Vergangene Woche wurde die Börse erneut stark durch politische Einflüsse geprägt. Hatten diese den Aktienmärkten im November und Dezember deutliche Kursgewinne beschert, kam seit Mitte Dezember zunehmend Skepsis bezüglich des Erfolgs der geplanten wirtschaftspolitischen Maßnahmen des neuen US-Präsidenten Donald Trump auf. Diese Skepsis ließ die Aktienmärkte in den letzten Wochen seitwärts tendieren.

Zuletzt beeinträchtigten neuerliche aggressive Äußerungen Trumps und Aussagen der britischen Premierministerin Theresa May zu einem „harten“ Brexit die Stimmung an den Märkten. Bemerkungen Trumps über hohe Strafzölle belasteten vor allem den Automobilsektor, der zudem unter der Ausweitung des Diesel-Abgasskandals auf Renault und Fiat Chrysler litt. Wegen der Aussichten auf einen harten Brexit gerieten britische Bankwerte unter Druck. Sie würden erheblich darunter leiden, wenn der Zugang zum europäischen Finanzmarkt verloren ginge. Aufhorchen ließ May zudem mit der mehr oder weniger unverhohlenen Drohung, Großbritannien im Falle eines schlechten Verhandlungsergebnisses mit der EU zu einem Niedrigsteuerland zu machen. Ungeachtet dessen dürfte die EU ein Brexit-Abkommen anstreben, das für die Briten gewisse Nachteile bringt, da sonst Dominoeffekte und ein Zerfall der EU drohen würden.

Politik pfui, Wirtschaft hui

Während von der Politik derzeit überwiegend dämpfende Effekte auf die Finanzmärkte ausgehen, wirken die aktuellen Wirtschaftsdaten tendenziell kursstützend. So sind die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland im Januar um 2,8 auf 16,6 Punkte gestiegen und weisen damit auf einen konjunkturell gelungenen Jahresstart hin. Bemerkenswert ist, dass sich die Einschätzung der aktuellen Lage sprunghaft von 63,5 auf 77,3 Punkte verbessert hat. Als einer der ersten Indikatoren im neuen Jahr zeigen die ZEW-Konjunkturerwartungen, dass der Konjunkturoptimismus in der Eurozone auch zu Jahresbeginn erhalten bleibt. In den USA hat sich die Konjunktureuphorie dagegen nicht weiter verstärkt und könnte nach den neuesten Äußerungen Trumps sogar etwas abflauen. Für Großbritannien dürften sich die wirtschaftlichen Perspektiven durch die Ankündigungen eines harten Brexit eintrüben.

Für eine kleine positive Überraschung sorgte China. Im Reich der Mitte hat sich das Wirtschaftswachstum Ende 2016 erstmals seit zwei Jahren wieder beschleunigt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Oktober bis Dezember im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,8 Prozent zu. Das ist ein Tick mehr als im Vorquartal und auch als im Gesamtjahr. 2016 expandierte die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zum dritten Mal in Folge um 6,7 Prozent. Für dieses Jahr gibt die Regierung Insidern zufolge 6,5 Prozent als Zielmarke aus.

Experten glauben, dass es Peking schwer haben wird, dieses Ziel zu erreichen. Denn Trump ist ein Dorn im Auge, dass die USA wesentlich mehr aus China importieren als sie dorthin verkaufen. Er droht deshalb mit Importzöllen und wirft China vor, den Kurs der heimischen Währung Xuan künstlich niedrig zu halten und sich so Vorteile auf den Weltmärkten zu verschaffen. Klar ist, dass ein Handels- und Währungskrieg China hart treffen würde. Als problematisch sehen Analysten auch die enormen Schulden der Volksrepublik an. Diese belaufen sich inzwischen auf 277 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, nachdem es Ende 2015 noch 254 Prozent waren. Viele neue Kredite würden aufgenommen, um Zins und Tilgung für Altschulden leisten zu können, heißt es in einer Studie von UBS.

