Der deutsche Leitindex Dax erzielte Anfang letzter Woche ein neues Rekordhoch und kratzte an der 13.000-Punkte-Marke. Dennoch fragen sich immer mehr Börsianer, ob es das allmählich war mit der Hausse an den Aktienmärkten. So hat sich beispielsweise der Euro Stoxx 50 seit seinem Jahreshoch von 3667 Zählern, den er am 8. Mai erreicht hatte, schwächer entwickelt und fast vier Prozent verloren.
Die Schwäche des europäischen Index hat zum einen damit zu tun, dass der Euro in der zweiten Maihälfte deutlich an Wert zulegte, was die preisliche Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen belastet. Zum anderen sind im Euro Stoxx Branchen höher gewichtet als im Dax, die in jüngerer Zeit nicht gerade zu den Top-Performern zählten – insbesondere Banken und Ölaktien. Besonders letztere mussten wegen der wieder kräftig gesunkenen Ölpreise empfindliche Kursverluste hinnehmen.

Konjunkturzahlen bleiben zuletzt hinter Erwartungen zurück

Nachdenklich könnte Anleger unter anderem stimmen, dass der Überraschungs-Index für die Weltwirtschaft der Citigroup seit Ende März stark in den negativen Bereich abgeglitten ist. Der Index misst Abweichungen der veröffentlichten Konjunkturdaten von den Prognosen der Analysten und Ökonomen. Lange gingen positive Abweichungen mit steigenden Aktiennotierungen einher, führen nun negative Abweichungen zu fallenden Kursen? Das muss nicht sein, schließlich könnten die Börsenprofis in den vergangenen Wochen einfach nur zu euphorisch gewesen sein.
Allerdings würden zu euphorische Investoren die Aktienmärkte durchaus anfällig für Korrekturen machen. Deshalb lohnt es sich, deren Stimmung näher unter die Lupe zu nehmen. In diesem Zusammenhang ist die jüngste monatliche Umfrage von Bank of America Merrill Lynch unter Fondsmanagern aufschlussreich. Sie zeigt, dass die Profianleger weiterhin sehr zuversichtlich sind, aber keineswegs extrem euphorisch. Ihre Erwartungen für die Weltkonjunktur und die Unternehmensgewinne blieben zwar im Juni grundsätzlich optimistisch, gingen gegenüber dem Mai aber etwas zurück.

Aktuell kalkulieren netto 39 Prozent der Fondsmanager (Saldo aus positiven und negativen Antworten) mit einer besseren Entwicklung der Weltwirtschaft in den kommenden zwölf Monaten, nach 48 Prozent im Vormonat. Im Januar lag der Wert vor dem Hintergrund der Trump-Euphorie noch bei 62 Prozent. Bei den Unternehmensgewinnen auf globaler Basis gehen nun netto 43 Prozent auf Jahressicht von einer Verbesserung aus, nach 56 Prozent im Mai.

Hohe Bewertungen könnten Verkäufe auslösen

Die Gewichtung von Aktien wurde von einem relativ hohen Niveau wieder leicht reduziert und damit die Asset Allocation etwas weniger offensiv gestaltet. Der Nettoanteil der Fondsmanager, die angaben, in Aktien übergewichtet zu sein, fiel von 45 auf 40 Prozent. Bedenklich ist, dass 44 Prozent der Befragten Aktien bereits für überbewertet halten (Vormonat: 37 Prozent), was den höchsten Wert der Umfragehistorie darstellt. Zusammen mit der aktuellen Übergewichtung von Aktien deutet das darauf hin, dass die Verkaufsbereitschaft im Falle einer nachhaltigen Eintrübung der fundamentalen Nachrichtenlage hoch sein dürfte.
Grundsätzlich positiv für Aktien bleibt aber die anhaltend reichliche Liquidität. Die durchschnittliche Liquiditätsquote in den Portfolios der Fondsmanager erhöhte sich im Juni geringfügig von 4,9 auf 5,0 Prozent und blieb damit auf relativ hohem Niveau (Durchschnitt seit Anfang 2010: 4,6 Prozent). Geld für weitere Aktienkäufe stände den Fondsmanagern also zur Verfügung.

