In den vergangenen Wochen kamen die Impulse für steigende Aktiennotierungen vor allem aus den USA. Doch genau von dort droht nun das Ende des Börsenaufschwungs. Maßgebend dafür sind die unerwartet großen Probleme der Trump-Regierung, im republikanisch dominierten Kongress „Obamacare“ abzuschaffen und durch einen eigenen Gesetzesentwurf zu ersetzen. Sie nähren Zweifel an den Fähigkeiten des US-Präsidenten, seine Wahlversprechen in die Tat umzusetzen. Wenn sogar das von den Republikanern gehasste Obamacare eine unüberwindliche Hürde im Kongress darstellt, wie sollen dann ambitionierte Vorhaben wie eine große Steuerreform oder die Deregulierung der Wirtschaft realisiert werden? So mancher Anleger fragt sich nun, ob Trump den Mund zu voll genommen und unterschätzt hat, wie Politik funktioniert.

In Europa stand letzte Woche auf politischer Seite die TV-Debatte der französischen Präsidentschaftskandidaten im Fokus. Obwohl es keinen herausragenden Sieger der Debatte gab, wurde dem liberalen Kandidaten Emmanuel Macron der beste Auftritt bescheinigt. Das wurde an den Finanzmärkten wohlwollend aufgenommen und trug zweifellos zur relativen Stabilität der europäischen Aktienmärkte bei. Die Risiko-Spreads zehnjähriger französischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen engten sich allerdings nur leicht ein und blieben mit gut 60 Basispunkten auf erhöhtem Niveau.

Positive Frühindikatoren stützen
Gestützt wurden die europäischen Börsen aber auch durch gute Konjunkturdaten. So stieg der Markit-Einkaufsmanagerindex (PMI) zur Unternehmensstimmung in der privaten Wirtschaft der Eurozone im März überraschend deutlich um 0,7 auf 56,7 Punkte. Das ist das höchste Niveau seit fast sechs Jahren. Erneut fiel der Stimmungsanstieg im Dienstleistungssektor etwas ausgeprägter aus als in der Industrie. Aber auch dort war ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen.
In beiden Sektoren war die überaus positive Entwicklung durch anziehende Auftragseingänge geprägt. In der Industrie war hierfür vor allem die starke Entwicklung der Auslandsbestellungen verantwortlich, was nicht zuletzt von dem nach wie vor günstigen Euro-Außenwert begünstigt wurde. Die gestiegenen Auftragsbestände ziehen zunehmend Kapazitätsengpässe nach sich, was zweierlei bewirkt: Erstens stieg die Beschäftigung der Umfrage zufolge so stark wie zuletzt im Juli 2007. Zweitens sorgt die höhere Auslastung für wachsenden Preisdruck, der durch steigende Einkaufspreise der Unternehmen, ebenfalls bedingt durch den schwachen Euro sowie die seit Jahresbeginn gestiegenen Energiepreise, befeuert wird. Dieser Preisdruck wird mehr und mehr an die Kunden weitergegeben.

Die positive Entwicklung März-PMIs im Euroraum war primär von den beiden Kernländern der Währungsunion, Deutschland und Frankreich, getragen. In Frankreich sorgt vor allem der Dienstleistungsbereich für eine erfreuliche Stimmungsverbesserung, während diese in Deutschland in der Industrie etwas stärker ausfiel. Hier hat wohl die kraftvolle Entwicklung der Exportaufträge die exportorientierte Industrie in Deutschland besonders begünstigt.

Die Einkaufsmanagerindizes zeigen, dass die Unternehmen in der Währungsunion derzeit sehr optimistisch in die Zukunft blicken. Überraschenderweise hat die anhaltende politische Unsicherheit die Stimmung der Manager bisher kaum getrübt. Es scheint, dass man nach dem schwachen Abschneiden der populistischen Parteien in den Niederlanden auch den Wahlen in Frankreich und Deutschland gelassener entgegensieht. Ungeachtet aller Unsicherheitsfaktoren hat sich der Aufschwung in der Eurozone zuletzt beschleunigt.

