Die erste Woche des neuen Jahres ließ sich an der Börse gut an. Anleger griffen bei Aktien zu, hier zu Lande auch ermuntert durch neue Kursrekorde an der Wall Street. So konnte der DAX die 13.000-Punkte-Marke, unter die er Ende 2017 gerutscht war, wieder klar übertreffen.
Gefragt waren vor allem Autobauer, denn die Analysten der US-Bank JPMorgan haben für 2018 ein solides Wachstum der Branche vorausgesagt. Zu erwarten seien weder neue Hiobs-Botschaften im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal noch negative Wechselkurs-Effekte. Zudem werde der Bereich durch die US-Steuerreform begünstigt. Der Index für die europäische Automobilbranche stieg daraufhin auf ein Zweieinhalb-Jahres-Hoch. Spitzenreiter war der italienisch-amerikanische Konzern Fiat Chrysler, dessen Aktien um bis zu 4,4 Prozent auf ein Rekordhoch von 17,59 Euro nach oben gingen. JPMorgan hatte die Papiere auf “Overweight” von “Neutral” hochgestuft.
Vollbeschäftigung in den USA
Was aktuelle Konjunkturdaten betrifft, galt das Interesse vor allem den US-Arbeitsmarktdaten für Dezember. Die Beschäftigung stieg nicht ganz so stark wie erwartet, was möglicherweise mit den zuletzt extremen Witterungsverhältnissen in Amerika zu tun hat. Dagegen verharrte die Arbeitslosenquote bei 4,1 Prozent, was bedeutet, dass in der US-Wirtschaft gemäß herkömmlicher Definition Vollbeschäftigung herrscht. Kritiker finden allerdings ein Haar in der Suppe und verweisen auf die angeblich niedrige Erwerbsbeteiligung der Amerikaner. Demnach sei das Bild weniger rosig, wenn man die vom Arbeitsmarkt verschwundenen Personen berücksichtige.
Dem ist entgegenzuhalten, dass es durchaus plausible Gründe für das gesunkene Niveau der Erwerbsbeteiligung im Amerika gibt, insbesondere die Alterung der Gesellschaft. Die fallende Partizipationsquote hat also primär strukturelle Ursachen und weniger konjunkturelle. Infolgedessen dürfte die Auslastung des Arbeitsmarktes tatsächlich so hoch sein, wie es die Arbeitslosenrate signalisiert. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Löhne allmählich stärker anziehen und die Inflation über kurz oder lang anschieben werden.
Weitere Zinserhöhungen der Fed programmiert
Das sind stichhaltige Argumente für die US-Notenbank Fed, ihre Leitzinsen 2018 weiter nach oben zu schleusen. Viele Ökonomen unterstellen, dass sie erneut drei Zinsschritte vornehmen und der Korridor für den Leitzins Ende des Jahres bei zwei bis 2,25 Prozent liegen wird. Bei der Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) im Dezember zeigten sich die Teilnehmer jedenfalls zufrieden mit Jobmarkt und Konjunktur. Laut Protokoll gehen sie von fortgesetztem Wachstum „oberhalb des Trends“ aus und folglich von einem sich weiter festigenden Arbeitsmarkt.
Unsicherheiten bestehen über die Auswirkungen der jüngst beschlossenen Steuersenkungen. Die meisten US-Währungshüter erwarten eine Stärkung des privaten Konsums und einen moderaten Schub für die Investitionen. Meinungsunterschiede gibt es demgegenüber noch immer hinsichtlich der Inflation. Einige Sitzungsteilnehmer konstatieren eine Stabilisierung der Kerninflation und rechnen damit, dass der enge Arbeitsmarkt mittelfristig zu höheren Inflationsraten führen werde. Andere fürchten dagegen, dass die Inflation unerwartet lange unter dem Zwei-Prozent-Ziel verharren könnte und sorgen sich um einen möglichen Rückgang der langfristigen Inflationserwartungen. Vor diesem Hintergrund war den „Tauben“ nicht wohl bei den anhand der FOMC-Projektionen absehbaren weiteren Zinsanhebungen. Die meisten halten aber an graduellen weiteren Zinserhöhungen fest.