Hohe Gewichtung von Euro-Aktien als Belastungsfaktor

Was die regionale Aufteilung betrifft, bleiben die Fondsmanager überdurchschnittlich in Aktien der Eurozone engagiert. Sie hatten deren Positionierung nach dem Wahlsieg Emmanuel Macrons in Frankreich weiter ausgebaut. Euroraum-Aktien werden nun von 58 Prozent der Befragten übergewichtet nach bereits hohen 59 Prozent im Mai. US-Aktien werden im Rahmen der regionalen Allokation dagegen weiter gemieden, worin sich die in den letzten Monaten gestiegene Skepsis gegenüber der Durchsetzung der geplanten Konjunkturmaßnahmen Donald Trumps ausdrückt, aber auch die Meinung, dass vor allem US-Aktien erheblich überbewertet sind. So werden US-Aktien im Juni zu netto 15 Prozent untergewichtet (Mai: 17 Prozent). Demgegenüber werden Emerging-Markets-Aktien wie schon in den beiden Vormonaten deutlich übergewichtet (per Saldo zu 42 Prozent).

Für die Entwicklung von Aktien aus der Eurozone in den kommenden Wochen stellt die bereits hohe Übergewichtung in den Portfolios der Fondsmanager eine Belastung dar. Schließlich droht der Mittelzufluss zu versiegen, wenn schon ein Großteil der Investoren in dem Segment überdurchschnittlich engagiert ist. Beispielsweise könnte eine Korrektur der in den vergangenen Monaten deutlich aufwärts gerichteten konjunkturellen Frühindikatoren im Euroraum den Optimismus der Investoren für Euro-Aktien dämpfen und zu Gegenwind führen.

Konjunktur der Eurozone verliert an Dynamik

Nach Bekanntgabe der Einkaufsmanagerindizes (PMI) für die Eurozone stellte sich so mancher Anleger die Frage, ob die Konjunktur diesseits des Atlantiks ihren Hochpunkt bereits überschritten hat. Zwar stieg der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe im Juni noch einmal leicht auf 57,3 Zähler. Doch der Index für den Dienstleistungssektor fiel überraschend deutlich um 1,7 auf 54,7 Punkte, den niedrigsten Wert seit Januar
2017.
Dieser Rückgang wird wohl auch den Euro-Währungshütern zu denken geben. Denn ein schwächeres Wachstum könnte deren Glauben erschüttern, dass die Inflation über kurz oder lang steigen wird. Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) Peter Praet gab sich zwar überzeugt, dass angesichts der guten Konjunktur die Inflation im Euroraum über kurz oder lang anziehen werde. Dies würde dazu beitragen, eine Wende in der EZB-Geldpolitik einzuleiten.

Doch die Zuversicht könnte in den nächsten Monaten schwinden. Schließlich mehren sich die Signale, dass der Aufschwung im Sommer an Tempo verliert. Vor dem PMI für den Servicesektor war schon der von der EU-Kommission veröffentlichte Geschäftsklimaindex (ESI) für den Euroraum im Mai zurückgegangen. In der Industrie dürfte die Konjunktur den Höhepunkt inzwischen ebenfalls erreicht haben. Hierfür spricht vor allem der nachlassende Rückenwind seitens der Weltwirtschaft. So ist der globale Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe außerhalb des Euroraums im Mai zum dritten Mal in Folge gefallen Er liegt damit wieder auf dem Niveau vom Herbst 2016. Auf Dauer wird sich die Industrie im Euroraum kaum dem etwas ungünstigeren weltwirtschaftlichen Umfeld entziehen können.

Was die neue Woche bringt

In der Eurozone stehen diese Woche die Juni-Inflationsdaten im Fokus (Fr.). Nach dem auf Sondereffekten beruhenden spürbaren Rückgang der Jahresrate im Vormonat dürfte die Entwicklung wieder etwas ruhiger werden. Allerdings ist erneut ein leichtes Absinken der Inflationsrate wahrscheinlich, was Zweifel an einem baldigen Ende der ultraleichten Geldpolitik der EZB schüren könnte. In Deutschland dürften die Verbraucherpreise gegenüber Mai zwar geringfügig gestiegen sein (Do.), die Jahresrate wird hiervon aber nicht angehoben. Damit wird nach wie vor auch hier zu Lande das Inflationsziel der EZB von knapp zwei Prozent deutlich verfehlt.

