Nach wochenlanger Seitwärtsbewegung hat die Börse in der ersten Woche nach der Amtseinführung Donald Trumps wieder Fahrt aufgenommen. Der deutsche Leitindex DAX verzeichnete ein neues Jahreshoch bei 11.893 Punkten, verlor danach aber wieder etwas an Boden. Die US-Aktienmärkte meldeten sogar neue Höchststände, wobei der Dow Jones Industrial erstmals die Marke von 20.000 Punkten knackte.

Die Erwartung der Anleger auf zusätzliche konjunkturelle Impulse durch Maßnahmen des neuen US-Präsidenten wurde durch eine bekannt gewordene Liste mit rund 50 geplanten Infrastruktur-Projekten genährt. Zudem stützten die bislang positiv verlaufende Berichtssaison und das sich wieder drehende Übernahmekarussell (Übernahme von Actelion durch Johnson & Johnson) die Notierungen.

Begehrt waren vergangene Woche vor allem Finanzwerte, die von der geplanten Deregulierung Trumps sowie Übernahme- bzw. IPO-Fantasien begünstigt wurden. Gerüchte, die Deutsche Bank wolle ihre Vermögensverwaltungs-Sparte an die Börse bringen, trieben den Kurs des Titels auf den höchsten Stand seit rund einem Jahr. Spekulationen bezüglich einer geplanten Übernahme des italienischen Versicherers Generali durch die Großbank Intesa Sanpaolo kamen dem Finanzsektor ebenfalls zugute.

Unerwartet gute Bilanzzahlen schubsten die Microsoft-Aktie auf ein Rekordhoch, sodass der Softwareriese an der Börse erstmals seit 17 Jahren wieder mehr als 500 Milliarden Dollar wert ist. Das boomende Geschäft mit IT-Diensten im Internet kurbelte das Wachstum Microsofts an. Im abgelaufenen Geschäftsquartal übertraf der Konzern auch dank der aufstrebenden Cloud-Sparte die Umsatz- und Gewinnerwartungen der Analysten. Mehrere Beobachter erhöhten daraufhin ihre Kursziele für die Microsoft-Aktie.

Konjunkturelle Besserung hilft Notierungen

Die seit einigen Wochen überraschend starken Konjunkturdaten bilden ein willkommenes Gegengewicht zu den politischen Unsicherheiten, die von der Präsidentschaft Trumps und dem Brexit ausgehen. Daher blicken die Börsianer weiter mit besonderer Aufmerksamkeit auf die makroökonomischen Zahlen. Die vorläufigen Einkaufsmanagerindices (PMI) aus Europa und den USA für den Januar reihten sich in das zuletzt starke Konjunkturbild ein. In Amerika stieg der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe von 54,3 Punkten im Dezember auf 55,1 Zähler und erreichte damit den höchsten Stand seit März 2015. Im Euroraum verbesserte sich der entsprechende Indikator von 54,9 auf 55,1 Punkte. So hoch war der Index seit nahezu sechs Jahren nicht mehr. Mit einem Anstieg konnten darüber hinaus das Konsumklima für die Eurozone und das GfK-Verbrauchervertrauen für Deutschland glänzen.

Von den Frühindikatoren kamen aber nicht nur positive Signale. So ist das ifo-Geschäftsklima für Deutschland im Januar überraschend um 1,2 auf 109,8 Punkte gesunken, während Volkswirte 111,3 Punkte prognostiziert hatten. Grund hierfür waren deutlich eingetrübte Geschäftserwartungen, während die aktuelle Geschäftslage sogar noch etwas besser eingeschätzt wurde als im Dezember. Die für den Aktienmarkt besonders wichtige Komponente für die Geschäftserwartungen musste einen unerwartet herben Rücksetzer von 105,5 auf 103,2 Zähler hinnehmen; am Markt war man dagegen im Durchschnitt von einem leichten Anstieg auf 105,8 Punkte ausgegangen. Damit signalisiert das Geschäftsklima für Januar nach dem zuletzt sehr ausgeprägten Konjunkturoptimismus eine gewisse Ernüchterung.

