Wer eine Immobilie kauft, setzt darauf, dass ihr Marktwert zumindest stabil bleibt, wenn nicht sogar steigt. Doch in einem Drittel aller Landkreise in Deutschland ist davon nicht auszugehen: Dort ist für Eigentumswohnungen bis 2030 mit Preisrückgängen von 25 Prozent und mehr zu rechnen. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern trifft dies voraussichtlich auf jeden vierten Landkreis zu. Zu diesem Ergebnis kommen die Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, die anhand von Marktdaten des Analyseinstituts Empirica sowie Bevölkerungshochrechnungen der Bertelsmann-Stiftung eine Modellrechnung durchgeführt haben. Vor allem Landkreise in Ostdeutschland gehören nach Aussage des DIW zu den Verlierern.

Als Grund für diese Entwicklung nennt das Institut den Bevölkerungsrückgang in Deutschland, der regional unterschiedlich ausgeprägt ist. Insgesamt wird die Einwohnerzahl bis 2030 voraussichtlich um 2,1 Millionen schrumpfen. In weiten Teilen Ostdeutschland wird dieser Rückgang zum Teil im zweistelligen Bereich prognostiziert. Diese Entwicklung wird laut DIW vor allem in ländlichen Gegenden der Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern unter anderem in Form einer sinkenden Nachfrage nach Wohnimmobilien zu spüren sein. Besonders stark wird der Preisrückgang auf dem Immobilienmarkt für Eigentumswohnungen ausfallen.

Polarisierung der Märkte führt zur mehr Vermögensungleichheit

Preisanstiege von mehr als 25 Prozent erwarten die Forscher hingegen für Eigentumswohnungen in mehr als 50 Landkreisen. Dies gelte vor allem für die Ballungszentren und weniger für deren Umland. In diesen Regionen wird aufgrund der fortschreitenden Urbanisierung auch weiterhin mit steigender Nachfrage gerechnet, insgesamt ist über beide Wohnimmobiliensegmente davon auszugehen, dass die Preise in 32 Kreisen bis 2030 um mehr als ein Viertel zulegen. Das DIW spricht in diesem Zusammenhang von einer zunehmenden Polarisierung der Immobilienpreise, die bereits jetzt sehr ausgeprägt sei. Dies wirkt sich nach Angaben des Forschungsinstituts auch auf die bundesweite Vermögensverteilung aus, da Immobilien beim Großteil der Bevölkerung den größten Vermögensbestandteil darstellen. Es sei daher zu erwarten, dass die Vermögensungleichheit in Deutschland leicht zunimmt, so die Prognose des Forschungsinstituts.

Das Auseinanderdriften der Märkte aufgrund der unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung zeigt das DIW exemplarisch anhand der fünf Landkreise mit dem stärksten Bevölkerungszuwachs sowie der Kreise mit dem höchsten Rückgang auf: In Leipzig etwa sei die Bevölkerung im Zeitraum 2012 bis 2015 mit 6,8 Prozent bundesweit am stärksten gestiegen, die Preise für Eigentumswohnungen legten im gleichen Zeitraum um 20,5 Prozent zu. Mit 35,8 Prozent war der Preisanstieg in Landshut am stärksten ausgeprägt. Dort wuchs die Bevölkerung um fünf Prozent. Zu den fünf Kreisen mit dem höchsten Bevölkerungszuwachs zählen laut DIW auch Frankfurt am Main, Offenbach und München.

Ein anderes Bild zeichnen die DIW-Forscher bei der Entwicklung für die fünf Kreise mit dem höchsten Bevölkerungsrückgang: Er fiel im Landkreise Elbe-Elster mit 3,7 Prozent am stärksten aus, die Preise für Wohnungen fielen im Zeitraum 2012 bis 2015 um 27,8 Prozent. Mit 41,1 Prozent besonders drastisch war der Preisrückgang bei Eigentumswohnungen im Landkreise Oberspreewald-Lausitz, wo die Bevölkerung um 3,4 Prozent schrumpfte. Auch der Salzlandkreis sowie die Landkreise Anhalt-Bitterfeld und Altenburger Land gehören zu den fünf Regionen mit der ungünstigsten Bevölkerungsentwicklung.

Beispielrechnung: Biberach gewinnt, Harz verliert

Mit Blick auf die Entwicklung bis 2030 hebt das DIW die Landkreise Biberach und Harz als Beispiele für das Auseinanderdriften der Märkte hervor: So wird für die Harz-Region gegenüber 2012 ein Bevölkerungsrückgang um 15 Prozent erwartet. Für die Quadratmeterpreise von Ein- und Zweifamilienhäusern hat das Institut einen Rückgang von 40 Prozent oder 275 Euro hochgerechnet. Im Landkreis Biberach hingegen, für den ein Bevölkerungszuwachs um zwei Prozent erwartet wird, prognostiziert das DIW einen Preisanstieg um rund 150 Euro je Quadratmeter. Das entspricht gegenüber 2012 einem Zuwachs um zehn Prozent.

Die Schere geht jedoch nicht nur in puncto Preisentwicklung auseinander, sondern auch die Preise an sich spiegeln die demographische Entwicklung wider: So liegen die Quadratmeterpreise vor allem in ostdeutschen Kreisen und kreisfreien Städten überwiegend unter 850 Euro je Quadratmeter, während in den Metropolen ein Mehrfaches ausgerufen wird. Spitzenreiter ist hier München mit Preisen von 4.290 Euro und mehr.