Deutscher Jobmarkt befeuert Einzelhandel
Nicht nur in den USA ist die Lage am Arbeitsmarkt gut, sondern auch in Deutschland. Hier haben der Beschäftigungsboom und steigende Reallöhne dem Einzelhandel 2017 ein Rekordjahr beschert. Der Umsatz wuchs zwischen 4,5 und 4,9 Prozent im Vergleich zu 2016, wie das Statistische Bundesamt in einer Schätzung auf Basis der Daten für die ersten elf Monate mitteilte. “Das ist der kräftigste Zuwachs seit Beginn dieser Erhebung 1994”, sagte ein Statistiker. 2016 lag das Plus bei 2,6 Prozent, 2015 bei 3,8 Prozent. Einen Umsatzrückgang gab es zuletzt im Krisenjahr 2009, als die weltweite Finanzkrise den hiesigen Bürgern die Kauflaune verdarb.
“Die gute Arbeitsmarktentwicklung mit dem kräftigen Beschäftigungswachstum hat zu Einkommenszuwächsen geführt, die zum größten Teil in die Konsumausgaben geflossen sind”, erklärte DZ-Bank-Ökonom Michael Holstein den Höhenflug des Einzelhandels. So stieg die Zahl der Erwerbstätigen im vergangenen Jahr um 638.000 auf den Höchstwert von 44,3 Millionen, während die der Arbeitslosen so niedrig ist wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. “Die Angst vor einem Jobverlust sinkt dadurch”, sagte Experte Rolf Bürkl von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). “Das sorgt für Planungssicherheit bei den Verbrauchern, die deshalb eher bereit sind zu größeren Ausgaben.”
Auf Grund der starken Zuwanderung leben derzeit mit rund 83 Millionen so viele Menschen in Deutschland wie noch nie. Außerdem stiegen die Tarifverdienste 2017 mit 2,3 Prozent erneut schneller als die Preise, was die Kaufkraft vieler Verbraucher stärkt. “Hinzu kommen die extrem niedrigen Zinsen, die das Sparen unattraktiv machen”, stellt Bürkl fest. Er prophezeit dem Einzelhandel auch für dieses Jahr gute Geschäfte. “Die Rahmenbedingungen bleiben gut und verbessern sich sogar”, begründete er seine Prognose. “Die Signale bleiben deshalb auf Grün.” Dem ifo-Institut zufolge dürfte die Zahl der Beschäftigten in diesem Jahr um eine halbe Million steigen.
Auftragsminus kein Grund zur Aufregung
Weniger Aufträge musste im November die deutsche Industrie hinnehmen, wobei die Nachfrage sowohl im Heimatmarkt als auch aus dem Ausland zurückging. Mit 0,4 Prozent weniger Bestellungen hielt sich das Minus freilich in engen Grenzen. Es war der erste Rückgang nach zuvor drei Anstiegen in Folge. “Insgesamt haben sich die Aufträge in der zweiten Jahreshälfte 2017 überaus dynamisch entwickelt”, dämpfte das Bundeswirtschaftsministerium Sorgen vor einer Trendwende. “Damit ist das Fundament für einen starken Jahresauftakt in der Industrie gelegt.”
Experten halten den Rückgang ebenfalls nicht für einen Beinbruch. “Alles in allem bleibt die deutsche Wirtschaft auf Wachstumskurs”, kommentierte Ökonomin Ulrike Kastens von Sal. Oppenheim die jüngsten Zahlen. “Dennoch: die Dynamik im Vergleich zum dritten Quartal 2017 nimmt ab.” Dies sei auch kein Wunder, seien die Kapazitäten der Unternehmen doch sehr gut ausgelastet, weshalb weitere Steigerungen kaum noch möglich sind. “Flaschenhals bei der Abarbeitung der Aufträge ist zunehmend der Fachkräftemangel, in dem mehr als jedes zweite Unternehmen in der Industrie ein Risiko für seine Geschäftsentwicklung sieht”, sagte Expertin Sophia Krietenbrink vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK).
Die Nachfrage aus dem Inland schrumpfte im November um 0,4 Prozent. Die Ordertätigkeit aus dem Ausland sank mit 0,5 Prozent noch etwas stärker. Während das Neugeschäft mit den Euro-Ländern um 0,7 Prozent wuchs, fielen die Bestellungen aus dem Rest der Welt, darunter die größten Volkswirtschaften USA und China, um 1,2 Prozent niedriger aus. Aus der Währungsunion dürften in den kommenden Monaten aber frische Impulse für die deutsche Wirtschaft kommen, schließlich signalisieren Umfragen einen anhaltenden Aufschwung.
