Vergangene Woche beflügelte die Erleichterung über den Sieg des europafreundlichen Emmanuel Macron bei der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen die Aktienmärkte. Der Dax gewann 3,5 Prozent und verbuchte damit den größten Wochengewinn des Jahres. Mit 12.486 Punkten erreichte er ein neues historisches Hoch. An der Wall Street ging es ebenfalls nach oben, der Dow Jones legte 1,9 Prozent zu.
Kaum Einfluss auf die Börsen hatte die mit Spannung erwartete Pressekonferenz von US-Finanzminister Steven Mnuchin zur geplanten Steuerreform in den Vereinigten Staaten. Zusammen mit Präsident Donald Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn stellte er die Eckpunkte des Vorhabens vor. Demnach soll der Spitzensteuersatz von 39,6 auf 35 Prozent sinken. Gleichzeitig soll es nur noch drei Einkommensteuersätze geben, die bei zehn, 25 und 35 Prozent liegen. Der Steuersatz für Unternehmen soll von 35 auf 15 Prozent reduziert werden. Zudem soll der Freibetrag verdoppelt und die Erbschaftsteuer abgeschafft werden.
Zweifel an Finanzierung der US-Steuerreform
Wie die Steuersenkungen finanziert werden sollen, blieb weitgehend offen. Neben der Schließung von Schlupflöchern nannte Mnuchin die Aussicht auf ein höheres Wirtschaftswachstum. An den Märkten und bei Ökonomen sind die Zweifel groß, dass dies mehr ist als eine Hoffnung. Viele Beobachter befürchten weiter zunehmende Budgetdefizite. Der Finanzminister kündigte an, dass die Steuerreform noch in diesem Jahr umgesetzt werden soll.
Zunächst muss sie allerding vom US-Kongress verabschiedet werden. Es ist mit überaus harten Verhandlungen zu rechnen, zumal auch bei vielen Republikanern die Skepsis groß ist. Deshalb dürfte die anfängliche Euphorie an den Aktienmärkten im Zusammenhang mit den erwarteten Fiskalimpulsen der Reform in den kommenden Wochen eher gedämpft bleiben.
US-Haushaltsstreit vorerst beendet
Ein Punkt, der einigen Anlegern zuletzt Sorgen bereitet hatte, war der Haushaltsstreit in den USA, da ohne eine Einigung im US-Kongress der Regierung die Zahlungsunfähigkeit gedroht hätte. Dieser Streit konnte nun entschärft werden, weil sich Republikaner und Demokraten nach wochenlangen Verhandlungen auf einen Kompromiss einigten, der an den Finanzmärkten mit Erleichterung aufgenommen wurde.
Wie erwartet lehnten die Abgeordneten eine Anschubfinanzierung für die von Trump geplante Grenzmauer zu Mexiko ab. Zudem erhält das Militär deutlich weniger Mittel als beantragt, während Gelder für Forschung, Umwelt und Sozialprogramme zum großen Teil erhalten bleiben, teilweise sogar steigen. Die formelle Abstimmung über das Gesetz soll im Laufe dieser Woche erfolgen. Der Haushaltentwurf dürfte das erste größere Gesetz werden, das seit der Amtsübernahme Trumps den Kongress passiert. Dort halten die Republikaner zwar in beiden Kammern die Mehrheit, sind jedoch beim Haushalt im Senat auf die Stimmen der Demokraten angewiesen.
Positive Impulse für Aktien kamen aus den USA auch auf Grund der Unternehmens-Berichtssaison zum ersten Quartal, die gut verläuft. Von den bisher vorliegenden rund 200 Quartalsberichten der S&P-500-Unternehmen haben 80 Prozent beim Nettoergebnis positiv überrascht.
Schwaches US-Wachstum im ersten Quartal
Auf der Konjunkturseite waren in der vergangenen Woche gemischte Zahlen zu verzeichnen. So ist die US-Wirtschaft im ersten Quartal mit einem auf das Jahr hochgerechneten Plus von 0,7 Prozent überraschend schwach gewachsen. Im vierten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 2,1 Prozent gestiegen. Man sollte diese Zahlen aber mit Vorsicht genießen. Denn Volkswirte weisen darauf hin, dass die Saisonbereinigung bei diesem sehr großen und von sehr unterschiedlichen klimatischen Zonen geprägten Land erhebliche Schwierigkeiten macht. Die US-Statistikbehörde hat schon mehrmals eingestanden, dass besonders der Zeitraum Januar bis März Probleme bereitet und eine Verbesserung in Arbeit ist. Nicht nur klimatische, sondern auch andere Sondereffekte haben die aktuellen BIP-Daten verzerrt und dafür gesorgt, dass vor allem der private Konsum nur einen schwachen Wachstumsbeitrag geliefert hat.