Nach einem jahrzehntelangen Boom mit teils zweistelligen Wachstumsraten will Chinas Führung das exportlastige Wirtschaftsmodell stärker auf die Binnenkonjunktur ausrichten und den privaten Konsum ankurbeln. Dafür nimmt sie ein schwächeres Wachstum in Kauf. Gleichzeitig stemmt sie sich gegen eine Überhitzung des Immobilienmarktes. Dank höherer Staatsausgaben hat sich die Wirtschaft in den vergangenen Monaten stabilisiert. Allerdings schwächeln die privaten Investitionen weiter. So stiegen die Anlageinvestitionen im vergangenen Jahr nur noch um 8,1 Prozent und damit so langsam wie seit 1999 nicht mehr.

Anlageprofis optimistisch für globale Konjunktur

Was die Entwicklung der Weltwirtschaft und der Unternehmensgewinne betrifft, hat sich die Grundstimmung um die Jahreswende herum aber insgesamt weiter verbessert. Das signalisieren auch die Ergebnisse der internationalen Fondsmanagerumfrage der Bank of America/Merrill Lynch: Nach 57 Prozent im Dezember erwarten im Januar netto 62 Prozent der Fondsmanager (Saldo aus positiven und negativen Antworten) auf Sicht von zwölf Monaten ein beschleunigtes globales Wachstum. Damit ist der Konjunkturoptimismus auf den höchsten Stand seit rund zwei Jahren gestiegen.

Vor dem Hintergrund der verbesserten Wachstumsaussichten haben sich die Anlageprofis entsprechend positioniert und ihre Aktienengagements erhöht: Der Nettoanteil der Fondsmanager, die angaben, in Aktien übergewichtet zu sein, stieg von 31 auf 39 Prozent. Das ist der höchste Wert seit Dezember 2015. Regional gab es eine Hinwendung zu europäischen Aktien, die nun von netto 17 Prozent der Fondsmanager übergewichtet werden, nach einer Untergewichtung von einem Prozent im Dezember. Gefragt sind nach wie vor Bankaktien, während defensive Sektoren wie Versorger, Basiskonsumgüter und Telekom-werte, die unter gestiegenen Inflations- und Wachstumserwartungen leiden, weiter gemieden werden.

Draghi bleibt auf dem Gaspedal

Keinen großen Eindruck an den Börsen hinterließ die Januar-Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB). Deren Chef Mario Draghi bemühte sich auf der Pressekonferenz, die verbesserten wirtschaftlichen Daten herunterzuspielen. Öfter als noch im Dezember forderte er eine „nachhaltige“ Verbesserung in dem Sinne, dass sich die Konjunktur und die
unterliegende Inflation auch ohne Hilfe der EZB verbessern müssten. Nach Einschätzung von EZB-Beobachtern steht hinter dieser Argumentation das Bestreben, die lockere Geldpolitik so lange wie möglich fortzusetzen, um den hoch verschuldeten Ländern im Süden der Währungsunion zu helfen. In diesem Zusammenhang vermied Draghi jeden Hinweis auf ein Ende der Anleihekäufe. Bei Bedarf könne die EZB auch über das Jahresende 2017 hinaus Anleihen erwerben.

Die Entscheidung der EZB, die Käufe von Staatsanleihen ab April nicht unter die monatliche Summe von 60 Milliarden Euro zu verringern, wurde von ifo-Präsident Clemens Fuest kritisiert. Seiner Meinung nach wäre es besser, den Umfang der Käufe ab April Monat für Monat um zehn Milliarden Euro zu senken. Denn nach Einschätzung des ifo Instituts wird die Inflationsrate in der Eurozone 2017 auf eine Jahresrate von 1,5 Prozent steigen. Das ist nahe an den knapp unter zwei Prozent, die die EZB anstrebt. Das Argument der EZB für die Anleihekäufe werde also schwächer, so Fuest. Ursache sei, dass die Ölpreise wieder stiegen und dass der dämpfende Effekt auf die Inflationsrate durch den vorherigen Rückgang nun einfach auslaufe. Die Aufkäufe nur deshalb weiterzuführen, weil der Inflationsanstieg vielleicht vorübergehend sei, überzeuge nicht. Die Zinsen seien ja noch immer sehr niedrig. Umgekehrt könnte die EZB ja reagieren, wenn sich für 2018 wirklich wieder eine niedrigere Inflationsrate abzeichnen sollte.