Schwaches US-Wachstum im Schlussquartal 2016

Ernüchternd fiel auch das Wirtschaftswachstum in den USA im vergangenen Jahr aus. Es lag lediglich bei 1,6 Prozent – so niedrig wie seit 2011 nicht mehr. Im vierten Quartal legte das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf das Jahr hochgerechnet nur um 1,9 Prozent zu, nachdem es im Sommer noch um 3,5 Prozent expandiert hatte. Insbesondere die Exporte bremsten im Schlussquartal das Wachstum. Sie gingen um 4,3 Prozent zurück, das stärkste Minus seit Anfang 2015. Sojabohnen hatten sich nach Missernten in Südamerika im Sommer als US-Exportschlager erwiesen, wurden zum Jahresende hin aber in geringerem Maße nachgefragt. Ungeachtet dieses Sondereffekts bei Agrargütern wird sich Trump wohl in seiner Meinung bestätigt fühlen, dass unfaire Handelspraktiken anderer Länder die USA Wachstum und Jobs kosten und deshalb Gegenmaßnahmen notwendig seien.

Für den US-Einzelhandel bleiben die Perspektiven positiv. Denn der Index der Universität Michigan zum Verbrauchervertrauen stieg im Januar mit 98,5 Punkten auf den höchsten Wert seit Anfang 2004. Im Schlussquartal 2016 hatten die Konsumenten ihre Ausgaben erneut gesteigert, mit 2,5 Prozent fiel das Plus jedoch nicht mehr ganz so hoch aus wie im Sommer. Die Entwicklung der US-Wirtschaft hängt stark von den Konsumenten und deren Kauflaune ab. Schließlich steht der private Verbrauch für rund 70 Prozent der US-Wirtschaftsleistung.

Viele Investoren sind nun der Meinung, dass die US-Konjunktur als Folge einer ausgabefreudigen Politik Trumps neue Impulse erhält und die Notenbank Federal Reserve die Zinsen schrittweise erhöht. Angesichts von Vollbeschäftigung und anziehender Preise hat sie den Schlüsselsatz zur Versorgung der Banken zuletzt im Dezember angehoben. Er liegt seither in einer Spanne zwischen 0,5 und 0,75 Prozent. Die Fed, die diese Woche zu ihrer nächsten Sitzung zusammenkommt, hat für dieses Jahr drei Schritte (um jeweils 25 Basispunkte) nach oben signalisiert. Die Mehrheit der Fed-Beobachter rechnet aber frühestens mit einer Anhebung im März.

KBV klar über dem langfristigen Durchschnitt

Während von konjunktureller Seite die Impulse für die Aktienmärkte vorerst überwiegend günstig bleiben dürften, mindert das gestiegene Bewertungsniveau die mittel- und langfristigen Renditeaussichten und macht die Kurse anfälliger für negative Nachrichten. Aktuell liegt das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) deutscher Aktien (ohne Finanzwerte) mit 2,2 rund 27 Prozent über dem Durchschnitt seit 1980. Für US-Aktien liegt das KBV mit 3,8 schon 38 Prozent über dem langfristigen Mittelwert. Es ist nicht auszuschließen, dass die Notierungen als Folge weiterer politischer Signale der Trump-Regierung kurzfristig weiter steigen.
Die Historie zeigt, dass ein „Überschießen“ der Bewertungen nicht ungewöhnlich ist. Beispielsweise lag die Bewertung des DAX zum Zeitpunkt des Rekordhochs vom April 2015 deutlich über dem jetzigen Niveau. Danach korrigierte sie allerdings zügig und näherte sich wieder dem langfristigen Durchschnitt an. Das derzeit deutlich über dem historischen Durchschnitt liegende Bewertungsniveau mahnt angesichts der anhaltend hohen politischen Unsicherheit zur Vorsicht.

