Am 1. Januar 2017 ist es soweit: Dann tritt die Pflegereform in Kraft. Sie bringt einige Neuerungen mit sich – die wichtigste dürfte darin bestehen, dass künftig nicht mehr nur der körperliche Zustand von Pflegebedürftigen berücksichtigt wird, sondern auch der geistige und psychische. Dies betrifft vor allem Menschen, die an Demenz erkrankt oder geistig verwirrt sind. Das Bundesgesundheitsministerium schätzt, dass die Zahl der Leistungsbezieher aus der Pflegeversicherung damit um rund 500.000 auf insgesamt 3,2 Millionen steigt. Finanziert wird die Reform durch die Erhöhung der Beiträge ab Januar 2017.

Fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen

Die bisherigen drei Pflegestufen werden durch fünf Pflegegrade ersetzt. Die Skala reicht von Pflegegrad 1 (geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit) bis zu Pflegegrad 5 (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit). Für die Einstufung wird bei der Begutachtung geprüft, wie sehr die Selbstständigkeit in sechs Teilbereichen beeinträchtigt ist. Diese werden unterschiedlich gewichtet. So geht die Fähigkeit zur Selbstversorgung mit 40 Prozent in die Gesamtpunktzahl ein, die Fähigkeit zur Bewältigung krankheits- und therapiebedingter Anforderungen hat einen Anteil von 20 Prozent an der Gesamtpunktzahl. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie die Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte werden mit je 15 Prozent gewichtet. Die Mobilität trägt mit 10 Prozent zur Gesamtpunktzahl bei.

Vorteile bei Demenz und geistiger Verwirrung

Die größte Veränderung bringt die Pflegereform unterm Strich für Menschen mit so genannter eingeschränkter Alltagskompetenz (meAK) und Personen mit sich, die an Demenz erkrankt oder geistig verwirrt sind. Benötigten diese bisher keine körperlichen Pflegeleistungen im klassischen Sinne, wurden sie bislang in Pflegestufe 0 eingruppiert. Künftig erhalten sie Pflegegrad 2. Wird zusätzlich eine meAK bescheinigt, gilt Pflegegrad 3 statt wie bisher Pflegestufe 1. Bei häuslicher Pflege bedeutet dies, dass das Pflegegeld von 123 auf 316 Euro beziehungsweise von von 316 auf 545 Euro steigt. Ist keine meAK gegeben, wird aus der bisherigen Pflegestufe der nächsthöhere Pflegegrad: Pflegestufe 2 wird also zu Pflegegrad 3. Kommt eine meAK hinzu, erfolgt die Einstufung einen Grad höher – aus Pflegestufe 2 meAK wird somit beispielsweise Pflegegrad 4.

Leistungen steigen

Auch sonst steigen die monatlichen Zahlungen ab dem kommenden Jahr. Die einzige Ausnahme bildet die bisherige Pflegestufe 3, die sowohl bisher als auch künftig bei häuslicher Pflege ein monatliche Zahlung von 728 Euro beinhaltet. Wird die betreffende Person im Pflegeheim betreut, steigt der Satz allerdings von 1.612 auf 1.775 Euro. Bei den Sachleistungen und der vollstationären Pflege steigen die Beträge in der heutigen Stufe 0 besonders stark an: So erhöhen sich etwa die Sachleistungen von bisher 231 auf 689 Euro.

Neue Kostenstruktur für Pflegeheimbewohner

Eine wichtige Neuerung betrifft alle Pflegeheimbewohner: Der zu zahlende Eigenanteil wird ab 2017 auf den Betrag für Personen in Pflegegrad 2 gedeckelt, der bei 580 Euro liegt. Dies ist für Personen mit einem höheren Pflegegrad, da sie künftig weniger zahlen müssen. Mit Pflegegrad 2 hingegen wird die Heimunterbringung teurer.
Es kann für Personen mit niedriger Pflegestufe daher sinnvoll sein, noch 2016 in ein Pflegeheim zu ziehen, empfehlen die Verbraucherzentralen. Dann greift der Bestandsschutz, der für sie günstiger ist als die Neuregelung. Günstig kann es nach Angaben der Verbraucherschützer auch sein, bei ausschließlich körperlichen Beeinträchtigungen noch in diesem Jahr einen Pflegeantrag zu stellen, da es künftig schwieriger wird, mit diesen Einschränkungen einen höheren Pflegegrad zu erreichen. Dies liegt daran, dass diese Handycaps künftig bei der Punktevergabe geringer gewichtet werden als bisher.

Antrag in 2016 kann vorteilhaft sein

Bei Personen, die bislang noch nicht als pflegebedürftig gelten, aber bereits stark eingeschränkt sind, kann sich ein Antrag noch in diesem Jahr lohnen. Das gilt vor allem für Personen, auf die die meAK-Kriterien zutreffen. Angehörige sollten sich hierzu bei entsprechenden Beratungsstellen informieren. Auch für sie ergeben sich übrigens Änderungen: So können künftig mehr Arbeitnehmer eine bis zu sechsmonatige Auszeit für die häusliche Pflege nehmen oder auf Teilzeit umsatteln. Voraussetzung hierfür war bislang mindestens die Pflegestufe 1. Ab 2017 greift die Regelung auch für die bisherige Pflegestufe 0.