Yellen steigt auf die Bremse

Während ein Ende der leichten Geldpolitik in der Eurozone vorerst nicht in Sicht ist, stimmt die US-Notenbank Fed die Märkte verstärkt auf Zinserhöhungen ein. So sagte Fed-Chefin Janet Yellen kürzlich bei einem Vortrag an der Elite-Universität Stanford: „Es ist riskant und unklug, die Wirtschaft merklich und andauernd überhitzen zu lassen.“ Sie halte es daher für vernünftig, die Zinsen schrittweise zu erhöhen. Ökonomen rechnen damit, dass der wirtschaftliche Aufschwung durch geplante Steuersenkungen und billionenschwere Ausgaben unter Trump einen zusätzlichen Schub erhalten wird. Im Dezember hat die Fed erst zum zweiten Mal innerhalb eines Jahrzehnts die Zügel gestrafft, für 2017 allerdings drei Erhöhungen ins Auge gefasst.
Derzeit liegt der Leitzins in einer Spanne zwischen 0,5 und 0,75 Prozent. Da mittlerweile in Amerika Vollbeschäftigung herrscht und die Inflationsrate im Zielbereich der Fed liegt, drückt Yellen nun auf das Tempo. Die meisten „Fed-Watcher“ erwarten für Anfang Februar noch keine weitere Zinsanhebung; sie dürfte aber im zweiten Quartal auf die Agenda kommen. Yellen signalisierte, dass sie bis zum Ende des Jahrzehnts mehrere Anhebungen pro Jahr für angebracht hält, bis ein Niveau von rund drei Prozent erreicht wird.

Was die neue Woche bringt

Diese Woche stehen einige Konjunkturzahlen zur Veröffentlichung an, die für Bewegung an den Aktienmärkten sorgen könnten. In den USA sollten die Auftragseingänge langlebiger Güter im Dezember insgesamt deutlich zugelegt haben (Fr.), nicht zuletzt auf Grund starker Flugzeugbestellungen bei Boeing, wo Aufträge für 290 neue Maschinen eingingen. Ohne die sehr schwankungsanfällige Transportgüterkomponente sollte ein wesentlich gemäßigteres Plus von 0,4 Prozent zu Buche stehen. Auf ein positives Ergebnis deuten die erhöhten Auftragseingangskomponenten der Frühindikatoren sowie die im Dezember moderat gestiegene Industrieproduktion hin.

Der PMI-Frühindikator ist wohl dank der Belebung der Fracking-Industrie im Januar von einem bereits erhöhten Niveau weiter gestiegen (Di.). Trotz zuletzt wieder besserer harter Konjunkturdaten dürfte das US-BIP im vierten Quartal nicht die hohe Dynamik vom dritten Quartal gehalten haben. Ökonomen gehen von einem Plus von annualisiert 2,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal aus (Fr.). Einerseits dürften sich die Ausrüstungs- und Wohnungsbauinvestitionen belebt haben, andererseits sollten der private Verbrauch und der gewerbliche Bau nicht ganz so stark ausgefallen sein wie im Sommer.

