London ist eine Reise wert, daran wird sich auch nichts ändern, wenn das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlässt. Doch wie wirkt sich der Brexit auf Reisen und Urlaub aus? Außerdem beherbergt die britische Hauptstadt viele Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten. Werden sie ihre Jobs auf der Insel auch behalten, wenn die Briten ihren Weg außerhalb der EU gehen? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ändert sich für EU-Touristen?
Wenn Sie vorhaben, London einen Besuch abzustatten, können Sie sich über den Kurs des Pfundes freuen. Denn die britische Währung ist auf den tiefsten Stand seit 1985 gefallen. Dadurch ist der Aufenthalt für Euro-Bürger im Vereinigten Königreich entsprechend billiger geworden. Die neue preisliche Attraktivität des Inselreichs hat bereits sichtbare Folgen. Denn die Zahl der gebuchten Flüge nach Großbritannien ist in den ersten vier Wochen nach dem Brexit-Votum deutlich gestiegen. Ausländische Besucher nutzen also die Schwäche des Pfunds nach der Brexit-Abstimmung für ihre Reisen.

In den vier Wochen nach dem EU-Austrittsreferendum am 23. Juni hat die Zahl der Flugbuchungen laut Reiseauskunftsfirma „Forward Keys“ um 4,3 Prozent zugenommen. Damit sei der Trend aus dem Monat vor dem Votum umgedreht worden, in dem es 2,8 Prozent weniger Buchungen gegeben habe.
Auf längere Sicht könnte der verstärkte Zustrom von Touristen in attraktive Reiseziele wie London oder Edinburgh dort allerdings zu steigenden Preisen führen.
Das schwächere Pfund bedeutet zudem, dass für Briten der Urlaub in Ländern der Eurozone teurer geworden ist. Das dürfte für bestimmte Urlaubsregionen nicht ohne Folgen bleiben. So waren bisher beispielsweise die Balearen, die Toskana und die Provence bei den Briten sehr beliebt. Dort müssen sich Reiseanbieter und Hoteliers auf finanzielle Einbußen einstellen, was zu Preissenkungen führen könnte.

Übrigens: Wer in den nächsten Wochen und Monaten auf die britischen Inseln reisen will, hat keine Einschränkungen zu erwarten. Denn gemäß dem Vertrag von Lissabon gilt eine Kündigungsfrist von zwei Jahren. Der britische EU-Austritt erfolgt demgemäß frühestens im Juli 2018.

Brauchen Reisende nach dem EU-Austritt ein Visum?
Wie die Reisebestimmungen nach dem formellen EU-Austritt aussehen werden, hängt von den Verträgen ab, die das Vereinigte Königreich mit der EU aushandeln wird. Möglicherweise werden die europäischen Grundfreiheiten nicht mehr gelten. Das würde bedeuten, dass EU-Bürger nicht mehr berechtigt wären, dort zu leben und zu arbeiten. Es ist aber kaum zu erwarten, dass die Regierung Ihrer Majestät eine allgemeine Visumspflicht einführt. Denn damit würde sie starke negative Auswirkungen auf den Tourismus riskieren. Möglicherweise folgt man dem Beispiel der Schweiz und Norwegens, wo man sich 90 Tage ohne Visum aufhalten kann. Wer als EU-Bürger in Großbritannien arbeiten will, wird aber wohl ein Visum brauchen. Grenzkontrollen gibt es schon heute, da Großbritannien nicht zum Schengen-Raum gehört.

Was ändert sich für EU-Bürger, die in Großbritannien wohnen und arbeiten?
Laut EU-Statistikbehörde Eurostat leben fast drei Millionen EU-Ausländer im Vereinigten Königreich, davon gut 130.000 Deutsche. Bisher ermöglicht ihnen die EU-Freizügigkeit, dort zu wohnen und zu arbeiten. Gut zwei Millionen verdienen ihr Geld in der britischen Wirtschaft, insbesondere in London. Nach dem EU-Austritt der Briten wird es wahrscheinlich darauf ankommen, ob das Land zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören möchte oder nicht. Wenn ja, dürfen Arbeitnehmer weiter in Großbritannien tätig sein.
Derzeit erhalten Menschen aus Nicht-EU-Staaten im Vereinigten Königreich nur dann eine Arbeitserlaubnis, wenn sie hochqualifiziert sind und relativ viel verdienen (mindestens 44.000 Euro im Jahr). Falls diese Regel nach dem EU-Austritt Großbritanniens auch für EU-Bürger gelten soll, könnten vor allem (schlecht bezahlte) Beschäftigte in der Gastronomie und dem Hotelgewerbe sowie in der Landwirtschaft keine Aufenthaltserlaubnis mehr bekommen.

Was ändert sich für Studenten aus der EU?
Momentan zahlen Studenten aus EU-Ländern genau so viel wie britische Studenten, nämlich die „home fees“. Studierende aus Nicht-EU-Ländern müssen dagegen die weitaus höheren „overseas fees“ berappen. Beispiel Oxford: 4.000 Pfund für Briten und EU-Bürger, 15.000 Pfund für Nicht-EU-Bürger. Wie viel Studenten aus Deutschland und anderen EU-Ländern in Zukunft zahlen müssen, hängt davon ab, wie London die Studiengebühren nach dem EU-Austritt gestalten wird. Im ungünstigsten Fall werden künftig auch für Studenten aus der EU die hohen „overseas fees“ fällig.

Was ändert sich für britische Bürger in der EU?
Allein in Deutschland leben mehr als 100.000 Briten. Wie es mit britischen Bürgern in der EU weitergeht, hängt davon ab, was zwischen Brüssel und London ausgehandelt wird. Die britische Regierung hatte vor dem Brexit-Votum davor gewarnt, dass britische Berufsabschlüsse in EU-Ländern möglicherweise nicht mehr anerkannt werden könnten. Außerdem könnten Pensionsansprüche und der Zugang zum Gesundheitssystem eingeschränkt werden.