.7 | 1 |
Exporte China (% zum Vorjahr) | August | 5.1 | 7.2 |
Importe China (% zum Vorjahr) | August | 10 | 11 |
Exporte Deutschland (% zum Vormonat) | Juli | 1.3 | -2.7 |
Importe Deutschland (% zum Vormonat) | Juli | 3.1 | -4.4 |