Die Metropolen ziehen immer neue Bewohner an, dementsprechend begehrt sind Immobilien an diesen Standorten. Doch künftig könnte es auch zu einer Gegenbewegung kommen und der Umzug aufs Land wieder zur Option werden. Diese Meinung vertreten zumindest die Autoren der Studie „The declining Cost of Distance“ der Managementberatung Bain & Company. Ihre These: Die in den kommenden 20 Jahren drastisch sinkenden Entfernungskosten eröffnen sowohl für Unternehmen als auch für die Mitarbeiter zunehmend die Möglichkeit, auch weiter entfernt von wichtigen Standorten ansässig zu sein. Technische Entwicklungen wie 3D-Drucker, selbstfahrende Verkehrsmittel oder auch Drohnen, die zur Auslieferung bestellter Waren genutzt werden könnten, tragen nach Ansicht von Bain & Company dazu bei, da sie den Transport von Daten, Menschen und Waren erheblich vereinfachen.

Gewerbeimmobilienmärkte in den Zentren künftig weniger gefragt

Sollte sich diese These bewahrheiten, hätte dieser Umbruch massive Auswirkungen auf die Immobilienmärkte. Bislang sprechen kurze Wege für Bewohner und Unternehmen dafür, in den Metropolen ansässig zu sein. Dieses Argument könnte künftig von geringerer Bedeutung sein.
Unternehmenszentralen etwa, die heute üblicherweise in den teuren Metropolen ihren Sitz haben, könnten künftig in dezentrale regionale Einheiten aufgesplittet werden. Unter anderem das Hochgeschwindigkeitsinternet macht eine solche Unternehmensstruktur mittlerweile möglich. Hinzu kommen sinkende Transportkosten. Dies hätte für die Immobilienmärkte zur Folge, dass die teuren Standorte in den Citylagen an Attraktivität und damit auch Wert verlieren würden. Dies würde nicht nur für Büro- und Gewerbeimmobilien gelten, sondern auch für Einkaufszentren.

Arbeitsort beeinflusst Wohnortwahl künftig weniger

Auch die Märkte für Wohnimmobilien würden von diesem Wandel beeinflusst. Denn künftig würden eher Lifestyle-Kriterien den Ausschlag für die Wahl des Wohnorts geben als der Standort des Arbeitgebers und die Entfernung zum Büro, so die Einschätzung von Bain & Company. Der Grund: Das Wohnen ist zum einen auf dem Land günstiger, zum anderen sind auch die Lebenshaltungskosten insgesamt niedriger. Dezentrale Firmenstandorte würden dazu beitragen, dass der Weg zur Arbeit künftig kürzer wäre – oder möglicherweise ganz entfällt, wenn Mitarbeiter von zuhause aus arbeiten können.

Umzug aufs Land wird für Familien attraktiver

Unverändert attraktiv bleiben laut der Studie Städte wie New York, London, San Francisco und Paris, die vermehrt Menschen ohne finanzielle Sorgen anziehen werden. Städte werden künftig weiterhin für junge wohlhabende Menschen und Paare, deren Kinder ausgezogen sind, im Fokus bleiben. Typische Mittelklassefamilien hingegen werden sich wahrscheinlich zunehmend für mehr Platz zu geringeren Kosten entscheiden, indem sie aus den Vororten weiter hinaus aufs Land ziehen. Diese werden bislang häufig als Kompromiss gewählt, der weder Platzverhältnisse wie auf dem Land bietet noch wirklich urbanes Flair. Bain & Company geht daher davon aus, dass neue Wohngebiete am Rand des Einzugsbereichs der Metropolen entstehen werden.

Wie weit der Trend bereits im Gang ist, hat Bain & Company unter anderem anhand der statistischen Daten zu 360 US-Standorten ausgewertet. Demnach ist der Migrationsprozess aufs Land in den USA bereits feststellbar. In Europa sei der Trend teils noch ausgeprägter, etwa in Stockholm. Auch in Südeuropa sei dies nachweislich der Fall, in Deutschland bislang noch nicht.