Für Euroland dürften erneut positive Konjunkturdaten gemeldet werden. Allerdings könnte es erste Anzeichen geben, dass sich der Optimismus schon nahe einem oberen Wendepunkt befindet. Das Verbrauchervertrauen sollte im Januar seine Aufholjagd fortgesetzt haben (Mo.), da die Stimmung der Konsumenten der Konjunkturdynamik mit Verzögerung hinterherläuft und sich noch auf einem relativ niedrigen Niveau befindet. Nach oben geht es voraussichtlich auch mit den Einkaufsmanagerindizes (PMI), wobei spannend sein wird, wie stark die Stimmung der Unternehmen bereits unter den Weichenstellungen Trumps und Mays gelitten hat (Di.). Die EU-skeptischen Äußerungen beider Politiker fallen noch knapp in den Befragungszeitraum. Es ist wahrscheinlich, dass hierdurch vor allem im Verarbeitenden Gewerbe ein stärkerer Stimmungsanstieg verhindert wurde. Der Dienstleistungssektor dürfte aufgrund seiner geringeren Exportabhängigkeit zwar weniger unter den Äußerungen leiden, insgesamt aber ebenfalls nur moderate Zuwächse zeigen.

In Deutschland sollten dieselben Einflussfaktoren einen deutlichen Anstieg des ifo-Geschäftsklimas, insbesondere der Erwartungskomponente verhindert haben (Mi.). Das GfK-Verbrauchervertrauen sollte nicht weiter gestiegen sein, da die zuletzt höhere Inflationsrate die Kauflaufe der Verbraucher etwas dämpfen dürfte (Do.). Politisch geht der Blick in Richtung Brüssel, wo die Euro-Finanzminister über den Reform- und Konsolidierungsfortschritt in Griechenland beraten (Eurogruppe, Do.).
Volatilität an den Börsen wird zunehmen

Seit dem Wahlsieg Trumps überwog an den Aktienmärkten der Optimismus. Seine protektionistischen Wahlkampfaussagen sind lange ohne nennenswerte Folgen geblieben, stattdessen konzentrierte man sich auf die angekündigten Steuersenkungen und Infrastruktur-Ausgaben. Nachdem an den Aktienmärkten bereits viele Vorschusslorbeeren in Form von Kursanstiegen verteilt wurden, machte sich zuletzt aber die Sorge breit, dass der neue US-Präsident die hohen Erwartungen nicht wie erhofft erfüllen könnte. Dies basiert vor allem auf seinen jüngsten Aussagen, bei denen er den Schwerpunkt auf protektionistische Drohungen setzte. Außerdem scheint die einzige Konstante im Verhalten Trumps sein sprunghaftes Verhalten zu sein. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass seine Äußerungen und sein Handeln zu einer Zunahme der Volatilität an den Börsen führen werden.

 

Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche

MonatPrognoseLetzter
Montag, 23.1.2017
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte)Januar-5-5.1
Dienstag, 24.1.2017
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte)Januar55.455.6
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte)Januar54.554.3
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte)Januar54.854.9
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte)Januar54.554.4
PMI Verarb. Gewerbe USA (Punkte)Januar54.354.3
Mittwoch, 25.1.2017
Ifo-Geschäftsklima Deutschland (Punkte)Januar111.3111
Ifo Aktuelle Geschäftslage Deutschl. (Punkte)Januar116.9116.6
Ifo Geschäftserwartungen Deutschl. (Punkte)Januar105.8105.6
Donnerstag, 26.1.2017
GfK-Verbrauchervertrauen Deutschland (Punkte)Februar9.99.9
PMI Dienstleistungen USA (Punkte)Januar53.953.9
Neubauverkäufe USA (Tsd.)Dezember586592
Freitag, 27.1.2017
Einzelhandelsumsatz Deutschl. (% zum Vormonat)Dezember0.5-1.8
BIP USA (% zum Vorquartal, annualisiert)Q42.13.5
Auftragseingang langl. Güter USA (% zum Vorqu.)Dezember2.9-4.5
Uni Michigan Konsumklima USA (Punkte)Januar98.198.1