Die US-Notenbank Fed hält auch nach der Präsidentschaftswahl Kurs auf eine Zinserhöhung im Dezember. In ihrer ersten öffentlichen Rede seit dem Triumph von Donald Trump betonte Fed-Chefin Janet Yellen, eine Zinsanhebung könne „relativ bald“ angebracht sein. Sie verwies bei ihrem Auftritt vor einem Kongressausschuss auf den Beschluss, den die Währungshüter Anfang November und damit kurz vor den Wahlen gefasst hatten. Zugleich mahnte sie die Politik mit Blick auf die von Trump in Aussicht gestellten Steuererleichterungen und Konjunkturprogramme zu haushaltspolitischer Umsicht.
Regierung und Parlament in Washington müssten die Entwicklung der langfristigen Schulden im Auge behalten. 2015 lag der Schuldenberg der Vereinigten Staaten bei 125 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zudem gelte es zu bedenken, dass nahezu Vollbeschäftigung herrsche, sagte die Fed-Präsidentin. Falls Störfeuer auf die derzeit rund laufende Konjunktur zukomme, bleibe haushaltspolitisch kaum noch Spielraum.
Insbesondere in der Industrie herrscht Furcht, dass der erklärte Freihandelsgegner Trump mit Handelsschranken letztlich Jobs im eigenen Land gefährden und damit der Konjunktur schaden könnte. Ob die Fed ihren avisierten Kurs behutsamer Zinserhöhungen wegen Trumps künftiger Politik ändern werde, ließ Yellen offen. Zunächst müsse Klarheit darüber herrschen, welche Richtung er wirtschaftspolitisch einschlagen werde. Das werde die Notenbank dann mit ins Kalkül nehmen. Der Leitzins liegt seit Ende 2015 in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent. Experten rechnen mit einer Erhöhung im Dezember um 0,25 Prozentpunkte, der im kommenden Jahr zwei weitere Schritte nach oben folgen könnten.
Yellen betonte, die amerikanische Wirtschaft habe sich weiter in Richtung der von der Fed angestrebten Ziele entwickelt. Die Notenbank peilt Vollbeschäftigung und stabile Preise an. Dass erste Ziel ist praktisch erreicht, die Inflationsrate bewegte sich zuletzt weiter in Richtung der von der Notenbank gewünschten Marke. Die Verbraucherpreise lagen im Oktober um 1,6 Prozent über dem Niveau vor einem Jahr.
Im September lag die Inflationsrate noch bei 1,5 Prozent. Die Währungshüter blicken bei der Inflation insbesondere auf die Preisveränderungen bei den persönlichen Verbraucherausgaben (PCE), wobei Energie- und Nahrungsmittelkosten außen vor bleiben. Dieser Wert lag im September mit 1,7 Prozent unter der Fed-Zielmarke von zwei Prozent. Yellen sieht dies jedoch nicht als Hinderungsgrund für eine geldpolitische Straffung.
Die Fed-Chefin sagte, ein Hinauszögern dieses Schritts könne dazu führen, dass Investoren in einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld übermäßige Risiken eingingen. Dies könne bedeuten, dass spätere Zinserhöhungen dann in einer schnelleren Gangart erfolgen müssten. US-Währungshüter Patrick Harker hat aggressivere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt, falls der künftige US-Präsident die Wirtschaft mit einem Konjunkturprogramm befeuern sollte. Dann könnten die geldpolitischen Schritte nach oben einem „steileren Pfad“ folgen, sagte der Fed-Chef von Philadelphia.
Yellen hat zudem die Unabhängigkeit der Währungshüter betont. Diese sei von „entscheidender Bedeutung“, sagte sie. Dieses Modell wirke sich positiv auf die Wirtschaft aus. Zudem müssten Währungshüter manchmal auch zu unpopulären Entscheidungen bereit sein. Sie selbst sei entschlossen, ihre Amtszeit an der Spitze der Notenbank voll auszuschöpfen, betonte Yellen.
Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, sie nach Ablauf ihrer Amtszeit 2018 nicht für weitere vier Jahre nominieren zu wollen. Der Republikaner warf ihr vor, die Zinsen auf Geheiß des amtierenden demokratischen Präsidenten Barack Obama künstlich niedrig zu halten, um das Platzen einer Preisblase an der Wall Street während dessen Amtszeit zu verhindern.