Frühere EZB-Zinswende als bisher erwartet?
Vermutlich führt die Europäische Zentralbank (EZB) die konjunkturelle Belebung zumindest zum Teil auf ihre expansive Geldpolitik zurück. Da außerdem die Inflation deutlich gestiegen ist, nehmen die Forderungen nach einer Zinswende in der Eurozone zu. Inzwischen halten es sogar die „Tauben“ im EZB-Rat für möglich, die Leitzinsen nach einem Ende der Anleihekäufe rascher als bisher gedacht anzuheben. Steigt die EZB also schneller aus der extrem lockeren Geldpolitik aus, als dies vor kurzem noch erwartet wurde?
Die Spekulationen begannen bei der März-Pressekonferenz der EZB. Zwar behielten die Notenbanker die seit langem verwendete Formulierung bei, dass die Leitzinsen „für längere Zeit und weit über den Zeithorizont unseres Nettoerwerbs von Vermögenswerten hinaus auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden“. Doch EZB-Präsident Mario Draghi schränkte ein, diese sogenannte „Forward Guidance“ basiere auf den heute zur Verfügung stehenden Informationen. Er betonte somit die Bedingtheit der Forward Guidance. Am Tag nach der Pressekonferenz berichteten Nachrichtenagenturen, der EZB-Rat habe sogar diskutiert, die Leitzinsen vor dem Ende der Anleihekäufe zu erhöhen. Zuletzt hat ausgerechnet der als Taube geltende italienische Notenbankchef, Ignazio Visco, über die Möglichkeit früherer Leitzinserhöhungen gesprochen, auch wenn er das keineswegs empfohlen hat.

Einige Volkswirte weisen allerdings darauf hin, dass man sich von den derzeit starken konjunkturellen Frühindikatoren und der aktuellen Inflationsrate von 2,0 Prozent im Euroraum nicht beeindrucken lassen sollte. Vielmehr empfehlen sie, sich an der Forward Guidance der EZB zu orientieren, die raschen Zinserhöhungen eine Absage erteile. Die Forward Guidance, nach der die Leitzinsen nach dem Ende der Anleihekäufe noch lange auf den gegenwärtigen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden, basiert auf dem Konjunktur- und Inflationsbild der EZB.

Gemäß ihrer Projektion von Anfang März rechnet die EZB damit, dass die Wirtschaft im Euroraum das Wachstumstempo des Vorjahrs von 1,7 Prozent in etwa halten wird, die Inflation bei rund 1,75 Prozent liegt, und die Kerninflation bis Ende 2019 auf knapp zwei Prozent steigen wird. Die EZB erhöht ihre Zinsen also nur dann rasch nach dem Ende der Anleihekäufe (Herbst 2018) oder sogar gleichzeitig mit dem Abschmelzen der Anleihekäufe (ab Januar 2018), wenn sich Konjunktur und Inflation besser entwickeln, als die Notenbanker erwarten.

Die Frage ist nun, wie wahrscheinlich ein solches Szenario ist. Dass das Wirtschaftswachstum Eurolands 2017 und 2018 merklich höher ausfällt als 2016 – und damit die EZB-Projektionen übertrifft – halten die meisten Ökonomen für unwahrscheinlich. Denn zum einen dürfte die Weltkonjunktur kaum noch nennenswert an Schwung gewinnen, zumal in China mit dem abklingenden Immobilienboom die wirtschaftlichen Probleme über kurz oder lang wieder stärker in den Vordergrund rücken werden. Das stellt ein Risiko für die Nachfrage nach europäischen Produkten dar. Zum anderen sind die Schulden der Unternehmen und Verbraucher im Euroraum relativ zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch immer hoch. Damit gehen die Bilanzbereinigungen weiter, was das Wirtschaftswachstum tendenziell dämpft.

Die EZB achtet natürlich nicht nur auf das Wirtschaftswachstum, sondern auch auf die Kerninflation, die den unterliegenden Teuerungstrend widerspiegelt. Die Währungshüter gehen davon aus, dass die Kerninflation bis Ende 2019 auf knapp zwei Prozent anzieht. Positive Überraschungen, die zu früheren Leitzinsanhebungen führen, sind allerdings unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass die Kerninflation bis zuletzt bei nur knapp einem Prozent lag und keinerlei Anstalten macht zu steigen. Dabei dürfte es zumindest in diesem Jahr bleiben, weil die sehr hohe Arbeitslosenquote im Währungsraum von 9,6 Prozent den Anstieg der Lohnkosten in Grenzen hält.