Börsianer optimistisch wie lange nicht
So ist der Konjunkturoptimismus der Börsianer für den Euroraum merklich gestiegen. Das entsprechende Barometer kletterte zuletzt um 1,8 auf 32,9 Punkte, wie das Beratungsunternehmen Sentix zu seiner aktuellen Umfrage unter 929 Anlegern mitteilte. Diese schätzen die Lage so gut ein wie seit fast zehneinhalb Jahren nicht mehr und blicken optimistischer nach vorn. “Getragen wird der Boom nicht nur von Nachholeffekten in der Eurozone, sondern vor allem von einer sehr starken Weltkonjunktur”, erklärte Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner. “Ein so starker und synchroner Aufschwung wirft aber unweigerlich die Frage auf, wie lange dieser sich noch fortsetzen wird, ohne typische Merkmale einer Überhitzung auszubilden.”
Auch in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland zeigt das Barometer nach oben: Es kletterte um 1,0 auf 40,1 Punkte, wobei die Lage so gut eingeschätzt wurde wie noch nie. “Die Konjunktur läuft weiter auf Hochtouren”, sagte Hübner. “Bislang vermisst die Wirtschaft noch nicht eine neue Regierung.” Die Bundesregierung ist nur geschäftsführend im Amt. Union und SPD verhandeln nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche derzeit über eine Neuauflage der großen Koalition.
Inflation bleibt gedämpft
Bemerkenswert ist, dass trotz der flotten Konjunktur im Europäischen Währungsraum die Inflation auf mäßigem Niveau verharrt. Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) stark beachtete Kerninflationsrate – also die Preissteigerungsrate ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel – blieb im Dezember bei 0,9 Prozent. Im Jahresdurchschnitt 2017 betrug die Rate gleichfalls 0,9 Prozent und war damit nur marginal höher als 2016 (0,8 Prozent). Die Inflationsrate für alle Waren und Dienstleistungen ist im Dezember sogar wieder leicht gesunken, von 1,5 auf 1,4 Prozent. Entscheidend hierfür war die rückläufige Teuerungsrate bei Energie, die von 4,6 Prozent im November auf 3,0 Prozent im Dezember fiel. Im Jahresdurchschnitt 2017 sind die Verbraucherpreise im Euroraum um 1,6 Prozent gestiegen, nach 1,5 Prozent im Jahr davor.
Ungeachtet der im Dezember wieder gesunkenen Inflation hält die EZB in ihrem Ende Dezember veröffentlichten Wirtschaftsbericht an der Einschätzung fest, dass sich die Teuerung dem Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent annähern werde. Die Euro-Notenbanker sind infolge der kräftigen Konjunkturdynamik und dem beträchtlichen Abbau der wirtschaftlichen Unterauslastung sogar zuversichtlicher geworden.
Verbesserte Bedingungen am Arbeitsmarkt und der zunehmende Arbeitskräftemangel in einigen Teilen der Eurozone werden laut EZB das Lohnwachstum ankurbeln. Darüber hinaus gehen EZB-Präsident Mario Draghi und seine Mitstreiter davon aus, dass der deutliche Anstieg der Gesamtinflation 2017 verglichen mit den vorangegangenen drei Jahren in den Euro-Ländern, in denen der Lohnbildungsprozess vergangenheitsbezogene Indexierungselemente enthält, zu einem stärkeren Lohnwachstum beitragen dürfte.
Gleichzeitig stellt die EZB fest, dass der binnenwirtschaftliche Preisdruck momentan insgesamt gedämpft sei und bisher keine nennenswerten Anzeichen für einen nachhaltigen Aufwärtstrend erkennbar seien. Einige EZB-Repräsentanten äußerten sich derweil optimistisch, dass die im Oktober beschlossene Verlängerung des Anleihenkaufprogramms die letzte sei, etwa Direktoriumsmitglied Benoit Coeure. Gemäß Ratsmitglied Ewald Nowotny ist sogar das Ende der Anleihenkäufe „in Sicht“. Das Programm könne 2018 auslaufen, wenn sich die Wirtschaft weiterhin gut entwickle.