Die gute Stimmung bei den Konsumenten sowie die gute Beschäftigungslage sprechen jedoch dafür, dass im laufenden und auch in den kommenden Quartalen wieder mit deutlich stärkeren Impulsen vom privaten Verbrauch zu rechnen ist. Volkswirte erwarten daher für 2017 nach wie vor ein US-BIP-Wachstum von rund zwei Prozent. Gestützt wird diese Einschätzung auch durch die anhaltende Aufwärtsentwicklung der Investitionen. Diese haben das dritte Quartal in Folge einen positiven Wachstumsbeitrag geliefert.
Überraschend deutlich auf 54,8 von 57,2 Punkten gefallen ist der ISM-Einkaufsmanagerindex. Damit befindet er sich auf dem niedrigsten Stand seit Dezember vergangenen Jahres. Ab 50 Punkten signalisiert dieses an den Märkten stark beachtete Konjunktur-Barometer Wachstum. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit 56,5 Zählern gerechnet.
Unerwartet schwach fielen auch die US-Bauausgaben aus. Sie gingen im März um 0,2 Prozent zurück, nachdem sie im Februar noch um 1,8 Prozent auf den Rekordwert von 1,22 Billionen Dollar gestiegen waren. Analysten hatten für März einen Anstieg um 0,4 Prozent erwartet. Besser als erwartet waren dagegen die US-Neubauverkäufe und der Richmond Fed Index, ein regionaler Frühindikator für die amerikanische Industrie.
In Deutschland überraschte der ifo-Geschäftsklimaindex mit einem weiteren Anstieg von 112,4 auf 112,9 Punkte positiv. Allerdings schwächte sich die Komponente für die Geschäftserwartungen leicht von 105,7 auf 105,2 Punkte ab, weshalb die positiven Impulse für die Aktienmärkte in den kommenden Monaten abnehmen könnten.
Inflationsrate auf Berg- und Talfahrt
Die Inflationsrate im Euroraum ist im April wieder auf 1,9 Prozent gesprungen, nachdem sie zuvor von 2,0 Prozent im Februar auf 1,5 Prozent im März gefallen war. Maßgeblich für diese starken Schwankungen ist die Lage des Osterfestes. So erfolgte der feiertagsbedingte Preissprung bei Pauschalreisen und Hotelübernachtungen in diesem Jahr im April und nicht wie 2016 im März. Alleine aus diesem Grund ist die Kernteuerungsrate – also die Veränderungsrate des Verbraucherpreisindex ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel gegenüber Vorjahr – von 0,7 Prozent im März auf 1,2 Prozent im April gestiegen, was die gesamte Inflationsrate um 0,3 Prozentpunkte nach oben drückte.
Im Mai wird die Inflationsrate nicht mehr von der Lage der Osterfeiertage beeinflusst sein.
Ökonomen gehen davon aus, dass die Kerninflation dann wieder auf 0,9 Prozent sinken wird. Damit wäre der von der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Jahresdurchschnitt erwartete Wert von 1,1 Prozent kaum mehr erreichbar, was die ohnehin schon abgeklungenen Spekulationen auf eine baldige Zinserhöhung der EZB weiter abkühlen dürfte.
Was die neue Woche bringt
Für den Euroraum enthält der Datenkalender diese Woche nur wenig marktbewegende Konjunkturzahlen. Die erste BIP-Schätzung für das erste Quartal dürfte belegen, dass der konjunkturelle Start ins Jahr gelungen ist (Mi.). Zwar hat sich die Wachstumsdynamik in Frankeich geringfügig abgeschwächt, in Spanien legte sie aber im Vergleich zum Vorquartal etwas zu. Wahrscheinlich ist deshalb eine im Vergleich zum Schlussvierteljahr 2016 unveränderte Wachstumsrate von 0,5 Prozent zum Vorquartal. Detaillierte Ergebnisse von Eurostat für die einzelnen Länder werden am 16. Mai veröffentlicht.
Der konjunkturelle Ausblick sollte ebenfalls klar bleiben, denn die PMIs für April dürften bei ihrer endgültigen Veröffentlichung ihre positive Entwicklung sowohl für die Eurozone insgesamt als auch für Deutschland bestätigen (Di./Do.). In Deutschland sind zudem im April weitere positive Signale vom Arbeitsmarkt (Mi.) zu erwarten. Der zunehmende Konjunkturoptimismus der Unternehmen deutet darauf hin, dass die Dynamik bei der Schaffung neuer Jobs gehalten werden kann. Angesichts der hohen zeitlichen Verzögerung, mit der Unternehmen üblicherweise ihre Beschäftigungspläne an die Konjunktur anpassen, scheint einer fortgesetzten günstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt im Sommerhalbjahr nur wenig entgegenzustehen.