Für die Inflationsrate insgesamt erwartet die EZB, dass sie bis Jahresende nur langsam Richtung 1,7 Prozent fällt. Sie müsste noch langsamer fallen, um die EZB positiv zu überraschen und zu einer früheren Leitzinsanhebung zu bewegen. Aus heutiger Sicht spricht aber vieles dafür, dass die Inflation schneller fällt und Ende des Jahres nur knapp oberhalb der Ein-Prozent-Marke liegen wird. Ein gewichtiges Argument hierfür ist, dass Rohstoffexperten den Ölpreis – der die Inflation in den Industrieländern stark beeinflusst – bis Jahresende wieder unter 50 Dollar sehen. Erstens misstrauen sie der Förderdisziplin der Opec, zweitens dürfte die US-Ölproduktion wieder deutlich steigen.
All das legt die Vermutung nahe, dass die EZB ihre Leitzinsen weder 2017, noch 2018 anheben wird, sondern frühestens 2019. Man darf also durchaus zuversichtlich sein, dass die Geldpolitik tendenziell ein unterstützender Faktor für die Aktienmärkte bleibt.

Optimistische Fondmanager ein Warnsignal
Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der internationalen Fondsmanagerumfrage von Bank of America/Merrill Lynch, die zwischen dem 10. und 16. März durchgeführt wurde. Netto 58 Prozent der Fondsmanager (Saldo aus positiven und negativen Antworten) gehen aktuell von einem beschleunigten globalen Wachstum auf Sicht von zwölf Monaten (Vormonat: 59 Prozent) aus, netto 57 Prozent von steigenden Unternehmensgewinnen (Vormonat: 55 Prozent).
Vor dem Hintergrund dieser optimistischen Erwartungshaltung wurden Aktien zuletzt noch höher gewichtet als im Vormonat, zu Lasten von Anleihen und Liquidität. Der Nettoanteil der Fondsmanager, die angaben, in Aktien übergewichtet zu sein, stieg von 39 Prozent im Vormonat auf 48 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit April 2015. Bei der regionalen Aktienallokation fanden im Vormonatsvergleich eine Abkehr der Fondsmanager von US-Aktien und eine stärkere Hinwendung zu Aktien aus Eurozone, Japan und insbesondere den Emerging Markets statt.

Die offensivere Positionierung der Fondsmanager schlug sich auch in einer weiter reduzierten durchschnittlichen Liquiditätsquote in den Portfolios nieder, wenn auch nur in geringem Ausmaß. Sie sank auf 4,8 Prozent im März nach 4,9 Prozent im Monat davor. Im langfristigen Vergleich ist der aktuelle Liquiditätsbestand in den Portfolios trotz des spürbaren Rückgangs immer noch relativ hoch. Dabei dürfte auch das Niedrigzinsumfeld eine Rolle spielen, das zu einer höheren Liquiditätshaltung führt.
Der Ausbau der Aktiengewichtung durch die Fondsmanager ist einerseits durch den hohen Optimismus bezüglich Konjunktur und Unternehmensgewinne nachvollziehbar. Andererseits sehen die Fondsmanager bei Aktien auch zunehmende Risiken durch hohe Bewertungen, was speziell für US-Aktien gilt. So halten per Saldo 34 Prozent der Anlageprofis Aktien für überbewertet, nach 26 Prozent im Vormonat.

Insgesamt lassen sich die Ergebnisse der Fondsmanagerumfrage so interpretieren, dass die professionellen Investoren infolge optimistischer Erwartungen in Bezug auf die Fundamentaldaten der Wirtschaft bereits sehr stark in Aktien positioniert sind. Demzufolge drohen bei einer Verschlechterung des Nachrichtenflusses erhöhte Korrekturrisiken an den Aktienmärkten. Dies gilt umso mehr, da Aktien (insbesondere US-Werte) mittlerweile als überbewertet gelten, was die Bereitschaft, Aktien bei einer Eintrübung der Erwartungen zu verkaufen, spürbar erhöhen dürfte.