Was die Stimmungsindikatoren betrifft, dürfte die Nachrichtenlage insgesamt positiv bleiben. Für den ESI-Index der EU-Kommission ist ein weiterer leichter Anstieg im Juni zu erwarten (Do.). Begünstigt wird dies auch durch die Entwicklung in Deutschland. Das ifo-Geschäftsklima dürfte nach den guten Vorgaben der Einkaufsmanagerindizes für die Industrie auf ein neues Rekordniveau steigen (Mo.). Hierbei dürften nach den Wahlen in Frankreich die Geschäftserwartungen auch von Reformhoffnungen gestützt worden sein. Der anhaltende Optimismus in den Unternehmen dürfte dazu beitragen, dass der Stellenaufbau im Juni kraftvoll geblieben und die Zahl der Arbeitslosen erneut gesunken ist (Fr.). Die Unternehmenseuphorie hat sich längst auch auf die Konsumenten übertragen. Das GfK-Verbrauchervertrauen dürfte für Juli auf unverändert hohem Niveau liegen (Do.).

In den USA richtet sich das Augenmerk auf die Preisentwicklung des privaten Konsums im Mai (PCE-Rate), dem bevorzugten Inflationsmaß der US-Notenbank Fed. Volkswirte erwarten keine Überraschungen und eine in etwa unveränderte Kernrate von 1,5 Prozent zum Vorjahr (Fr.). Der Preisauftrieb ist seit Jahresbeginn erkennbar abgeebbt. Die Auftragseingänge langlebiger Güter dürften im Mai von schwächeren Transportgüterbestellungen gebremst worden sein (Mo.). Ohne diese schwankungsanfällige Unterkomponente könnte aber zumindest ein moderater Anstieg bleiben. Positive Meldungen sind zu erwarten von den Privaten Einkommen, die im Mai erneut zugelegt haben dürften (Fr.) sowie von den Konsumausgaben (Fr.). Hier dürfte der Zuwachs nach den schwachen Vorgaben der Einzelhandelsdaten jedoch bescheidener ausfallen.

 

 

MonatPrognoseLetzter
Montag, 26.6.2017
Ifo-Geschäftsklima DeutschlandJuni114.8114.6
Ifo-Geschäftslage DeutschlandJuni123.5123.2
Ifo-Geschäftserwartungen DeutschlandJuni106.5106.5
Auftragseing. langleb. Güter USA (% zum Vorm.9Mai0.4-0.5
Dienstag, 27.6.2017
Einzelhandelsumsatz Deutschland (% zum Vorm.)Mai0.4-0.2
Conference Board Verbrauchervertr. USA (Punkte)Juni115117.9
Mittwoch, 28.6.2017
Einfuhrpreise Deutschland (% zum Vorjahr)April4.66.1
Geldmenge M3 Euroland (% zum Vorjahr)Mai4.94.9
Donnerstag, 29.6.2017
GfK-Konsumklima Deutschland (Punkte)Juli10.410.4
ESI-Index Euroland (Punkte)Juni109.4109.2
Industrievertrauen Euroland (Punkte)Juni2.92.8
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)Juni-1.3-1.3
BIP USA (% zum Vorqu., annualis., 3. Veröff.)Q11.21.2
Freitag, 30.6.2017
PMI Verarb. Gewerbe China (Punkte)Juni5151.2
Arbeitslosenrate Deutschland (%)Juni5.75.7
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorj.)Juni1.31.4
Verbraucherpreise Kernrate Euroland (% zum Vorj.)Juni0.90.9
Private Einkommen USA (% zum Vormonat)Mai0.30.4
Konsumausgaben USA (% zum Vormonat)Mai0.10.4
PCE-Deflator USA (% zum Vorjahr)Mai1.51.7
PCE-Deflator Kernrate USA (% zum Vorjahr)Mai1.41.5
Uni Michigan Konsumklima (Punkte)Juni94.594.5