In den USA dürfte der offizielle April-Arbeitsmarktbericht die witterungsbedingt schwachen Beschäftigungszahlen vom März vergessen machen (Fr.). Vor dem Hintergrund weiter gesunkener Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe rechnen Analysten im April mit einem robusten Beschäftigungsaufbau von 193 000 Stellen. Die Arbeitslosenquote, die aus einer anderen Umfrage errechnet wird, dürfte im April durch eine leichte Korrekturbewegung auf 4,6 Prozent gestiegen sein, damit aber weiterhin sehr niedrig bleiben. Die Stimmungsindikatoren für April dürften insgesamt positiv ausfallen. Der ISM-Index für den Dienstleistungssektor sollte nach einer kurzen Verschnaufpause im Vormonat wieder etwas gestiegen sein (Mi.).
Am Mittwoch berät die US-Notenbank Fed über ihre Geldpolitik. Mitte März hatte sie den Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,75 bis 1,0 Prozent angehoben. Bis zum Jahresende sollen zwei weitere Schritte folgen. Unter Anlegern gilt allerdings als sicher, dass die Fed die Füße diesmal stillhalten wird.
Darüber hinaus setzt sich die Unternehmens-Berichtssaison zum ersten Quartal fort. Neben US-Schwergewichten wie Apple, Pfizer (Di.) und Facebook (Mi.) legen einige Blue Chips aus Europa ihre Zahlen vor: BP (Di.), BNP Paribas, Fresenius, Fresenius Medical care, Volkswagen (Mi.), adidas, BMW, Credit Suisse, Infineon, Royal Dutch Shell, Siemens, Société Générale (Do.) und Lufthansa (Fr.). Im Zuge der nun auf Hochtouren laufenden Unternehmens-Berichtssaison wird interessant sein, ob sich die in den letzten Monaten erfolgte Stabilisierung der Gewinnrevisionen fortsetzt.
Das Thema Frankreich bleibt ebenfalls auf der Agenda. Zwar kalkuliert man an den Märkten damit, dass Macron bei der Stichwahl am 7. Mai erneut über die Euro-Kritikerin Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National triumphieren wird. Macrons Vorsprung in den Umfragen ist aber geschrumpft. Wird er noch kleiner, könnten die Umfragen in den Bereich möglicher Mess-Ungenauigkeiten gelangen. Dann könnte die Nervosität an den Börsen wieder zunehmen.
Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche
Monat | Prognose | Letzter | |
---|---|---|---|
Montag, 1.5.2017 | |||
Private Einkommen USA (% zum Vormonat) | März | 0.3 | 0.4 |
Konsumausgaben USA (% zum Vormonat) | März | 0.2 | 0.1 |
PCE-Deflator USA (% zum Vorjahr) | März | 1.9 | 2.1 |
PCE-Deflator Kernrate USA (% zum Vorjahr) | März | 1.6 | 1.8 |
ISM-Index Verarb. Gewerbe USA (Punkte) | April | 56.5 | 57.2 |
Dienstag, 2.5.2017 | |||
PMI Caixin Verarb. Gewerbe China (Punkte) | April | 51.3 | 51.2 |
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte) | April | 58.2 | 58.2 |
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte) | April | 56.8 | 56.8 |
Arbeitslosenrate Euroland (%) | März | 9.4 | 9.5 |
Mittwoch, 3.5.2017 | |||
Arbeitslosenrate Deutschland (%) | April | 5.8 | 5.8 |
BIP Euroland (% zum Vorquartal) | Q1 | 0.5 | 0.5 |
ISM-Index Dienstleist. USA (Punkte) | April | 56 | 55.2 |
Fed-Zinsentscheid USA (%) | Mai | 1 | 1 |
Donnerstag, 4.5.2017 | |||
PMI Dienstleist. Deutschland (Punkte) | April | 54.7 | 54.7 |
PMI Dienstleist. Euroland (Punkte) | April | 56.2 | 56.2 |
Einzelhandelsumsatz Euroland (% zum Vormonat) | März | 0.1 | 0.7 |
Handelsbilanz USA (Mrd. US-$) | März | -45.2 | -43.6 |
Auftragseingang USA (% zum Vormon.) | März | 0.6 | 1 |
Freitag, 5.5.2017 | |||
Beschäftigung USA (Tsd. zum Vormonat) | April | 193 | 98 |
Arbeitslosenrate USA (%) | April | 4.6 | 4.5 |