Was die neue Woche bringt
Datenseitig steht diese Woche im Zeichen der März-Inflationszahlen. Nachdem in der Eurozone im Februar, auch wegen eines starken Basiseffektes bei den Energiepreisen, ein deutlicher Anstieg der Inflationsrate zu beobachten war, ist für den März mit einem Rückprall in Richtung der weiterhin schwachen Kernrate zu rechnen (Fr.). Hierzu trägt neben dem Abebben des Basiseffekts auch ein zuletzt wieder rückläufiger Ölpreis bei, der sich unmittelbar in den Preisen für Kraftstoff und Heizöl niederschlägt.
Die Kernrate dürfte ebenfalls nachgegeben haben. Hier wirken die späte Lage des Osterfestes und die damit in den April verschobenen Preissteigerungen im Bereich der Pauschalreisen bremsend. Damit entfernt sich die Inflationsrate in den meisten großen Euro-Ländern wieder vom Zwei-Prozent-Ziel der EZB. Auch in Deutschland wird voraussichtlich das Vorjahresniveau nur noch um 1,9 Prozent überschritten (Do.).

Die zur Veröffentlichung anstehenden konjunkturellen Stimmungsindikatoren für März sollten nach der Euphorie im Vormonat gleichfalls einen leichten Rückgang zeigen. Sowohl der Economic Sentiment Indikator im Euro-Raum (Do.) als auch das ifo Geschäftsklima für Deutschland (Mo.) liegen damit aber noch auf Niveaus, die eine Fortsetzung des Aufschwungs im zweiten Quartal signalisieren. Auch deshalb dürfte sich der Arbeitsmarkt in Deutschland im März erneut kraftvoll gezeigt haben. Die Unternehmen bleiben optimistisch und schaffen weiterhin neue Jobs, weshalb auch die Arbeitslosigkeit weiter abgenommen haben dürfte (Fr.).

In den USA steht diese Woche der Konsument im Zentrum des Interesses. Mit Blick auf die gute Arbeitsmarktentwicklung und die hohen Kursgewinne an den Finanzmärkten im Februar sollten die Einkommen der Privathaushalte im Februar um 0,4 Prozent zum Vormonat gestiegen sein (Fr.). Die Konsumausgaben dürften allerdings trotz der insgesamt guten Verbraucherstimmung nicht ganz mit dem Anstieg der Einkommen Schritt gehalten haben (Fr.).

Auf Inflationsseite wird der für die Fed relevante PCE-Deflator für Februar veröffentlicht (Fr.). Bei einer moderaten monatlichen Teuerung sollte die Inflation gegenüber Vorjahr um 0,2 Prozentpunkte auf 2,1 Prozent zugelegt haben. Dieser Anstieg in der Jahresrate geht allerdings ausschließlich auf die Energiepreisentwicklung zurück. Die Kernrate (ohne Energie- und Nahrungspreise) sollte bei 1,7 Prozent verharrt haben und somit keinen zusätzlichen Druck auf die Fed ausüben, ihre Zinsanhebungspläne zu beschleunigen.
Auf politischer Seite steht die Erklärung des Artikel-50-Austrittsverfahrens durch die britische Regierung am Mittwoch im Fokus.

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 27.3.2017
Einzelhandelsumsatz Deutschland (% zum Vorm.)Februar0.5-1
Ifo-Geschäftsklima Deutschland (Punkte)April110.8111
Dienstag, 28.3.2017
Richmond Fed-Index USA (Punkte)März1417
Conference Board Verbrauchervertr. USA (Punkte)März113.4114.8
Mittwoch, 29.3.2017
keine wichtigen Daten
Donnerstag, 30.3.2017
ESI Index Euroland (Punkte)März108.1108
Industrievertrauen Euroland (Punkte)Februar1.11.3
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)März-5-5
BIP USA (% zum Vorquartal, annualisiert)Q421.9
Freitag, 31.3.2017
PMI Verarb. Gewerbe China (Punkte)März51.751.6
Arbeitslosenrate Deutschland %März5.95.9
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr)März1.82
Verbraucherpr. Kernrate Euroland (% zum Vorjahr)März0.90.9
Private Einkommen USA (% zum Vormonat)Februar0.40.4
Konsumausgaben USA (% zum Vormonat)Februar0.20.2