Was die neue Woche bringt
Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte 2017 um 2,3 Prozent gewachsen sein (Do.). Dabei sollte das vierte Quartal 2017, dessen Schätzung das Statistische Bundesamt erst Mitte Februar veröffentlicht, mit 0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal leicht schwächer zugelegt haben als im dritten Vierteljahr. Darauf deutet die Industrieproduktion hin (Di.), die eher schwach in das Schlussquartal 2017 gestartet ist. Selbst wenn die Industrie im November gegenüber Oktober zugelegt hat, liegt die Produktion im Oktober/November etwas unter dem Niveau des dritten Quartals.
Dennoch dürfte das solide Wachstum in Deutschland anhalten. Volkswirte erwarten für das Jahr 2018 eine BIP-Expansion von 2,2 bis 2,5 Prozent. Damit dürfte die deutsche Wirtschaft die Konjunkturlokomotive im Euroraum bleiben. Haupttreiber der Konjunktur werden – wie schon im Vorjahr – der private Konsum und die Bauinvestitionen sein. Erfreulich ist, dass angesichts gut ausgelasteter Kapazitäten und günstiger Zinsen im neuen Jahr wohl auch die Unternehmen stärker investieren werden.
Optimistisch stimmen nicht nur die Frühindikatoren – das ifo-Geschäftsklima befindet sich auf einem Rekordhoch. In die gleiche Richtung weisen die harten Daten. Die Auftragseingänge für die deutsche Industrie befinden sich in einem klaren Aufwärtstrend, auch wenn die Bestellungen im November niedriger ausgefallen sind als im Oktober (Mo.).
In den USA ist die Inflation 2017 ungeachtet des soliden Wachstums der US-Wirtschaft moderat geblieben. Die in der neuen Woche anstehenden Daten für Dezember werden wohl ebenfalls keinen verstärkten Inflationsdruck anzeigen (Fr.). Weil die Benzinpreise gesunken sind, ist insgesamt nur ein unterdurchschnittlicher Preisanstieg von 0,1 Prozent gegenüber November zu erwarten. Die Vorjahresrate würde damit von 2,2 auf 2,1 Prozent zurückgehen.
Bei der für den längerfristigen Inflationsausblick zentralen Kernrate, also der Inflationsrate ohne Energie und Nahrungsmittel, ist mit 0,2 Prozent gegenüber Vormonat eine etwas stärkere Dynamik wahrscheinlich. Die Vorjahresrate würde damit bei 1,7 Prozent bleiben. Seit dem Frühjahr fällt sie zwar nicht mehr, hat jedoch auch noch nicht die von der Fed angestrebte eindeutige Wende nach oben geschafft.
Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche
Monat | Prognose | Letzter | |
---|---|---|---|
Montag, 8.1.2018 | |||
Auftragseingang Deutschland (% zum Vormonat) | November | -1 | 0.5 |
Wirtschaftsvertrauen Euroland (Punkte) | Dezember | 115 | 114.6 |
Dienstag, 9.1.2018 | |||
Industrieproduktion Deutschland (% zum Vorm.) | November | 1.6 | -1.4 |
Exporte Deutschland (% zum Vormonat) | November | 1.2 | -0.3 |
Arbeitslosenrate Euroland (%) | November | 8.8 | 8.8 |
Mittwoch, 10.1.2018 | |||
Verbraucherpreise China (% zum Vorjahr) | Dezember | 1.9 | 1.7 |
Donnerstag, 11.1.2018 | |||
BIP Deutschland (% zum Vorjahr) | 2017 | 2.3 | 1.9 |
Industrieproduktion Euroland (% zum Vormonat) | November | 0.4 | 0.2 |
Freitag, 12.1.2018 | |||
Einzelhandelsumsatz USA (% zum Vormonat) | Dezember | 0.4 | 0.8 |
Einzelhandelsums. USA ohne Autos (% zum Vorm.) | Dezember | 0.4 | 1 |
Verbraucherpreise USA (% zum Vorjahr) | Dezember | 2.1 | 2.2 |
Verbraucherpreise Kernrate USA (% zum Vorjahr) | Dezember | 1.7 | 1.7 |