Was die neue Woche bringt

Diese Woche stehen viele wichtige Wirtschaftsdaten auf der Agenda, unter anderem die Verbraucherpreise aus Deutschland, das Verbrauchervertrauen für die Eurozone und die Konsumausgaben aus den USA (Mo.), die Arbeitslosendaten für Deutschland, die Verbraucherpreise für den Euroraum und das Conference Board Verbrauchervertrauen aus den USA (Di.), die endgültigen Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende Gewerbe aus den USA, China und Euroland und der ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe aus den USA (Mi.), der Caixin Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe aus China, die Einkaufsmanagerindices für den Dienstleistungssektor aus den USA und dem Euroraum und die US-Arbeitsmarktdaten sowie der ISM Index für den Dienstleistungssektor (Fr.).
Aufmerksam werden die Börsianer aber auch registrieren, welche neuen Erkenntnisse die Notenbanksitzungen der Bank of Japan (Di.), der Fed (Mi.) und der Bank of England (Do.) bringen. Und schließlich steht die weiter an Fahrt gewinnende Berichtssaison für das vierte Quartal 2016 im Fokus. Unter anderem legen in der neuen Woche die DAX-Werte Siemens, Daimler, Deutsche Bank und Infineon Technologies ihre Geschäftszahlen für das abgelaufene Quartal vor.

Lohnt sich auf dem aktuellen Niveau ein Einstieg? 

Sich erst dann mit dem Aktienmarkt zu beschäftigen, wenn die Kurse stark gestiegen sind, ist prinzipiell keine gute Idee. Mittlerweile hält die Hausse bereits seit acht Jahren an, Korrekturen sind nach einem so langen Anstieg jederzeit möglich. Allerdings spricht das politische Umfeld für höhere Kursschwankungen, die Anleger nutzen können. Das heißt, bei niedrigeren Kursen bietet sich die Möglichkeit zuzugreifen. Zumal die deutschen Unternehmen deutlich krisenresistenter sind als es die Schwankungen der Notierungen vorgaukeln.

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 30.1.2017
Industrievertrauen Euroland (Punkte)Januar0.10.1
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)Januar-4.9-4.9
ESI-Index Euroland (Punkte)Januar107.8107.8
Private Einkommen USA (% zum Vormonat)Dezember0.40
Konsumausgaben USA (% zum Vormonat)Dezember00.2
PCE-Deflator USA (% zum Vorjahr)Dezember1.81.4
Dienstag, 31.1.2017
Industrieproduktion Japan (% zum Vormonat)Dezember0.31.5
Bank of Japan Zinsentscheid (%)Januar-0.1-0.1
Arbeitslosenrate Deutschland (%)Januar66
Arbeitslosenrate Euroland (%)Dezember9.89.8
BIP Euroland (% zumVorjahr)Q41.71.7
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr)Januar1.51.1
Konsumklima Conference Board USA (Punkte)Januar112.8113.7
Mittwoch, 1.2.2017
PMI Verarb. Gewerbe China (Punkte)Januar51.251.4
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte)Januar56.556.5
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte)Januar55.155.1
ISM-Index Verarb. Gewerbe USA (Punkte)Januar5554.5
Fed-Zinsentscheid USA (%)Februar0.750.75
Donnerstag, 2.2.2017
Bank of England Zinsentscheid UK (%)Februar0.250.25
Freitag, 3.2.2017
PMI Caixin Verarb. Gewerbe China (Punkte)Januar51.851.9
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte)Januar53.253.2
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte)Januar53.653.6
ISM-Index Dienstleistungen USA (Punkte)Januar5756.6
Beschäftigte USA (Veränd. in Tsd. zum Vormonat)Januar168156
Arbeitslosenrate USA (%)Januar4.74.7
Auftragseingang USA (% zum Vormonat)Dezember1.4-2.4